Erstes Capitel. Geheimer Anschlag, den Hippias gegen die Tugend unsers Helden macht.
Wir vermuthen, daß es einigen Lesern scheinen wer- de, Hippias habe in seinem Discurs bey Agathon ei- nen grössern Mangel von Erfahrung und Kenntniß der Welt vorausgesezt, als er, nach allem, was bereits mit ihm vorgegangen war, haben konnte. Wir müs- sen also znr Entschuldigung dieses Weisen sagen, daß Agathon, aus Ursachen die uns unbekannt geblieben, für gut befunden habe, von dem glänzenden Theil sei- ner Begebenheiten, und sogar von seinem Namen ein Geheimniß zu machen. Denn sein Name war durch die Rolle, die er zu Athen gespielt hatte, in den grie- chischen Städten allzubekannt worden, als daß er es nicht auch dem Hippias hätte seyn sollen; ob dieser gleich, seit dem er in Smyrna wohnte, sich wenig um die Staatsangelegenheiten der Griechen bekümmerte, die er in den Händen seiner Freunde und Schüler ganz
wohl
Agathon. Viertes Buch.
Erſtes Capitel. Geheimer Anſchlag, den Hippias gegen die Tugend unſers Helden macht.
Wir vermuthen, daß es einigen Leſern ſcheinen wer- de, Hippias habe in ſeinem Diſcurs bey Agathon ei- nen groͤſſern Mangel von Erfahrung und Kenntniß der Welt vorausgeſezt, als er, nach allem, was bereits mit ihm vorgegangen war, haben konnte. Wir muͤſ- ſen alſo znr Entſchuldigung dieſes Weiſen ſagen, daß Agathon, aus Urſachen die uns unbekannt geblieben, fuͤr gut befunden habe, von dem glaͤnzenden Theil ſei- ner Begebenheiten, und ſogar von ſeinem Namen ein Geheimniß zu machen. Denn ſein Name war durch die Rolle, die er zu Athen geſpielt hatte, in den grie- chiſchen Staͤdten allzubekannt worden, als daß er es nicht auch dem Hippias haͤtte ſeyn ſollen; ob dieſer gleich, ſeit dem er in Smyrna wohnte, ſich wenig um die Staatsangelegenheiten der Griechen bekuͤmmerte, die er in den Haͤnden ſeiner Freunde und Schuͤler ganz
wohl
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0154"n="132"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Agathon.<lb/>
Viertes Buch.</hi></hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Erſtes Capitel.</hi><lb/>
Geheimer Anſchlag, den Hippias gegen die<lb/>
Tugend unſers Helden macht.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">W</hi>ir vermuthen, daß es einigen Leſern ſcheinen wer-<lb/>
de, Hippias habe in ſeinem Diſcurs bey Agathon ei-<lb/>
nen groͤſſern Mangel von Erfahrung und Kenntniß der<lb/>
Welt vorausgeſezt, als er, nach allem, was bereits<lb/>
mit ihm vorgegangen war, haben konnte. Wir muͤſ-<lb/>ſen alſo znr Entſchuldigung dieſes Weiſen ſagen, daß<lb/>
Agathon, aus Urſachen die uns unbekannt geblieben,<lb/>
fuͤr gut befunden habe, von dem glaͤnzenden Theil ſei-<lb/>
ner Begebenheiten, und ſogar von ſeinem Namen ein<lb/>
Geheimniß zu machen. Denn ſein Name war durch<lb/>
die Rolle, die er zu Athen geſpielt hatte, in den grie-<lb/>
chiſchen Staͤdten allzubekannt worden, als daß er es<lb/>
nicht auch dem Hippias haͤtte ſeyn ſollen; ob dieſer<lb/>
gleich, ſeit dem er in Smyrna wohnte, ſich wenig um<lb/>
die Staatsangelegenheiten der Griechen bekuͤmmerte,<lb/>
die er in den Haͤnden ſeiner Freunde und Schuͤler ganz<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wohl</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[132/0154]
Agathon.
Viertes Buch.
Erſtes Capitel.
Geheimer Anſchlag, den Hippias gegen die
Tugend unſers Helden macht.
Wir vermuthen, daß es einigen Leſern ſcheinen wer-
de, Hippias habe in ſeinem Diſcurs bey Agathon ei-
nen groͤſſern Mangel von Erfahrung und Kenntniß der
Welt vorausgeſezt, als er, nach allem, was bereits
mit ihm vorgegangen war, haben konnte. Wir muͤſ-
ſen alſo znr Entſchuldigung dieſes Weiſen ſagen, daß
Agathon, aus Urſachen die uns unbekannt geblieben,
fuͤr gut befunden habe, von dem glaͤnzenden Theil ſei-
ner Begebenheiten, und ſogar von ſeinem Namen ein
Geheimniß zu machen. Denn ſein Name war durch
die Rolle, die er zu Athen geſpielt hatte, in den grie-
chiſchen Staͤdten allzubekannt worden, als daß er es
nicht auch dem Hippias haͤtte ſeyn ſollen; ob dieſer
gleich, ſeit dem er in Smyrna wohnte, ſich wenig um
die Staatsangelegenheiten der Griechen bekuͤmmerte,
die er in den Haͤnden ſeiner Freunde und Schuͤler ganz
wohl
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon01_1766/154>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.