Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.Oberon. Ein Gedicht in vierzehn Gesängen. Erster Gesang. 1. Noch einmal sattelt mir den Hippogryfen, ihr Musen,Zum ritt ins alte romantische land! Wie lieblich um meinen entfesselten busen Der holde wahnsinn spielt? Wer schlang das magische band Um meine stirne? Wer treibt von meinen augen den nebel Der auf der Vorwelt wundern liegt? Ich seh, in buntem gewühl, bald siegend, bald besiegt, Des Ritters gutes schwert, der Heyden blinkende säbel. 2. Vergebens knirscht des alten Sultans zorn,Vergebens dräut ein wald von starren lanzen: Es tönt in lieblichem ton das elfenbeinerne horn, Und, wie ein wirbel, ergreift sie alle die wut zu tanzen. Sie drehn im kreise sich um bis sinn und athem entgeht. Triumf, herr Ritter, triumf! gewonnen ist die Schöne. Was säumt ihr? fort! der wimpel weht; Nach Rom, daß euern bund der heil'ge Vater kröne! 3. Nur A 2
Oberon. Ein Gedicht in vierzehn Geſaͤngen. Erſter Geſang. 1. Noch einmal ſattelt mir den Hippogryfen, ihr Muſen,Zum ritt ins alte romantiſche land! Wie lieblich um meinen entfeſſelten buſen Der holde wahnſinn ſpielt? Wer ſchlang das magiſche band Um meine ſtirne? Wer treibt von meinen augen den nebel Der auf der Vorwelt wundern liegt? Ich ſeh, in buntem gewuͤhl, bald ſiegend, bald beſiegt, Des Ritters gutes ſchwert, der Heyden blinkende ſaͤbel. 2. Vergebens knirſcht des alten Sultans zorn,Vergebens draͤut ein wald von ſtarren lanzen: Es toͤnt in lieblichem ton das elfenbeinerne horn, Und, wie ein wirbel, ergreift ſie alle die wut zu tanzen. Sie drehn im kreiſe ſich um bis ſinn und athem entgeht. Triumf, herr Ritter, triumf! gewonnen iſt die Schoͤne. Was ſaͤumt ihr? fort! der wimpel weht; Nach Rom, daß euern bund der heil'ge Vater kroͤne! 3. Nur A 2
<TEI> <text> <body> <pb facs="#f0009"/> <div n="1"> <head>Oberon.<lb/> Ein Gedicht in vierzehn Geſaͤngen.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>Erſter Geſang.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <head> <hi rendition="#c">1.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">N</hi>och einmal ſattelt mir den Hippogryfen, ihr Muſen,</l><lb/> <l>Zum ritt ins alte romantiſche land!</l><lb/> <l>Wie lieblich um meinen entfeſſelten buſen</l><lb/> <l>Der holde wahnſinn ſpielt? Wer ſchlang das magiſche band</l><lb/> <l>Um meine ſtirne? Wer treibt von meinen augen den nebel</l><lb/> <l>Der auf der Vorwelt wundern liegt?</l><lb/> <l>Ich ſeh, in buntem gewuͤhl, bald ſiegend, bald beſiegt,</l><lb/> <l>Des Ritters gutes ſchwert, der Heyden blinkende ſaͤbel.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <head> <hi rendition="#c">2.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">V</hi>ergebens knirſcht des alten Sultans zorn,</l><lb/> <l>Vergebens draͤut ein wald von ſtarren lanzen:</l><lb/> <l>Es toͤnt in lieblichem ton das elfenbeinerne horn,</l><lb/> <l>Und, wie ein wirbel, ergreift ſie alle die wut zu tanzen.</l><lb/> <l>Sie drehn im kreiſe ſich um bis ſinn und athem entgeht.</l><lb/> <l>Triumf, herr Ritter, triumf! gewonnen iſt die Schoͤne.</l><lb/> <l>Was ſaͤumt ihr? fort! der wimpel weht;</l><lb/> <l>Nach Rom, daß euern bund der heil'ge Vater kroͤne!</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">A 2</fw> <fw place="bottom" type="catch">3. Nur</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0009]
Oberon.
Ein Gedicht in vierzehn Geſaͤngen.
Erſter Geſang.
1.
Noch einmal ſattelt mir den Hippogryfen, ihr Muſen,
Zum ritt ins alte romantiſche land!
Wie lieblich um meinen entfeſſelten buſen
Der holde wahnſinn ſpielt? Wer ſchlang das magiſche band
Um meine ſtirne? Wer treibt von meinen augen den nebel
Der auf der Vorwelt wundern liegt?
Ich ſeh, in buntem gewuͤhl, bald ſiegend, bald beſiegt,
Des Ritters gutes ſchwert, der Heyden blinkende ſaͤbel.
2.
Vergebens knirſcht des alten Sultans zorn,
Vergebens draͤut ein wald von ſtarren lanzen:
Es toͤnt in lieblichem ton das elfenbeinerne horn,
Und, wie ein wirbel, ergreift ſie alle die wut zu tanzen.
Sie drehn im kreiſe ſich um bis ſinn und athem entgeht.
Triumf, herr Ritter, triumf! gewonnen iſt die Schoͤne.
Was ſaͤumt ihr? fort! der wimpel weht;
Nach Rom, daß euern bund der heil'ge Vater kroͤne!
3. Nur
A 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |