Weise es wolle, in unsere Gewalt kömmt, sie wiederum in die Gewalt ihres Eigenthumsherrn komme; folg- lich wenn man weiß, wer derselbe sey, so muß man ihm seine Sache wieder geben; weis man es aber nicht, so muß man nachforschen, wer er sey. Zum Exem- pel wollen wir eine Sache nehmen, die ver- lohren worden, und wir gefunden haben, oder wenn ein fremdes Vieh auf unsern Hof kommt.
§. 262.
Weil derjenige, welcher unsere Sache hat,Von der Vindica- tion einer Sache, oder dem Wieder- zueig- nungs- recht. verbunden ist, uns dieselbe wieder zu geben (§. 261.); so haben wir, als Eigen- thumsherren, das Recht ihn dazu an- zuhalten, daß er uns dieselbe wieder- geben muß (§. 46.), und wenn er nicht wolte, ihn mit Gewalt dazu anzuhal- ten (§. 80.). Das Recht eine uns zugehö- rige Sache von jedem Besitzer oder Jnhaber mit Gewalt zu erhalten, wird die Wiederzu- eignung oder Vindication einer Sache (vindicatio rei), oder auch das Recht eine uns zugehörige Sache uns wieder zu- zueignen genannt. Der Eigenthums- herr hat also das Recht, sich seine Sache von jedem Besitzer, oder Jnhaber wieder zuzueignen. Weil aber die Sache bloß ihrem Eigenthumsherrn wieder gegeben werden muß (§. 261.); so sind wir verbun- den erst zu beweisen, daß eine Sache unser sey; und ehe wir dasselbe nicht
bewie-
Nat. u. Völckerrecht. L
wegen des Eigenthums.
Weiſe es wolle, in unſere Gewalt koͤmmt, ſie wiederum in die Gewalt ihres Eigenthumsherrn komme; folg- lich wenn man weiß, wer derſelbe ſey, ſo muß man ihm ſeine Sache wieder geben; weis man es aber nicht, ſo muß man nachforſchen, wer er ſey. Zum Exem- pel wollen wir eine Sache nehmen, die ver- lohren worden, und wir gefunden haben, oder wenn ein fremdes Vieh auf unſern Hof kommt.
§. 262.
Weil derjenige, welcher unſere Sache hat,Von der Vindica- tion eineꝛ Sache, oder dem Wieder- zueig- nungs- recht. verbunden iſt, uns dieſelbe wieder zu geben (§. 261.); ſo haben wir, als Eigen- thumsherren, das Recht ihn dazu an- zuhalten, daß er uns dieſelbe wieder- geben muß (§. 46.), und wenn er nicht wolte, ihn mit Gewalt dazu anzuhal- ten (§. 80.). Das Recht eine uns zugehoͤ- rige Sache von jedem Beſitzer oder Jnhaber mit Gewalt zu erhalten, wird die Wiederzu- eignung oder Vindication einer Sache (vindicatio rei), oder auch das Recht eine uns zugehoͤrige Sache uns wieder zu- zueignen genannt. Der Eigenthums- herr hat alſo das Recht, ſich ſeine Sache von jedem Beſitzer, oder Jnhaber wieder zuzueignen. Weil aber die Sache bloß ihrem Eigenthumsherrn wieder gegeben werden muß (§. 261.); ſo ſind wir verbun- den erſt zu beweiſen, daß eine Sache unſer ſey; und ehe wir daſſelbe nicht
bewie-
Nat. u. Voͤlckerrecht. L
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0197"n="161"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">wegen des Eigenthums.</hi></fw><lb/><hirendition="#fr">Weiſe es wolle, in unſere Gewalt<lb/>
koͤmmt, ſie wiederum in die Gewalt<lb/>
ihres Eigenthumsherrn komme;</hi> folg-<lb/>
lich <hirendition="#fr">wenn man weiß, wer derſelbe ſey, ſo<lb/>
muß man ihm ſeine Sache wieder geben;<lb/>
weis man es aber nicht, ſo muß man<lb/>
nachforſchen, wer er ſey.</hi> Zum Exem-<lb/>
