Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

Bild:
<< vorherige Seite


Kauffmann mit seinen Sonnen-krämgen zu rech-
te kommt/ das sieht man alle Tage. Absonder-
lich ist in dem Bücherschreiben so eine Menge/
die fast im Franckfurter Catalogo nicht mehr
Raum hat/ und doch wenn man die Liederli-
chen Tractaten mit den stoltzen Titeln ansieht/
so hätte mancher mögen zu hause bleiben/ ehe
er in der That erwiesen/ daß er sich zum Bü-
cherschreiben schicke/ wie die Kuh zum Orgel-
schlaggen. Jn solchen Reden vergieng eine
Stunde nach der andern/ und verwunderten
sich alle/ wo doch der Schneider blibe. Endlich
kam er/ und entschuldigte sich/ er hätte gerne
eher kommen wollen; allein es sey ihm im
Heraußgehen zu erst eine alte Frau begegnet/
und weil er auß der Erfahrung wüste/ daß sol-
ches lauter Unglück bedeute/ so habe er noth-
wendig müssen zurücke gehen. Gelanor lachte
über die Entschuldigung/ und weil es bald
Tischzeit war/ bestellte er den Schnipschnap
nach der Mahlzeit wieder zu sich.

CAP. XXVI.

UBer dem essen gedachte Gelanor an den
alten Gänse-Glauben/ welchen er an
dem Schneider observiret, und belustigte sich

treff-


Kauffmañ mit ſeinẽ Soñen-kraͤmgen zu rech-
te kom̃t/ das ſieht man alle Tage. Abſonder-
lich iſt in dem Buͤcherſchreiben ſo eine Menge/
die faſt im Franckfurter Catalogo nicht mehr
Raum hat/ und doch wenn man die Liederli-
chen Tractaten mit den ſtoltzen Titeln anſieht/
ſo haͤtte mancher moͤgen zu hauſe bleiben/ ehe
er in der That erwieſen/ daß er ſich zum Buͤ-
cherſchreiben ſchicke/ wie die Kuh zum Orgel-
ſchlaggen. Jn ſolchen Reden vergieng eine
Stunde nach der andern/ und verwunderten
ſich alle/ wo doch der Schneider blibe. Endlich
kam er/ und entſchuldigte ſich/ er haͤtte gerne
eher kommen wollen; allein es ſey ihm im
Heraußgehen zu erſt eine alte Frau begegnet/
und weil er auß der Erfahrung wuͤſte/ daß ſol-
ches lauter Ungluͤck bedeute/ ſo habe er noth-
wendig muͤſſen zuruͤcke gehen. Gelanor lachte
uͤber die Entſchuldigung/ und weil es bald
Tiſchzeit war/ beſtellte er den Schnipſchnap
nach der Mahlzeit wieder zu ſich.

CAP. XXVI.

UBer dem eſſen gedachte Gelanor an den
alten Gaͤnſe-Glauben/ welchen er an
dem Schneider obſerviret, und beluſtigte ſich

treff-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0228" n="222"/><lb/>
Kauffman&#x0303; mit &#x017F;eine&#x0303; Son&#x0303;en-kra&#x0364;mgen zu rech-<lb/>
te kom&#x0303;t/ das &#x017F;ieht man alle Tage. Ab&#x017F;onder-<lb/>
lich i&#x017F;t in dem Bu&#x0364;cher&#x017F;chreiben &#x017F;o eine Menge/<lb/>
die fa&#x017F;t im Franckfurter <hi rendition="#aq">Catalogo</hi> nicht mehr<lb/>
Raum hat/ und doch wenn man die Liederli-<lb/>
chen Tractaten mit den &#x017F;toltzen Titeln an&#x017F;ieht/<lb/>
&#x017F;o ha&#x0364;tte mancher mo&#x0364;gen zu hau&#x017F;e bleiben/ ehe<lb/>
er in der That erwie&#x017F;en/ daß er &#x017F;ich zum Bu&#x0364;-<lb/>
cher&#x017F;chreiben &#x017F;chicke/ wie die Kuh zum Orgel-<lb/>
&#x017F;chlaggen. Jn &#x017F;olchen Reden vergieng eine<lb/>
Stunde nach der andern/ und verwunderten<lb/>
&#x017F;ich alle/ wo doch der Schneider blibe. Endlich<lb/>
kam er/ und ent&#x017F;chuldigte &#x017F;ich/ er ha&#x0364;tte gerne<lb/>
eher kommen wollen; allein es &#x017F;ey ihm im<lb/>
Heraußgehen zu er&#x017F;t eine alte Frau begegnet/<lb/>
und weil er auß der Erfahrung wu&#x0364;&#x017F;te/ daß &#x017F;ol-<lb/>
ches lauter Unglu&#x0364;ck bedeute/ &#x017F;o habe er noth-<lb/>
wendig mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en zuru&#x0364;cke gehen. <hi rendition="#aq">Gelanor</hi> lachte<lb/>
u&#x0364;ber die Ent&#x017F;chuldigung/ und weil es bald<lb/>
Ti&#x017F;chzeit war/ be&#x017F;tellte er den Schnip&#x017F;chnap<lb/>
nach der Mahlzeit wieder zu &#x017F;ich.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">CAP</hi>. XXVI</hi>.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">U</hi>Ber dem e&#x017F;&#x017F;en gedachte <hi rendition="#aq">Gelanor</hi> an den<lb/>
alten Ga&#x0364;n&#x017F;e-Glauben/ welchen er an<lb/>
dem Schneider <hi rendition="#aq">ob&#x017F;erviret,</hi> und belu&#x017F;tigte &#x017F;ich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">treff-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[222/0228] Kauffmañ mit ſeinẽ Soñen-kraͤmgen zu rech- te kom̃t/ das ſieht man alle Tage. Abſonder- lich iſt in dem Buͤcherſchreiben ſo eine Menge/ die faſt im Franckfurter Catalogo nicht mehr Raum hat/ und doch wenn man die Liederli- chen Tractaten mit den ſtoltzen Titeln anſieht/ ſo haͤtte mancher moͤgen zu hauſe bleiben/ ehe er in der That erwieſen/ daß er ſich zum Buͤ- cherſchreiben ſchicke/ wie die Kuh zum Orgel- ſchlaggen. Jn ſolchen Reden vergieng eine Stunde nach der andern/ und verwunderten ſich alle/ wo doch der Schneider blibe. Endlich kam er/ und entſchuldigte ſich/ er haͤtte gerne eher kommen wollen; allein es ſey ihm im Heraußgehen zu erſt eine alte Frau begegnet/ und weil er auß der Erfahrung wuͤſte/ daß ſol- ches lauter Ungluͤck bedeute/ ſo habe er noth- wendig muͤſſen zuruͤcke gehen. Gelanor lachte uͤber die Entſchuldigung/ und weil es bald Tiſchzeit war/ beſtellte er den Schnipſchnap nach der Mahlzeit wieder zu ſich. CAP. XXVI. UBer dem eſſen gedachte Gelanor an den alten Gaͤnſe-Glauben/ welchen er an dem Schneider obſerviret, und beluſtigte ſich treff-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/228
Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/228>, abgerufen am 21.11.2024.