Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Th. 1. H. Vom Unterschied menschl. Handl.
biethen, anmahnen, abmahnen, bedrohen,
anlocken, anhalten oder nöthigen, anrathen
oder abrathen; indem wir auf diese Weise,
was wir wollen, oder nicht wollen, dem an-
dern zu verstehen geben; oder endlich durch
eine Würckung der bewegenden Kraft, als
wenn wir andern helfen, benöthigten Werk-
zeuge hergeben, in der Absicht Exempel ge-
ben, den andern anzureitzen, eben das zu
thun. Es ist daher leicht klar, daß die
Menschen, durch Theilnehmung an
einer Handlung, auch derselben theil-
haftig werden;
und daß uns folglich
die Handlung des andern, an welcher
wir theilnehmen, in so weit zuge-
rechnet werde, als diese Theilneh-
mung von unserem freyen Willen ab-
hängt
(§. 3.); daß aber eines andern
Handlung, an der wir auf keine
Weise theilnehmen, uns auch nicht
könne zugerechnet werden.
Die ver-
schiedenen Arten, durch welche man an der
Handlung des andern theilnehmen kann, be-
zeugen es hinlänglich, daß bey der Theil-
nehmung so wohl ein Versehen
(cul-
pa),
als Boßheit (dolus) stat fin-
den kann, und daß uns also eines an-
dern Handlung bald mehr, bald we-
niger zugerechnet werden könne.

§. 27.
Die
Einwilli-

Zu den inneren Handlungen gehört die

Ein-

I. Th. 1. H. Vom Unterſchied menſchl. Handl.
biethen, anmahnen, abmahnen, bedrohen,
anlocken, anhalten oder noͤthigen, anrathen
oder abrathen; indem wir auf dieſe Weiſe,
was wir wollen, oder nicht wollen, dem an-
dern zu verſtehen geben; oder endlich durch
eine Wuͤrckung der bewegenden Kraft, als
wenn wir andern helfen, benoͤthigten Werk-
zeuge hergeben, in der Abſicht Exempel ge-
ben, den andern anzureitzen, eben das zu
thun. Es iſt daher leicht klar, daß die
Menſchen, durch Theilnehmung an
einer Handlung, auch derſelben theil-
haftig werden;
und daß uns folglich
die Handlung des andern, an welcher
wir theilnehmen, in ſo weit zuge-
rechnet werde, als dieſe Theilneh-
mung von unſerem freyen Willen ab-
haͤngt
(§. 3.); daß aber eines andern
Handlung, an der wir auf keine
Weiſe theilnehmen, uns auch nicht
koͤnne zugerechnet werden.
Die ver-
ſchiedenen Arten, durch welche man an der
Handlung des andern theilnehmen kann, be-
zeugen es hinlaͤnglich, daß bey der Theil-
nehmung ſo wohl ein Verſehen
(cul-
pa),
als Boßheit (dolus) ſtat fin-
den kann, und daß uns alſo eines an-
dern Handlung bald mehr, bald we-
niger zugerechnet werden koͤnne.

§. 27.
Die
Einwilli-

Zu den inneren Handlungen gehoͤrt die

Ein-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0054" n="18"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Th. 1. H. Vom Unter&#x017F;chied men&#x017F;chl. Handl.</hi></fw><lb/>
biethen, anmahnen, abmahnen, bedrohen,<lb/>
anlocken, anhalten oder no&#x0364;thigen, anrathen<lb/>
oder abrathen; indem wir auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e,<lb/>
was wir wollen, oder nicht wollen, dem an-<lb/>
dern zu ver&#x017F;tehen geben; <hi rendition="#fr">oder</hi> endlich durch<lb/>
eine Wu&#x0364;rckung der bewegenden Kraft, als<lb/>
wenn wir andern helfen, beno&#x0364;thigten Werk-<lb/>
zeuge hergeben, in der Ab&#x017F;icht Exempel ge-<lb/>
ben, den andern anzureitzen, eben das zu<lb/>
thun. Es i&#x017F;t daher leicht klar, <hi rendition="#fr">daß die<lb/>
Men&#x017F;chen, durch Theilnehmung an<lb/>
einer Handlung, auch der&#x017F;elben theil-<lb/>
haftig werden;</hi> und <hi rendition="#fr">daß uns</hi> folglich<lb/><hi rendition="#fr">die Handlung des andern, an welcher<lb/>
wir theilnehmen, in &#x017F;o weit zuge-<lb/>
rechnet werde, als die&#x017F;e Theilneh-<lb/>
mung von un&#x017F;erem freyen Willen ab-<lb/>
ha&#x0364;ngt</hi> (§. 3.); <hi rendition="#fr">daß</hi> aber <hi rendition="#fr">eines andern<lb/>
Handlung, an der wir auf keine<lb/>
Wei&#x017F;e theilnehmen, uns auch nicht<lb/>
ko&#x0364;nne zugerechnet werden.</hi> Die ver-<lb/>
&#x017F;chiedenen Arten, durch welche man an der<lb/>
Handlung des andern theilnehmen kann, be-<lb/>
zeugen es hinla&#x0364;nglich, <hi rendition="#fr">daß bey der Theil-<lb/>
nehmung &#x017F;o wohl ein Ver&#x017F;ehen</hi> <hi rendition="#aq">(cul-<lb/>
pa),</hi> <hi rendition="#fr">als Boßheit</hi> <hi rendition="#aq">(dolus)</hi> <hi rendition="#fr">&#x017F;tat fin-<lb/>
den kann, und daß uns al&#x017F;o eines an-<lb/>
dern Handlung bald mehr, bald we-<lb/>
niger zugerechnet werden ko&#x0364;nne.</hi></p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 27.</head><lb/>
              <note place="left">Die<lb/>
Einwilli-</note>
              <p>Zu den inneren Handlungen geho&#x0364;rt die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ein-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0054] I. Th. 1. H. Vom Unterſchied menſchl. Handl. biethen, anmahnen, abmahnen, bedrohen, anlocken, anhalten oder noͤthigen, anrathen oder abrathen; indem wir auf dieſe Weiſe, was wir wollen, oder nicht wollen, dem an- dern zu verſtehen geben; oder endlich durch eine Wuͤrckung der bewegenden Kraft, als wenn wir andern helfen, benoͤthigten Werk- zeuge hergeben, in der Abſicht Exempel ge- ben, den andern anzureitzen, eben das zu thun. Es iſt daher leicht klar, daß die Menſchen, durch Theilnehmung an einer Handlung, auch derſelben theil- haftig werden; und daß uns folglich die Handlung des andern, an welcher wir theilnehmen, in ſo weit zuge- rechnet werde, als dieſe Theilneh- mung von unſerem freyen Willen ab- haͤngt (§. 3.); daß aber eines andern Handlung, an der wir auf keine Weiſe theilnehmen, uns auch nicht koͤnne zugerechnet werden. Die ver- ſchiedenen Arten, durch welche man an der Handlung des andern theilnehmen kann, be- zeugen es hinlaͤnglich, daß bey der Theil- nehmung ſo wohl ein Verſehen (cul- pa), als Boßheit (dolus) ſtat fin- den kann, und daß uns alſo eines an- dern Handlung bald mehr, bald we- niger zugerechnet werden koͤnne. §. 27. Zu den inneren Handlungen gehoͤrt die Ein-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/54
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/54>, abgerufen am 21.12.2024.