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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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sität verleiten/ den Brieffen nach zu suchen/
wiewohl er fand keinen/ als den neulichsten/
welcher dieses Jnhalts war.

Liebster Besitzer meiner verliebten Ge-
dancken.

Nach dem ich die Bitterkeit der Liebe satt-
sam empfunden/ wäre es Zeit/ daß ich durch
einige Süssigkeit erfreuet würde. Wie lan-
ge ist es/ daß ich mein Hertz und meine Seele
in fremden Ländern herumb schweben lasse?
und wie lange soll ich meine Hoffnung noch
auffschieben. Ach mein Kind! weist du was
mir vor Gedancken einfallen? Ach die Liebe
ist furchtsam/ drumb halt mir auch meine
Furcht zu gute/ denn es scheinet/ als wäre die
versprochene und mit so vielen Eydschwüren
bekräfftigte Liebe/ etwas kaltsinnig worden.
Wäre es so wohl in meiner Gewalt/ dir zu-
folgen/ als du Gelegenheit hast mich zu suchen/
ach ich wolte den Adlern die Flügel abborgen/
und zu dir eylen. Nun bleibst du an einem
Orte/ da du erweisest/ daß du ohne mich
vergnügt leben kanst. Wir armen Weibes-
bilder lassen uns die Leichtgläubigkeit offt übel
belohnen/ der gütige Himmel helffe/ daß ich
solches nicht durch mein Exempel bestätigen
müsse. Doch komm Ende/ komm Tod/ und

ver-


ſitaͤt verleiten/ den Brieffen nach zu ſuchen/
wiewohl er fand keinen/ als den neulichſten/
welcher dieſes Jnhalts war.

Liebſter Beſitzer meiner verliebten Ge-
dancken.

Nach dem ich die Bitterkeit der Liebe ſatt-
ſam empfunden/ waͤre es Zeit/ daß ich durch
einige Suͤſſigkeit erfreuet wuͤrde. Wie lan-
ge iſt es/ daß ich mein Hertz und meine Seele
in fremden Laͤndern herumb ſchweben laſſe?
und wie lange ſoll ich meine Hoffnung noch
auffſchieben. Ach mein Kind! weiſt du was
mir vor Gedancken einfallen? Ach die Liebe
iſt furchtſam/ drumb halt mir auch meine
Furcht zu gute/ denn es ſcheinet/ als waͤre die
verſprochene und mit ſo vielen Eydſchwuͤren
bekraͤfftigte Liebe/ etwas kaltſinnig worden.
Waͤre es ſo wohl in meiner Gewalt/ dir zu-
folgen/ als du Gelegenheit haſt mich zu ſuchen/
ach ich wolte den Adlern die Fluͤgel abborgen/
und zu dir eylen. Nun bleibſt du an einem
Orte/ da du erweiſeſt/ daß du ohne mich
vergnuͤgt leben kanſt. Wir armen Weibes-
bilder laſſen uns die Leichtglaͤubigkeit offt uͤbel
belohnen/ der guͤtige Himmel helffe/ daß ich
ſolches nicht durch mein Exempel beſtaͤtigen
muͤſſe. Doch komm Ende/ komm Tod/ und

ver-
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[377/0383] ſitaͤt verleiten/ den Brieffen nach zu ſuchen/ wiewohl er fand keinen/ als den neulichſten/ welcher dieſes Jnhalts war. Liebſter Beſitzer meiner verliebten Ge- dancken. Nach dem ich die Bitterkeit der Liebe ſatt- ſam empfunden/ waͤre es Zeit/ daß ich durch einige Suͤſſigkeit erfreuet wuͤrde. Wie lan- ge iſt es/ daß ich mein Hertz und meine Seele in fremden Laͤndern herumb ſchweben laſſe? und wie lange ſoll ich meine Hoffnung noch auffſchieben. Ach mein Kind! weiſt du was mir vor Gedancken einfallen? Ach die Liebe iſt furchtſam/ drumb halt mir auch meine Furcht zu gute/ denn es ſcheinet/ als waͤre die verſprochene und mit ſo vielen Eydſchwuͤren bekraͤfftigte Liebe/ etwas kaltſinnig worden. Waͤre es ſo wohl in meiner Gewalt/ dir zu- folgen/ als du Gelegenheit haſt mich zu ſuchen/ ach ich wolte den Adlern die Fluͤgel abborgen/ und zu dir eylen. Nun bleibſt du an einem Orte/ da du erweiſeſt/ daß du ohne mich vergnuͤgt leben kanſt. Wir armen Weibes- bilder laſſen uns die Leichtglaͤubigkeit offt uͤbel belohnen/ der guͤtige Himmel helffe/ daß ich ſolches nicht durch mein Exempel beſtaͤtigen muͤſſe. Doch komm Ende/ komm Tod/ und ver-

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/383>, abgerufen am 21.12.2024.