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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893.

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Zwei classen von losbeamten.
ebenso bestellt wurden? zehnercollegien können es natürlich nicht ge-
wesen sein, sondern nur zahlreichere. von denen stehn jedoch nur die
vierzig männer (früher dreissig männer), im fünften jahrhundert die
dreissig logisten und etwa die lexiarchen und trittyarchen zur verfügung:
d. h. die, in denen eigentlich die trittyen zur vertretung kamen. 26) nur
eine kategorie, allerdings eine sehr wichtige, kann man hierherziehn 27):
die 6000 richter, die zu Aristoteles zeit aus den phylen genommen
wurden, aber dann in 10 abteilungen verlost, so dass in jeder die phylen
gleichmässig vertreten waren; die richtertäfelchen tragen den demosnamen
und den abteilungsbuchstaben, auf die phyle kommt nichts an. für die
6000 lag eine praesentation durch die demen so nahe wie bei dem
rate, lag wegen des einträglichen und vielbegehrten geschäftes der ambitus
auch nahe, und die complicirte verteilung der richter sammt ihren
täfelchen ist ja notorisch erst im vierten jahrhundert eingeführt. nimmt
man nun an, dass die richter ursprünglich von den demen praesentirt
wurden, so erstreckt sich diese art der bestellung in wahrheit noch viel
weiter. denn die festordnung der Hephaistien (CIA IV p. 64) hat ge-
lehrt, dass für sie die ieropoioi aus den richtern genommen wurden,
und diese analogie darf man verfolgen. mindestens alle nur für einen
bestimmten engbegrenzten zeitraum tätigen beamten, bleiben wir zunächst
bei den ieropoioi und den epimeletai, so weit diese nicht gewählt
wurden, dürfen als richter angesehen werden, und es ist für diese leute
damit auch die frage nach ihren diaeten erledigt. da wir aus dem
vierten jahrhundert nichts mehr von dieser verwendung von richtern
hören, auch nunmehr die phylen für das gericht keine rolle mehr spielen,
sondern die misbräuchlich phylen genannten abteilungen, ist diese ein-
richtung in fortfall gekommen, und sind jene behörden auf andrem wege
erlost oder gewählt. sehr passend ist auch das wahllocal für ihre auslosung.
es ist das Theseion, nicht der tempel, in dem immerhin die urnen gestanden
haben mögen, sondern der appellplatz: man bedurfte eines grossen freien
platzes für die menschenmenge. aber nun scheinen sich schwierigkeiten
zu erheben. erstens steht im richtereide, dass niemand zu einem amte
zugelassen werden soll, der rechenschaft schuldete eteras arkhes, kai ton
ennea arkhonton kai tou ieromnemonos kai osoi meta ton ennea

26) Vgl. das capitel Trittyen und Demen.
27) Die demen haben 487 für die erste losung der archonten 500 candi-
daten praesentirt, und 403 haben sie 500 nomotheten gewählt, aber das waren
ausnahmen. sie verlieren nur das seltsame, wenn man sich gegenwärtig hält,
dass die demen so den rat zu allen zeiten gebildet haben.

Zwei classen von losbeamten.
ebenso bestellt wurden? zehnercollegien können es natürlich nicht ge-
wesen sein, sondern nur zahlreichere. von denen stehn jedoch nur die
vierzig männer (früher dreiſsig männer), im fünften jahrhundert die
dreiſsig logisten und etwa die lexiarchen und trittyarchen zur verfügung:
d. h. die, in denen eigentlich die trittyen zur vertretung kamen. 26) nur
eine kategorie, allerdings eine sehr wichtige, kann man hierherziehn 27):
die 6000 richter, die zu Aristoteles zeit aus den phylen genommen
wurden, aber dann in 10 abteilungen verlost, so daſs in jeder die phylen
gleichmäſsig vertreten waren; die richtertäfelchen tragen den demosnamen
und den abteilungsbuchstaben, auf die phyle kommt nichts an. für die
6000 lag eine praesentation durch die demen so nahe wie bei dem
rate, lag wegen des einträglichen und vielbegehrten geschäftes der ambitus
auch nahe, und die complicirte verteilung der richter sammt ihren
täfelchen ist ja notorisch erst im vierten jahrhundert eingeführt. nimmt
man nun an, daſs die richter ursprünglich von den demen praesentirt
wurden, so erstreckt sich diese art der bestellung in wahrheit noch viel
weiter. denn die festordnung der Hephaistien (CIA IV p. 64) hat ge-
lehrt, daſs für sie die ἱεϱοποιοί aus den richtern genommen wurden,
und diese analogie darf man verfolgen. mindestens alle nur für einen
bestimmten engbegrenzten zeitraum tätigen beamten, bleiben wir zunächst
bei den ἱεϱοποιοί und den ἐπιμεληταί, so weit diese nicht gewählt
wurden, dürfen als richter angesehen werden, und es ist für diese leute
damit auch die frage nach ihren diaeten erledigt. da wir aus dem
vierten jahrhundert nichts mehr von dieser verwendung von richtern
hören, auch nunmehr die phylen für das gericht keine rolle mehr spielen,
sondern die misbräuchlich phylen genannten abteilungen, ist diese ein-
richtung in fortfall gekommen, und sind jene behörden auf andrem wege
erlost oder gewählt. sehr passend ist auch das wahllocal für ihre auslosung.
es ist das Theseion, nicht der tempel, in dem immerhin die urnen gestanden
haben mögen, sondern der appellplatz: man bedurfte eines groſsen freien
platzes für die menschenmenge. aber nun scheinen sich schwierigkeiten
zu erheben. erstens steht im richtereide, daſs niemand zu einem amte
zugelassen werden soll, der rechenschaft schuldete ἑτέϱας ἀϱχῆς, καὶ τῶν
ἐννέα ἀϱχόντων καὶ τοῦ ἱεϱομνήμονος καὶ ὅσοι μετὰ τῶν ἐννέα

