Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

Viertes Buch, drittes Capitel.
Söhne, so wollen wir eine Probe machen, ob Danae
ihrer Lehrmeisterin würdig ist.

Hippias war sehr erfreut, den Zwek seines Besuchs
so glüklich erreicht zu haben, und versprach beym
Abschied, zur bestimmten Zeit diesen wunderbaren Jüng-
ling aufzuführen, an welchem die schöne Danae so begie-
rig war, die Macht ihrer Reizungen zu versuchen.

Drittes Capitel.
Geschichte der schönen Danae.

Die Dame, mit welcher unsre Leser im vorigen Ca-
pitel Bekanntschaft gemacht, hat vermuthlich einem gu-
ten Theil derselben nicht so übel gefallen, daß sie nicht
eine nähere Nachricht von dem Character und der Ge-
schichte derselben erwarten sollten; und wir sind desto
geneigter, ihrem Verlangen ein Genüge zu thun, je
nöthiger der Verfolg unsrer Geschichten zu machen scheint,
daß der Leser in den Stand gesezt werde, der schönen
Danae Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen.

Die allgemeine Meynung zu Smyrna war, daß sie
eine Tochter der berühmten Aspafia von Milet sey, die,
nachdem sie in ihrer Vaterstadt die Kunst der Galanterie,
wovon sie Profeßion machte, durch die Verbindung dersel-
ben mit der Philosophie und den Künsten der Musen, zu ie-
nem Grade der Vollkommenheit erhoben hatte, der sie zur

wahren
[Agath. I. Th.] K

Viertes Buch, drittes Capitel.
Soͤhne, ſo wollen wir eine Probe machen, ob Danae
ihrer Lehrmeiſterin wuͤrdig iſt.

Hippias war ſehr erfreut, den Zwek ſeines Beſuchs
ſo gluͤklich erreicht zu haben, und verſprach beym
Abſchied, zur beſtimmten Zeit dieſen wunderbaren Juͤng-
ling aufzufuͤhren, an welchem die ſchoͤne Danae ſo begie-
rig war, die Macht ihrer Reizungen zu verſuchen.

Drittes Capitel.
Geſchichte der ſchoͤnen Danae.

Die Dame, mit welcher unſre Leſer im vorigen Ca-
pitel Bekanntſchaft gemacht, hat vermuthlich einem gu-
ten Theil derſelben nicht ſo uͤbel gefallen, daß ſie nicht
eine naͤhere Nachricht von dem Character und der Ge-
ſchichte derſelben erwarten ſollten; und wir ſind deſto
geneigter, ihrem Verlangen ein Genuͤge zu thun, je
noͤthiger der Verfolg unſrer Geſchichten zu machen ſcheint,
daß der Leſer in den Stand geſezt werde, der ſchoͤnen
Danae Gerechtigkeit wiederfahren zu laſſen.

Die allgemeine Meynung zu Smyrna war, daß ſie
eine Tochter der beruͤhmten Aſpafia von Milet ſey, die,
nachdem ſie in ihrer Vaterſtadt die Kunſt der Galanterie,
wovon ſie Profeßion machte, durch die Verbindung derſel-
ben mit der Philoſophie und den Kuͤnſten der Muſen, zu ie-
nem Grade der Vollkommenheit erhoben hatte, der ſie zur

