und alles dasjenige zu unterlassen, wodurch der andere und sein Zustand unvollkommener gemacht wird (§. 44.); so ist jeder Mensch einem jeden, er sey wer er wolle, eben das schuldig, was er sich selbst schul- dig ist; doch in so fern es nicht schon in des andern Vermögen allein stehet, und er es, ohne die Pflichten gegen sich selbst zu verabsäumen, dem andern leisten kann. Folglich sind die Pflichten des Menschen gegen andere mit den Pflichten gegen sich selbst einerley (§. 57.). Es müssen also dieselben auch bey an- dern angewandt werden.
§. 134.
Ein jeder Mensch muß also dem an-Wir müssen andern behülflich seyn Gu- tes zu er- langen. dern, so viel in seinem Vermögen ste- het, helfen, daß er, was ihm an Seele und Leibe gut, und zu seinem Glücke dienet, erlange (§. 104.); und folglich verhüten, daß andere nicht in Uebel an Seele und Leib, oder in Unglück verfallen (§. 51.). Und weil das Gesetz der Natur die Hülfe nicht auf gewisse Güter einschrencket; so müssen wir dem andern unsere Hülfe nicht versagen, auch mehr Gutes zu erlangen, als wir selbst ha- ben. Da nun dieses nicht geschehen kann, wenn wir den andern wegen des Guten be- neiden; so müssen wir auch niemanden das misgönnen, was wir nicht ha-
ben.
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des Menſchen gegen andere.
und alles dasjenige zu unterlaſſen, wodurch der andere und ſein Zuſtand unvollkommener gemacht wird (§. 44.); ſo iſt jeder Menſch einem jeden, er ſey wer er wolle, eben das ſchuldig, was er ſich ſelbſt ſchul- dig iſt; doch in ſo fern es nicht ſchon in des andern Vermoͤgen allein ſtehet, und er es, ohne die Pflichten gegen ſich ſelbſt zu verabſaͤumen, dem andern leiſten kann. Folglich ſind die Pflichten des Menſchen gegen andere mit den Pflichten gegen ſich ſelbſt einerley (§. 57.). Es muͤſſen alſo dieſelben auch bey an- dern angewandt werden.
§. 134.
Ein jeder Menſch muß alſo dem an-Wir muͤſſen andern behuͤlflich ſeyn Gu- tes zu er- langen. dern, ſo viel in ſeinem Vermoͤgen ſte- het, helfen, daß er, was ihm an Seele und Leibe gut, und zu ſeinem Gluͤcke dienet, erlange (§. 104.); und folglich verhuͤten, daß andere nicht in Uebel an Seele und Leib, oder in Ungluͤck verfallen (§. 51.). Und weil das Geſetz der Natur die Huͤlfe nicht auf gewiſſe Guͤter einſchrencket; ſo muͤſſen wir dem andern unſere Huͤlfe nicht verſagen, auch mehr Gutes zu erlangen, als wir ſelbſt ha- ben. Da nun dieſes nicht geſchehen kann, wenn wir den andern wegen des Guten be- neiden; ſo muͤſſen wir auch niemanden das misgoͤnnen, was wir nicht ha-
ben.
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des Menſchen gegen andere.
und alles dasjenige zu unterlaſſen, wodurch
der andere und ſein Zuſtand unvollkommener
gemacht wird (§. 44.); ſo iſt jeder Menſch
einem jeden, er ſey wer er wolle, eben
das ſchuldig, was er ſich ſelbſt ſchul-
dig iſt; doch in ſo fern es nicht ſchon
in des andern Vermoͤgen allein ſtehet,
und er es, ohne die Pflichten gegen
ſich ſelbſt zu verabſaͤumen, dem andern
leiſten kann. Folglich ſind die Pflichten
des Menſchen gegen andere mit den
Pflichten gegen ſich ſelbſt einerley (§.
57.). Es muͤſſen alſo dieſelben auch bey an-
dern angewandt werden.
§. 134.
Ein jeder Menſch muß alſo dem an-
dern, ſo viel in ſeinem Vermoͤgen ſte-
het, helfen, daß er, was ihm an Seele
und Leibe gut, und zu ſeinem Gluͤcke
dienet, erlange (§. 104.); und folglich
verhuͤten, daß andere nicht in Uebel
an Seele und Leib, oder in Ungluͤck
verfallen (§. 51.). Und weil das Geſetz
der Natur die Huͤlfe nicht auf gewiſſe Guͤter
einſchrencket; ſo muͤſſen wir dem andern
unſere Huͤlfe nicht verſagen, auch mehr
Gutes zu erlangen, als wir ſelbſt ha-
ben. Da nun dieſes nicht geſchehen kann,
wenn wir den andern wegen des Guten be-
neiden; ſo muͤſſen wir auch niemanden
das misgoͤnnen, was wir nicht ha-
ben.
Wir
muͤſſen
andern
behuͤlflich
ſeyn Gu-
tes zu er-
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/123>, abgerufen am 30.12.2024.
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