und die Sachen, die sie nöthig haben, auf- behalten und verwahren können. Daher er- hellet auch leicht, daß die Menschen be- queme Häuser erbauen müssen; und ihnen von Natur ein Recht zu allem demjenigen zukomme, was zu der Er- bauung derselben nöthig ist, wie auch zu den Verrichtungen, die zu der Er- bauung erfordert werden. Es muß aber auch hier die natürliche Wohlan- ständigkeit beobachtet werden (§. 55.).
§. 117.
Die natürliche Schönheit nennt manVon der natürli- chen und künstli- chen Schön- heit und von den Zierra- then des Leibes. diejenige, welche in dem Leibe des Menschen von Natur befindlich ist. Wie aus der Er- fahrung erhellet, so bestehet dieselbe in der Symmetrie, d. i. in der geschickten Ver- hältniß der äusseren Theile gegen einander und gegen den gantzen Körper; in der Euryth- mie, das ist, in der Aehnlichkeit der Theile, welche zu beyden Seiten sind, und denen mittlern Theilen unähnlich sind; und in der ge- schickten Figur und Farbe derselben. Es wird hingegen die künstliche genannt, welche dem Leibe durch Menschen-Hände zuwege gebracht wird. Dasjenige ist schön, was uns gefällt; folglich kann die natürliche Schönheit keine andere Absicht haben, als daß man andern gefalle; die künstliche aber muß den Mangel der natürlichen ersetzen und dieselbe vermeh- ren. Wir sollen deswegen die natür- liche Schönheit erhalten (§. 43.), und
wenig-
des Menſchen gegen ſich ſelbſt.
und die Sachen, die ſie noͤthig haben, auf- behalten und verwahren koͤnnen. Daher er- hellet auch leicht, daß die Menſchen be- queme Haͤuſer erbauen muͤſſen; und ihnen von Natur ein Recht zu allem demjenigen zukomme, was zu der Er- bauung derſelben noͤthig iſt, wie auch zu den Verrichtungen, die zu der Er- bauung erfordert werden. Es muß aber auch hier die natuͤrliche Wohlan- ſtaͤndigkeit beobachtet werden (§. 55.).
§. 117.
Die natuͤrliche Schoͤnheit nennt manVon der natuͤrli- chen und kuͤnſtli- chen Schoͤn- heit und von den Zierra- then des Leibes. diejenige, welche in dem Leibe des Menſchen von Natur befindlich iſt. Wie aus der Er- fahrung erhellet, ſo beſtehet dieſelbe in der Symmetrie, d. i. in der geſchickten Ver- haͤltniß der aͤuſſeren Theile gegen einander und gegen den gantzen Koͤrper; in der Euryth- mie, das iſt, in der Aehnlichkeit der Theile, welche zu beyden Seiten ſind, und denen mittlern Theilen unaͤhnlich ſind; und in der ge- ſchickten Figur und Farbe derſelben. Es wird hingegen die kuͤnſtliche genannt, welche dem Leibe durch Menſchen-Haͤnde zuwege gebracht wird. Dasjenige iſt ſchoͤn, was uns gefaͤllt; folglich kann die natuͤrliche Schoͤnheit keine andere Abſicht haben, als daß man andern gefalle; die kuͤnſtliche aber muß den Mangel der natuͤrlichen erſetzen und dieſelbe vermeh- ren. Wir ſollen deswegen die natuͤr- liche Schoͤnheit erhalten (§. 43.), und
wenig-
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des Menſchen gegen ſich ſelbſt.
und die Sachen, die ſie noͤthig haben, auf-
behalten und verwahren koͤnnen. Daher er-
hellet auch leicht, daß die Menſchen be-
queme Haͤuſer erbauen muͤſſen; und
ihnen von Natur ein Recht zu allem
demjenigen zukomme, was zu der Er-
bauung derſelben noͤthig iſt, wie auch
zu den Verrichtungen, die zu der Er-
bauung erfordert werden. Es muß
aber auch hier die natuͤrliche Wohlan-
ſtaͤndigkeit beobachtet werden (§. 55.).
§. 117.
Die natuͤrliche Schoͤnheit nennt man
diejenige, welche in dem Leibe des Menſchen
von Natur befindlich iſt. Wie aus der Er-
fahrung erhellet, ſo beſtehet dieſelbe in der
Symmetrie, d. i. in der geſchickten Ver-
haͤltniß der aͤuſſeren Theile gegen einander und
gegen den gantzen Koͤrper; in der Euryth-
mie, das iſt, in der Aehnlichkeit der Theile,
welche zu beyden Seiten ſind, und denen
mittlern Theilen unaͤhnlich ſind; und in der ge-
ſchickten Figur und Farbe derſelben. Es wird
hingegen die kuͤnſtliche genannt, welche dem
Leibe durch Menſchen-Haͤnde zuwege gebracht
wird. Dasjenige iſt ſchoͤn, was uns gefaͤllt;
folglich kann die natuͤrliche Schoͤnheit keine
andere Abſicht haben, als daß man andern
gefalle; die kuͤnſtliche aber muß den Mangel
der natuͤrlichen erſetzen und dieſelbe vermeh-
ren. Wir ſollen deswegen die natuͤr-
liche Schoͤnheit erhalten (§. 43.), und
wenig-
Von der
natuͤrli-
chen und
kuͤnſtli-
chen
Schoͤn-
heit und
von den
Zierra-
then des
Leibes.
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/111>, abgerufen am 21.11.2024.
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