26) Vgl. das capitel Trittyen und Demen.
27) Die demen haben 487 für die erste losung der archonten 500 candi-
daten praesentirt, und 403 haben sie 500 nomotheten gewählt, aber das waren
ausnahmen. sie verlieren nur das seltsame, wenn man sich gegenwärtig hält,
daſs die demen so den rat zu allen zeiten gebildet haben.
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[201/0215] Zwei classen von losbeamten. ebenso bestellt wurden? zehnercollegien können es natürlich nicht ge- wesen sein, sondern nur zahlreichere. von denen stehn jedoch nur die vierzig männer (früher dreiſsig männer), im fünften jahrhundert die dreiſsig logisten und etwa die lexiarchen und trittyarchen zur verfügung: d. h. die, in denen eigentlich die trittyen zur vertretung kamen. 26) nur eine kategorie, allerdings eine sehr wichtige, kann man hierherziehn 27): die 6000 richter, die zu Aristoteles zeit aus den phylen genommen wurden, aber dann in 10 abteilungen verlost, so daſs in jeder die phylen gleichmäſsig vertreten waren; die richtertäfelchen tragen den demosnamen und den abteilungsbuchstaben, auf die phyle kommt nichts an. für die 6000 lag eine praesentation durch die demen so nahe wie bei dem rate, lag wegen des einträglichen und vielbegehrten geschäftes der ambitus auch nahe, und die complicirte verteilung der richter sammt ihren täfelchen ist ja notorisch erst im vierten jahrhundert eingeführt. nimmt man nun an, daſs die richter ursprünglich von den demen praesentirt wurden, so erstreckt sich diese art der bestellung in wahrheit noch viel weiter. denn die festordnung der Hephaistien (CIA IV p. 64) hat ge- lehrt, daſs für sie die ἱεϱοποιοί aus den richtern genommen wurden, und diese analogie darf man verfolgen. mindestens alle nur für einen bestimmten engbegrenzten zeitraum tätigen beamten, bleiben wir zunächst bei den ἱεϱοποιοί und den ἐπιμεληταί, so weit diese nicht gewählt wurden, dürfen als richter angesehen werden, und es ist für diese leute damit auch die frage nach ihren diaeten erledigt. da wir aus dem vierten jahrhundert nichts mehr von dieser verwendung von richtern hören, auch nunmehr die phylen für das gericht keine rolle mehr spielen, sondern die misbräuchlich phylen genannten abteilungen, ist diese ein- richtung in fortfall gekommen, und sind jene behörden auf andrem wege erlost oder gewählt. sehr passend ist auch das wahllocal für ihre auslosung. es ist das Theseion, nicht der tempel, in dem immerhin die urnen gestanden haben mögen, sondern der appellplatz: man bedurfte eines groſsen freien platzes für die menschenmenge. aber nun scheinen sich schwierigkeiten zu erheben. erstens steht im richtereide, daſs niemand zu einem amte zugelassen werden soll, der rechenschaft schuldete ἑτέϱας ἀϱχῆς, καὶ τῶν ἐννέα ἀϱχόντων καὶ τοῦ ἱεϱομνήμονος καὶ ὅσοι μετὰ τῶν ἐννέα 26) Vgl. das capitel Trittyen und Demen. 27) Die demen haben 487 für die erste losung der archonten 500 candi- daten praesentirt, und 403 haben sie 500 nomotheten gewählt, aber das waren ausnahmen. sie verlieren nur das seltsame, wenn man sich gegenwärtig hält, daſs die demen so den rat zu allen zeiten gebildet haben.

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles01_1893/215>, abgerufen am 26.04.2024.