fen; folglich diejenige Handlungen er- laubt sind, ohne welche der gute Nah- me nicht vertheidiget, und die Absicht der Strafe nicht erhalten werden kann. Es besteht aber diese Absicht darinn, daß wir den Sinn desjenigen, welcher uns schimpft, ändern, und zugleich andern eine Furcht ein- jagen wollen, welchen die Lust ankommen könte uns zu schimpfen (§. 92).
§. 145.
Der Hochachtung wird die Schande ent-Von der Schande. gegen gesetzet, welche in einem Urtheile an- derer von unserer Unvollkommenheit bestehet; folglich kömmt die wahre Schande nicht anders, als von den Lastern her, und also aus den Handlungen, welche die- selbe verrathen, wie auch aus dem Mangel der Tugenden des Verstandes (§. 125.), in so fern wir Schuld daran haben (§. 17.). Und dieses gilt auch von den Gebrechen des Leibes und den Kranckheiten, und dem Unglücke. Ja die Glücksgüter gereichen uns zur Schande, in so ferne wir durch La- ster dazu gelanget.
§. 146.
Die Verachtung(contemtus) nenntVon der Verach- tung, der Beschim- pfung, den Lä- sterun- man eine jede äussere Handlung, durch welche man anzeigt, daß der andere des Lobes und der Ehre unwürdig sey. Die Beschimpfung (contumelia) ist eine äussere Handlung, wo- durch wir dem andern seine Unvollkommenhei-
ten,
des Menſchen gegen andere.
fen; folglich diejenige Handlungen er- laubt ſind, ohne welche der gute Nah- me nicht vertheidiget, und die Abſicht der Strafe nicht erhalten werden kann. Es beſteht aber dieſe Abſicht darinn, daß wir den Sinn desjenigen, welcher uns ſchimpft, aͤndern, und zugleich andern eine Furcht ein- jagen wollen, welchen die Luſt ankommen koͤnte uns zu ſchimpfen (§. 92).
§. 145.
Der Hochachtung wird die Schande ent-Von der Schande. gegen geſetzet, welche in einem Urtheile an- derer von unſerer Unvollkommenheit beſtehet; folglich koͤmmt die wahre Schande nicht anders, als von den Laſtern her, und alſo aus den Handlungen, welche die- ſelbe verrathen, wie auch aus dem Mangel der Tugenden des Verſtandes (§. 125.), in ſo fern wir Schuld daran haben (§. 17.). Und dieſes gilt auch von den Gebrechen des Leibes und den Kranckheiten, und dem Ungluͤcke. Ja die Gluͤcksguͤter gereichen uns zur Schande, in ſo ferne wir durch La- ſter dazu gelanget.
§. 146.
Die Verachtung(contemtus) nenntVon der Verach- tung, der Beſchim- pfung, den Laͤ- ſterun- man eine jede aͤuſſere Handlung, durch welche man anzeigt, daß der andere des Lobes und der Ehre unwuͤrdig ſey. Die Beſchimpfung (contumelia) iſt eine aͤuſſere Handlung, wo- durch wir dem andern ſeine Unvollkommenhei-
ten,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0129"n="93"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">des Menſchen gegen andere.</hi></fw><lb/><hirendition="#fr">fen;</hi> folglich <hirendition="#fr">diejenige Handlungen er-<lb/>
laubt ſind, ohne welche der gute Nah-<lb/>
me nicht vertheidiget, und die Abſicht<lb/>
der Strafe nicht erhalten werden kann.</hi><lb/>
Es beſteht aber dieſe Abſicht darinn, daß wir<lb/>
den Sinn desjenigen, welcher uns ſchimpft,<lb/>
aͤndern, und zugleich andern eine Furcht ein-<lb/>
jagen wollen, welchen die Luſt ankommen<lb/>
koͤnte uns zu ſchimpfen (§. 92).</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 145.</head><lb/><p>Der Hochachtung wird <hirendition="#fr">die Schande</hi> ent-<noteplace="right">Von der<lb/>
Schande.</note><lb/>
gegen geſetzet, welche in einem Urtheile an-<lb/>
derer von unſerer Unvollkommenheit beſtehet;<lb/>
folglich <hirendition="#fr">koͤmmt die wahre Schande nicht<lb/>
anders, als von den Laſtern her, und</hi><lb/>
alſo <hirendition="#fr">aus den Handlungen, welche die-<lb/>ſelbe verrathen, wie auch aus dem<lb/>
Mangel der Tugenden des Verſtandes<lb/>
(§. 125.), in ſo fern wir Schuld daran<lb/>
haben</hi> (§. 17.). Und <hirendition="#fr">dieſes gilt auch<lb/>
von den Gebrechen des Leibes und<lb/>
den Kranckheiten, und dem Ungluͤcke.</hi><lb/>
Ja <hirendition="#fr">die Gluͤcksguͤter gereichen uns zur<lb/>
Schande, in ſo ferne wir durch La-<lb/>ſter dazu gelanget.</hi></p></div><lb/><divn="4"><head>§. 146.</head><lb/><p><hirendition="#fr">Die Verachtung</hi><hirendition="#aq">(contemtus)</hi> nennt<noteplace="right">Von der<lb/>
Verach-<lb/>
tung, der<lb/>
Beſchim-<lb/>
pfung,<lb/>
den Laͤ-<lb/>ſterun-</note><lb/>
man eine jede aͤuſſere Handlung, durch welche<lb/>
man anzeigt, daß der andere des Lobes und<lb/>
der Ehre unwuͤrdig ſey. Die <hirendition="#fr">Beſchimpfung</hi><lb/><hirendition="#aq">(contumelia)</hi> iſt eine aͤuſſere Handlung, wo-<lb/>
durch wir dem andern ſeine Unvollkommenhei-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ten,</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[93/0129]
des Menſchen gegen andere.
fen; folglich diejenige Handlungen er-
laubt ſind, ohne welche der gute Nah-
me nicht vertheidiget, und die Abſicht
der Strafe nicht erhalten werden kann.
Es beſteht aber dieſe Abſicht darinn, daß wir
den Sinn desjenigen, welcher uns ſchimpft,
aͤndern, und zugleich andern eine Furcht ein-
jagen wollen, welchen die Luſt ankommen
koͤnte uns zu ſchimpfen (§. 92).
§. 145.
Der Hochachtung wird die Schande ent-
gegen geſetzet, welche in einem Urtheile an-
derer von unſerer Unvollkommenheit beſtehet;
folglich koͤmmt die wahre Schande nicht
anders, als von den Laſtern her, und
alſo aus den Handlungen, welche die-
ſelbe verrathen, wie auch aus dem
Mangel der Tugenden des Verſtandes
(§. 125.), in ſo fern wir Schuld daran
haben (§. 17.). Und dieſes gilt auch
von den Gebrechen des Leibes und
den Kranckheiten, und dem Ungluͤcke.
Ja die Gluͤcksguͤter gereichen uns zur
Schande, in ſo ferne wir durch La-
ſter dazu gelanget.
Von der
Schande.
§. 146.
Die Verachtung (contemtus) nennt
man eine jede aͤuſſere Handlung, durch welche
man anzeigt, daß der andere des Lobes und
der Ehre unwuͤrdig ſey. Die Beſchimpfung
(contumelia) iſt eine aͤuſſere Handlung, wo-
durch wir dem andern ſeine Unvollkommenhei-
ten,
Von der
Verach-
tung, der
Beſchim-
pfung,
den Laͤ-
ſterun-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/129>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.