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Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.

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Capitel. derer Personen ins gemein.
ehe vermercket hätte/ würde man unsäglich viel Schul-Streits von
solchen Dingen überhaben gewesen seyn.

§. 5. Die Qualitäten eines ieden Dinges sind so wohl im na-
türlichen/ als Moralischen Geschlecht/ entweder nur ein blosser Stand
(Status) eines gegen das andere; oder gleichsam eine Thätigkeit
(Actus.) Dahero/ wann wir von eines Menschen seiner Beschaffen-
heit eigentliche Nachricht haben wollen/ so sagen wir: wie stehts?
wie gehts? dadurch wir zuverstehen geben/ daß wir so wohl seine Qua-
litäten und Beschaffenheiten/ den Stand und Gang/ als auch mit dem
Wort wie? die Quantität und das eigentliche Maß derselben Be-
schaffenheiten/ zuerforschen trachten.

§. 6. Die Thätigkeit (Actus) eines Dings wird be-
trachtet entweder nach ihrem Ursprung/ oder nach ihrer Würckung.

wann man siebetrachtet nach ihren Ursprung/ wird sie Lateinisch Actus
primus
genannt/ zu Teutsch könte mans die Geschicklig-
keit
eines Dinges zur würcklichen Thätigkeit heissen. Diese
wird nun betrachtet/
entweder setzlich (positive)
oder änderlich/ (remotive.)
Setzlich/ das ist/ in dem man was setzet/ betrachtet/ ist sie
entweder objectiva, die Vorständigkeit/ dadurch etwas
geschickt ist/ so oder so/ vor sich oder gegen andere/ sich vor-
und darzustellen/ und zwar
(1.) entweder bloß/ als eine Gestaltsamkeit/ (consti-
tutio.
)
(2.) oder empfänglich und mercklich/ als eine Fühlbar-
keit/
(patibilitas) oder Geschickligkeit so und so em-
pfangen zuwerden. Jene/ nemlich die blosse Gestalt-
samkeit/ beziehet sich nur auff die Sache selbst/ die also
gestalt/ und vorständig ist; Diese aber/ nemlich die
Fühlbarkeit/ beziehet sich zugleich auch auff eine em-
pfangende Kraft welche mehrentheils ausser der also
gestalten Sache sich befindet.
oder formalis, die Krafft/ Potentia, dadurch etwas geschickt
ist/ so und so
(3.)
G iij

Capitel. derer Perſonen ins gemein.
ehe vermercket haͤtte/ wuͤrde man unſaͤglich viel Schul-Streits von
ſolchen Dingen uͤberhaben geweſen ſeyn.

§. 5. Die Qualitaͤten eines ieden Dinges ſind ſo wohl im na-
tuͤrlichen/ als Moraliſchen Geſchlecht/ entweder nur ein bloſſer Stand
(Status) eines gegen das andere; oder gleichſam eine Thaͤtigkeit
(Actus.) Dahero/ wann wir von eines Menſchen ſeiner Beſchaffen-
heit eigentliche Nachricht haben wollen/ ſo ſagen wir: wie ſtehts?
wie gehts? dadurch wir zuverſtehen geben/ daß wir ſo wohl ſeine Qua-
litaͤten und Beſchaffenheiten/ den Stand und Gang/ als auch mit dem
Wort wie? die Quantitaͤt und das eigentliche Maß derſelben Be-
ſchaffenheiten/ zuerforſchen trachten.

