Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766.Viertes Buch, zweytes Capitel. sezen; wenn er in dieser den Sieg erhält, so muß er --ja, so will ich meine Nymphen entlassen, mein Haus den Prieftern der Cybele vermachen, und an den Gan- ges ziehen, und in der Höle eines alten Palmbaums, mit geschloßnen Augen und den Kopf zwischen den Knien, so lange in der nehmlichen Postur sizen bleiben, biß ich, allen meinen Sinnen zu troz, mir einbilde, daß ich nicht mehr bin! -- Diß war ein hartes Ge- lübde; auch hielt sich Hippias sehr überzeugt, daß es so weit nicht kommen würde, und damit er keine Zeit versäumen möchte; so machte er noch an dem- selbigen Tag Anstalt, seinen Anschlag auszuführen. Zweytes Capitel. Hippias stattet einer Dame einen Besuch ab. Die Damen zu Smyrna hatten damals eine Gewohn- heit J 4
Viertes Buch, zweytes Capitel. ſezen; wenn er in dieſer den Sieg erhaͤlt, ſo muß er ‒‒ja, ſo will ich meine Nymphen entlaſſen, mein Haus den Prieftern der Cybele vermachen, und an den Gan- ges ziehen, und in der Hoͤle eines alten Palmbaums, mit geſchloßnen Augen und den Kopf zwiſchen den Knien, ſo lange in der nehmlichen Poſtur ſizen bleiben, biß ich, allen meinen Sinnen zu troz, mir einbilde, daß ich nicht mehr bin! ‒‒ Diß war ein hartes Ge- luͤbde; auch hielt ſich Hippias ſehr uͤberzeugt, daß es ſo weit nicht kommen wuͤrde, und damit er keine Zeit verſaͤumen moͤchte; ſo machte er noch an dem- ſelbigen Tag Anſtalt, ſeinen Anſchlag auszufuͤhren. Zweytes Capitel. Hippias ſtattet einer Dame einen Beſuch ab. Die Damen zu Smyrna hatten damals eine Gewohn- heit J 4
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Viertes Buch, zweytes Capitel.
ſezen; wenn er in dieſer den Sieg erhaͤlt, ſo muß er ‒‒
ja, ſo will ich meine Nymphen entlaſſen, mein Haus
den Prieftern der Cybele vermachen, und an den Gan-
ges ziehen, und in der Hoͤle eines alten Palmbaums,
mit geſchloßnen Augen und den Kopf zwiſchen den
Knien, ſo lange in der nehmlichen Poſtur ſizen bleiben,
biß ich, allen meinen Sinnen zu troz, mir einbilde,
daß ich nicht mehr bin! ‒‒ Diß war ein hartes Ge-
luͤbde; auch hielt ſich Hippias ſehr uͤberzeugt, daß
es ſo weit nicht kommen wuͤrde, und damit er keine
Zeit verſaͤumen moͤchte; ſo machte er noch an dem-
ſelbigen Tag Anſtalt, ſeinen Anſchlag auszufuͤhren.
Zweytes Capitel.
Hippias ſtattet einer Dame einen
Beſuch ab.
Die Damen zu Smyrna hatten damals eine Gewohn-
heit, welche ihrer Schoͤnheit mehr Ehre machte als
ihrer Sittſamkeit. Sie pflegten ſich in den warmen
Monaten gemeiniglich alle Nachmittage eines kuͤhlenden
Bades zu bedienen, und, um keine lange Weile zu ha-
ben, nahmen ſie um dieſe Zeit die Beſuche derjenigen
Mannsperſonen an, die das Recht eines freyen Zu-
tritts in ihren Haͤuſern hatten. Dieſe Gewohnheit war
in Smyrna eben ſo unſchuldig als es der Gebrauch
bey unſern weſtlichen Nachbarinnen iſt, Mannsperſonen
bey der Toilette um ſich zu haben; auch kam dieſe Frey-
heit
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