der Sache von beyden Theilen annimmt; so darf er nicht mehr auf des einen Theils Seite, als auf des andern seyn; folglich da man den, der dieses thut, partheyisch (studiosum partium, partialem), der dieses aber nicht thut, unpartheyisch(impartia- lem) nennt; so muß er unpartheyisch seyn, und deswegen nach dem gemein- schaftlichen Nutzen und nach den Gründen der Forderungen eines jeden Theils die Bedingungen beurtheilen. Daher erhellet, daß es auch dem Mittler zukomme, von den Bedingungen, wel- che von beyden Theilen angeboten wer- den, sein Gutdüncken zu sagen und die unbilligen Bedingungen, welche von einem, oder dem andern Theil an- geboten werden, zu verwerfen.
§. 769.
Tractaten(tractatus) nennt man die Be-Von den Tracta- ten. rathschlagungen von einem Vertrage, welcher gemacht werden soll. Die Berathschlagun- gen aber sind die Handlungen des Verstan- des, in welchen erwogen wird, ob etwas viel- mehr geschehen solle, oder nicht, ob vielmehr auf diese, oder auf eine andere Weise. Des- wegen stellt man die Berathschlagun- gen entweder über die Absichten, die man hat, oder über die Mittel, wo- durch dieselbe zu erreichen, oder über beydes zugleich an; folglich wenn man in Tractaten tritt um einen Streit bey-
zulegen,
Streitigkeiten zu endigen.
der Sache von beyden Theilen annimmt; ſo darf er nicht mehr auf des einen Theils Seite, als auf des andern ſeyn; folglich da man den, der dieſes thut, partheyiſch (ſtudioſum partium, partialem), der dieſes aber nicht thut, unpartheyiſch(impartia- lem) nennt; ſo muß er unpartheyiſch ſeyn, und deswegen nach dem gemein- ſchaftlichen Nutzen und nach den Gruͤnden der Forderungen eines jeden Theils die Bedingungen beurtheilen. Daher erhellet, daß es auch dem Mittler zukomme, von den Bedingungen, wel- che von beyden Theilen angeboten wer- den, ſein Gutduͤncken zu ſagen und die unbilligen Bedingungen, welche von einem, oder dem andern Theil an- geboten werden, zu verwerfen.
§. 769.
Tractaten(tractatus) nennt man die Be-Von den Tracta- ten. rathſchlagungen von einem Vertrage, welcher gemacht werden ſoll. Die Berathſchlagun- gen aber ſind die Handlungen des Verſtan- des, in welchen erwogen wird, ob etwas viel- mehr geſchehen ſolle, oder nicht, ob vielmehr auf dieſe, oder auf eine andere Weiſe. Des- wegen ſtellt man die Berathſchlagun- gen entweder uͤber die Abſichten, die man hat, oder uͤber die Mittel, wo- durch dieſelbe zu erreichen, oder uͤber beydes zugleich an; folglich wenn man in Tractaten tritt um einen Streit bey-
zulegen,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0595"n="559"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Streitigkeiten zu endigen.</hi></fw><lb/>
der Sache von beyden Theilen annimmt; <hirendition="#fr">ſo<lb/>
darf er nicht mehr auf des einen Theils<lb/>
Seite, als auf des andern ſeyn;</hi> folglich<lb/>
da man den, der dieſes thut, <hirendition="#fr">partheyiſch</hi><lb/><hirendition="#aq">(ſtudioſum partium, partialem),</hi> der dieſes<lb/>
aber nicht thut, <hirendition="#fr">unpartheyiſch</hi><hirendition="#aq">(impartia-<lb/>
lem)</hi> nennt; <hirendition="#fr">ſo muß er unpartheyiſch<lb/>ſeyn,</hi> und deswegen <hirendition="#fr">nach dem gemein-<lb/>ſchaftlichen Nutzen und nach den<lb/>
Gruͤnden der Forderungen eines jeden<lb/>
Theils die Bedingungen beurtheilen.</hi><lb/>
Daher erhellet, <hirendition="#fr">daß es</hi> auch <hirendition="#fr">dem Mittler<lb/>
zukomme, von den Bedingungen, wel-<lb/>
che von beyden Theilen angeboten wer-<lb/>
den, ſein Gutduͤncken zu ſagen und<lb/>
die unbilligen Bedingungen, welche<lb/>
von einem, oder dem andern Theil an-<lb/>
geboten werden, zu verwerfen.</hi></p></div><lb/><divn="4"><head>§. 769.</head><lb/><p><hirendition="#fr">Tractaten</hi><hirendition="#aq">(tractatus)</hi> nennt man die Be-<noteplace="right">Von den<lb/>
Tracta-<lb/>
ten.</note><lb/>
rathſchlagungen von einem Vertrage, welcher<lb/>
gemacht werden ſoll. <hirendition="#fr">Die Berathſchlagun-<lb/>
gen</hi> aber ſind die Handlungen des Verſtan-<lb/>
des, in welchen erwogen wird, ob etwas viel-<lb/>
mehr geſchehen ſolle, oder nicht, ob vielmehr<lb/>
auf dieſe, oder auf eine andere Weiſe. Des-<lb/>
wegen <hirendition="#fr">ſtellt man die Berathſchlagun-<lb/>
gen entweder uͤber die Abſichten, die<lb/>
man hat, oder uͤber die Mittel, wo-<lb/>
durch dieſelbe zu erreichen, oder uͤber<lb/>
beydes zugleich an;</hi> folglich <hirendition="#fr">wenn man<lb/>
in Tractaten tritt um einen Streit bey-</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">zulegen,</hi></fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[559/0595]
Streitigkeiten zu endigen.
der Sache von beyden Theilen annimmt; ſo
darf er nicht mehr auf des einen Theils
Seite, als auf des andern ſeyn; folglich
da man den, der dieſes thut, partheyiſch
(ſtudioſum partium, partialem), der dieſes
aber nicht thut, unpartheyiſch (impartia-
lem) nennt; ſo muß er unpartheyiſch
ſeyn, und deswegen nach dem gemein-
ſchaftlichen Nutzen und nach den
Gruͤnden der Forderungen eines jeden
Theils die Bedingungen beurtheilen.
Daher erhellet, daß es auch dem Mittler
zukomme, von den Bedingungen, wel-
che von beyden Theilen angeboten wer-
den, ſein Gutduͤncken zu ſagen und
die unbilligen Bedingungen, welche
von einem, oder dem andern Theil an-
geboten werden, zu verwerfen.
§. 769.
Tractaten (tractatus) nennt man die Be-
rathſchlagungen von einem Vertrage, welcher
gemacht werden ſoll. Die Berathſchlagun-
gen aber ſind die Handlungen des Verſtan-
des, in welchen erwogen wird, ob etwas viel-
mehr geſchehen ſolle, oder nicht, ob vielmehr
auf dieſe, oder auf eine andere Weiſe. Des-
wegen ſtellt man die Berathſchlagun-
gen entweder uͤber die Abſichten, die
man hat, oder uͤber die Mittel, wo-
durch dieſelbe zu erreichen, oder uͤber
beydes zugleich an; folglich wenn man
in Tractaten tritt um einen Streit bey-
zulegen,
Von den
Tracta-
ten.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/595>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.