wahren
[Agath. I. Th.] K
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0167" n="145"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Viertes Buch, drittes Capitel.</hi></fw><lb/>
So&#x0364;hne, &#x017F;o wollen wir eine Probe machen, ob Danae<lb/>
ihrer Lehrmei&#x017F;terin wu&#x0364;rdig i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Hippias war &#x017F;ehr erfreut, den Zwek &#x017F;eines Be&#x017F;uchs<lb/>
&#x017F;o glu&#x0364;klich erreicht zu haben, und ver&#x017F;prach beym<lb/>
Ab&#x017F;chied, zur be&#x017F;timmten Zeit die&#x017F;en wunderbaren Ju&#x0364;ng-<lb/>
ling aufzufu&#x0364;hren, an welchem die &#x017F;cho&#x0364;ne Danae &#x017F;o begie-<lb/>
rig war, die Macht ihrer Reizungen zu ver&#x017F;uchen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Drittes Capitel.<lb/>
Ge&#x017F;chichte der &#x017F;cho&#x0364;nen Danae.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>ie Dame, mit welcher un&#x017F;re Le&#x017F;er im vorigen Ca-<lb/>
pitel Bekannt&#x017F;chaft gemacht, hat vermuthlich einem gu-<lb/>
ten Theil der&#x017F;elben nicht &#x017F;o u&#x0364;bel gefallen, daß &#x017F;ie nicht<lb/>
eine na&#x0364;here Nachricht von dem Character und der Ge-<lb/>
&#x017F;chichte der&#x017F;elben erwarten &#x017F;ollten; und wir &#x017F;ind de&#x017F;to<lb/>
geneigter, ihrem Verlangen ein Genu&#x0364;ge zu thun, je<lb/>
no&#x0364;thiger der Verfolg un&#x017F;rer Ge&#x017F;chichten zu machen &#x017F;cheint,<lb/>
daß der Le&#x017F;er in den Stand ge&#x017F;ezt werde, der &#x017F;cho&#x0364;nen<lb/>
Danae Gerechtigkeit wiederfahren zu la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>Die allgemeine Meynung zu Smyrna war, daß &#x017F;ie<lb/>
eine Tochter der beru&#x0364;hmten A&#x017F;pafia von Milet &#x017F;ey, die,<lb/>
nachdem &#x017F;ie in ihrer Vater&#x017F;tadt die Kun&#x017F;t der Galanterie,<lb/>
wovon &#x017F;ie Profeßion machte, durch die Verbindung der&#x017F;el-<lb/>
ben mit der Philo&#x017F;ophie und den Ku&#x0364;n&#x017F;ten der Mu&#x017F;en, zu ie-<lb/>
nem Grade der Vollkommenheit erhoben hatte, der &#x017F;ie zur<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">[Agath. <hi rendition="#aq">I.</hi> Th.] K</fw><fw place="bottom" type="catch">wahren</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0167] Viertes Buch, drittes Capitel. Soͤhne, ſo wollen wir eine Probe machen, ob Danae ihrer Lehrmeiſterin wuͤrdig iſt. Hippias war ſehr erfreut, den Zwek ſeines Beſuchs ſo gluͤklich erreicht zu haben, und verſprach beym Abſchied, zur beſtimmten Zeit dieſen wunderbaren Juͤng- ling aufzufuͤhren, an welchem die ſchoͤne Danae ſo begie- rig war, die Macht ihrer Reizungen zu verſuchen. Drittes Capitel. Geſchichte der ſchoͤnen Danae. Die Dame, mit welcher unſre Leſer im vorigen Ca- pitel Bekanntſchaft gemacht, hat vermuthlich einem gu- ten Theil derſelben nicht ſo uͤbel gefallen, daß ſie nicht eine naͤhere Nachricht von dem Character und der Ge- ſchichte derſelben erwarten ſollten; und wir ſind deſto geneigter, ihrem Verlangen ein Genuͤge zu thun, je noͤthiger der Verfolg unſrer Geſchichten zu machen ſcheint, daß der Leſer in den Stand geſezt werde, der ſchoͤnen Danae Gerechtigkeit wiederfahren zu laſſen. Die allgemeine Meynung zu Smyrna war, daß ſie eine Tochter der beruͤhmten Aſpafia von Milet ſey, die, nachdem ſie in ihrer Vaterſtadt die Kunſt der Galanterie, wovon ſie Profeßion machte, durch die Verbindung derſel- ben mit der Philoſophie und den Kuͤnſten der Muſen, zu ie- nem Grade der Vollkommenheit erhoben hatte, der ſie zur wahren [Agath. I. Th.] K

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon01_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon01_1766/167
Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon01_1766/167>, abgerufen am 21.11.2024.