Das Wesen der geschlechtlichen Fortpflanzung beruht also auf der Vermischung je zweier individuell verschiedener Ver- erbungstendenzen, oder materiell gesprochen, auf der Vereini- gung zweier Vererbungssubstanzen in der Anlage zu einem Individuum. Es wird sich nun zunächst darum handeln, zu untersuchen, in welcher Art und Weise diese Combinirung der Vererbungssubstanzen die Zusammensetzung des Keimplasma's beeinflussen muss.
Capitel VIII. Veränderung des Keimplasma's durch Amphimixis.
1. Die Nothwendigkeit einer Halbirung des Keimplasma's.
Durch einmalige Amphimixis werden die Vererbungssub- stanzen zweier verschiedener Individuen, der Eltern, zu einer, der des Kindes vereinigt. Wiederholt sich die Amphimixis in jeder Generation, so müsste jedesmal eine Verdoppelung solcher, individuell verschiedener Vererbungssubstanzen stattfinden, ja auch die Masse des Keimplasma's und die Zahl der Idanten müsste jedesmal aufs Doppelte anwachsen. Dies kann nicht stattfinden und findet thatsächlich nicht statt, indem die Idanten- zahl bei jeder Art durch alle Generationen hindurch dieselbe bleibt. Es muss also der unbegrenzten Vermehrung des Keim- plasma's in irgend einer Weise vorgebeugt sein.
Möglicherweise könnte die Masse des Keimplasma's dadurch auf immer gleicher Höhe erhalten werden, dass dieselbe in den jungen Keimzellen nur bis zur halben Normalmenge heran- wüchse. Wenn man -- entgegen der hier vertretenen Keim- plasma-Theorie -- das Idioplasma sich nur aus kleinsten Lebens- theilchen zusammengesetzt denkt, aus "Pangenen", "Anlagen"
Das Wesen der geschlechtlichen Fortpflanzung beruht also auf der Vermischung je zweier individuell verschiedener Ver- erbungstendenzen, oder materiell gesprochen, auf der Vereini- gung zweier Vererbungssubstanzen in der Anlage zu einem Individuum. Es wird sich nun zunächst darum handeln, zu untersuchen, in welcher Art und Weise diese Combinirung der Vererbungssubstanzen die Zusammensetzung des Keimplasma’s beeinflussen muss.
Capitel VIII. Veränderung des Keimplasma’s durch Amphimixis.
1. Die Nothwendigkeit einer Halbirung des Keimplasma’s.
Durch einmalige Amphimixis werden die Vererbungssub- stanzen zweier verschiedener Individuen, der Eltern, zu einer, der des Kindes vereinigt. Wiederholt sich die Amphimixis in jeder Generation, so müsste jedesmal eine Verdoppelung solcher, individuell verschiedener Vererbungssubstanzen stattfinden, ja auch die Masse des Keimplasma’s und die Zahl der Idanten müsste jedesmal aufs Doppelte anwachsen. Dies kann nicht stattfinden und findet thatsächlich nicht statt, indem die Idanten- zahl bei jeder Art durch alle Generationen hindurch dieselbe bleibt. Es muss also der unbegrenzten Vermehrung des Keim- plasma’s in irgend einer Weise vorgebeugt sein.
Möglicherweise könnte die Masse des Keimplasma’s dadurch auf immer gleicher Höhe erhalten werden, dass dieselbe in den jungen Keimzellen nur bis zur halben Normalmenge heran- wüchse. Wenn man — entgegen der hier vertretenen Keim- plasma-Theorie — das Idioplasma sich nur aus kleinsten Lebens- theilchen zusammengesetzt denkt, aus „Pangenen“, „Anlagen“
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[308/0332]
Das Wesen der geschlechtlichen Fortpflanzung beruht also
auf der Vermischung je zweier individuell verschiedener Ver-
erbungstendenzen, oder materiell gesprochen, auf der Vereini-
gung zweier Vererbungssubstanzen in der Anlage zu
einem Individuum. Es wird sich nun zunächst darum handeln,
zu untersuchen, in welcher Art und Weise diese Combinirung
der Vererbungssubstanzen die Zusammensetzung des Keimplasma’s
beeinflussen muss.
Capitel VIII.
Veränderung des Keimplasma’s durch
Amphimixis.
1. Die Nothwendigkeit einer Halbirung des Keimplasma’s.
Durch einmalige Amphimixis werden die Vererbungssub-
stanzen zweier verschiedener Individuen, der Eltern, zu einer,
der des Kindes vereinigt. Wiederholt sich die Amphimixis in
jeder Generation, so müsste jedesmal eine Verdoppelung solcher,
individuell verschiedener Vererbungssubstanzen stattfinden, ja
auch die Masse des Keimplasma’s und die Zahl der Idanten
müsste jedesmal aufs Doppelte anwachsen. Dies kann nicht
stattfinden und findet thatsächlich nicht statt, indem die Idanten-
zahl bei jeder Art durch alle Generationen hindurch dieselbe
bleibt. Es muss also der unbegrenzten Vermehrung des Keim-
plasma’s in irgend einer Weise vorgebeugt sein.
Möglicherweise könnte die Masse des Keimplasma’s dadurch
auf immer gleicher Höhe erhalten werden, dass dieselbe in den
jungen Keimzellen nur bis zur halben Normalmenge heran-
wüchse. Wenn man — entgegen der hier vertretenen Keim-
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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/332>, abgerufen am 21.11.2024.
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