pel wollen wir eine Sache nehmen, die ver-<lb/>
lohren worden, und wir gefunden haben, oder<lb/>
wenn ein fremdes Vieh auf unſern Hof kommt.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 262.</head><lb/><p>Weil derjenige, welcher unſere Sache hat,<noteplace="right">Von der<lb/>
Vindica-<lb/>
tion eineꝛ<lb/>
Sache,<lb/>
oder dem<lb/>
Wieder-<lb/>
zueig-<lb/>
nungs-<lb/>
recht.</note><lb/>
verbunden iſt, uns dieſelbe wieder zu geben<lb/>
(§. 261.); ſo <hirendition="#fr">haben wir, als Eigen-<lb/>
thumsherren, das Recht ihn dazu an-<lb/>
zuhalten, daß er uns dieſelbe wieder-<lb/>
geben muß (§. 46.), und wenn er nicht<lb/>
wolte, ihn mit Gewalt dazu anzuhal-<lb/>
ten</hi> (§. 80.). Das Recht eine uns zugehoͤ-<lb/>
rige Sache von jedem Beſitzer oder Jnhaber<lb/>
mit Gewalt zu erhalten, wird die <hirendition="#fr">Wiederzu-<lb/>
eignung oder Vindication einer Sache</hi><lb/><hirendition="#aq">(vindicatio rei),</hi> oder auch <hirendition="#fr">das Recht eine<lb/>
uns zugehoͤrige Sache uns wieder zu-<lb/>
zueignen</hi> genannt. <hirendition="#fr">Der Eigenthums-<lb/>
herr hat</hi> alſo <hirendition="#fr">das Recht, ſich ſeine Sache<lb/>
von jedem Beſitzer, oder Jnhaber<lb/>
wieder zuzueignen.</hi> Weil aber die Sache<lb/>
bloß ihrem Eigenthumsherrn wieder gegeben<lb/>
werden muß (§. 261.); ſo <hirendition="#fr">ſind wir verbun-<lb/>
den erſt zu beweiſen, daß eine Sache<lb/>
unſer ſey; und ehe wir daſſelbe nicht</hi><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">Nat. u. Voͤlckerrecht. L</hi></fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">bewie-</hi></fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[161/0197]
wegen des Eigenthums.
Weiſe es wolle, in unſere Gewalt
koͤmmt, ſie wiederum in die Gewalt
ihres Eigenthumsherrn komme; folg-
lich wenn man weiß, wer derſelbe ſey, ſo
muß man ihm ſeine Sache wieder geben;
weis man es aber nicht, ſo muß man
nachforſchen, wer er ſey. Zum Exem-
pel wollen wir eine Sache nehmen, die ver-
lohren worden, und wir gefunden haben, oder
wenn ein fremdes Vieh auf unſern Hof kommt.
§. 262.
Weil derjenige, welcher unſere Sache hat,
verbunden iſt, uns dieſelbe wieder zu geben
(§. 261.); ſo haben wir, als Eigen-
thumsherren, das Recht ihn dazu an-
zuhalten, daß er uns dieſelbe wieder-
geben muß (§. 46.), und wenn er nicht
wolte, ihn mit Gewalt dazu anzuhal-
ten (§. 80.). Das Recht eine uns zugehoͤ-
rige Sache von jedem Beſitzer oder Jnhaber
mit Gewalt zu erhalten, wird die Wiederzu-
eignung oder Vindication einer Sache
(vindicatio rei), oder auch das Recht eine
uns zugehoͤrige Sache uns wieder zu-
zueignen genannt. Der Eigenthums-
herr hat alſo das Recht, ſich ſeine Sache
von jedem Beſitzer, oder Jnhaber
wieder zuzueignen. Weil aber die Sache
bloß ihrem Eigenthumsherrn wieder gegeben
werden muß (§. 261.); ſo ſind wir verbun-
den erſt zu beweiſen, daß eine Sache
unſer ſey; und ehe wir daſſelbe nicht
bewie-
Von der
Vindica-
tion eineꝛ
Sache,
oder dem
Wieder-
zueig-
nungs-
recht.
Nat. u. Voͤlckerrecht. L
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/197>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.