§. 6. Die Thaͤtigkeit (Actus) eines Dings wird be-
trachtet entweder nach ihrem Urſprung/ oder nach ihrer Wuͤrckung.

wañ man ſiebetrachtet nach ihrẽ Urſprung/ wird ſie Lateiniſch Actus
primus
genannt/ zu Teutſch koͤnte mans die Geſchicklig-
keit
eines Dinges zur wuͤrcklichen Thaͤtigkeit heiſſen. Dieſe
wird nun betrachtet/
♉ entweder ſetzlich (poſitivè)
♏ oder aͤnderlich/ (remotivè.)
♉ Setzlich/ das iſt/ in dem man was ſetzet/ betrachtet/ iſt ſie
♊ entweder objectiva, die Vorſtaͤndigkeit/ dadurch etwas
geſchickt iſt/ ſo oder ſo/ vor ſich oder gegen andere/ ſich vor-
und darzuſtellen/ und zwar
(1.) ♋ entweder bloß/ als eine Geſtaltſamkeit/ (conſti-
tutio.
)
(2.) oder empfaͤnglich und mercklich/ als eine Fuͤhlbar-
keit/
(patibilitas) oder Geſchickligkeit ſo und ſo em-
pfangen zuwerden. Jene/ nemlich die bloſſe Geſtalt-
ſamkeit/ beziehet ſich nur auff die Sache ſelbſt/ die alſo
geſtalt/ und vorſtaͤndig iſt; Dieſe aber/ nemlich die
Fuͤhlbarkeit/ beziehet ſich zugleich auch auff eine em-
pfangende Kraft welche mehrentheils auſſer der alſo
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iſt/ ſo und ſo
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G iij
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[53/0063] Capitel. derer Perſonen ins gemein. ehe vermercket haͤtte/ wuͤrde man unſaͤglich viel Schul-Streits von ſolchen Dingen uͤberhaben geweſen ſeyn. §. 5. Die Qualitaͤten eines ieden Dinges ſind ſo wohl im na- tuͤrlichen/ als Moraliſchen Geſchlecht/ entweder nur ein bloſſer Stand (Status) eines gegen das andere; oder gleichſam eine Thaͤtigkeit (Actus.) Dahero/ wann wir von eines Menſchen ſeiner Beſchaffen- heit eigentliche Nachricht haben wollen/ ſo ſagen wir: wie ſtehts? wie gehts? dadurch wir zuverſtehen geben/ daß wir ſo wohl ſeine Qua- litaͤten und Beſchaffenheiten/ den Stand und Gang/ als auch mit dem Wort wie? die Quantitaͤt und das eigentliche Maß derſelben Be- ſchaffenheiten/ zuerforſchen trachten. §. 6. Die Thaͤtigkeit (Actus) eines Dings wird be- trachtet entweder nach ihrem Urſprung/ oder nach ihrer Wuͤrckung. wañ man ſiebetrachtet nach ihrẽ Urſprung/ wird ſie Lateiniſch Actus primus genannt/ zu Teutſch koͤnte mans die Geſchicklig- keit eines Dinges zur wuͤrcklichen Thaͤtigkeit heiſſen. Dieſe wird nun betrachtet/ ♉ entweder ſetzlich (poſitivè) ♏ oder aͤnderlich/ (remotivè.) ♉ Setzlich/ das iſt/ in dem man was ſetzet/ betrachtet/ iſt ſie ♊ entweder objectiva, die Vorſtaͤndigkeit/ dadurch etwas geſchickt iſt/ ſo oder ſo/ vor ſich oder gegen andere/ ſich vor- und darzuſtellen/ und zwar (1.) ♋ entweder bloß/ als eine Geſtaltſamkeit/ (conſti- tutio.) (2.) ♑ oder empfaͤnglich und mercklich/ als eine Fuͤhlbar- keit/ (patibilitas) oder Geſchickligkeit ſo und ſo em- pfangen zuwerden. Jene/ nemlich die bloſſe Geſtalt- ſamkeit/ beziehet ſich nur auff die Sache ſelbſt/ die alſo geſtalt/ und vorſtaͤndig iſt; Dieſe aber/ nemlich die Fuͤhlbarkeit/ beziehet ſich zugleich auch auff eine em- pfangende Kraft welche mehrentheils auſſer der alſo geſtalten Sache ſich befindet. ♐ oder formalis, die Krafft/ Potentia, dadurch etwas geſchickt iſt/ ſo und ſo (3.) ♊ G iij

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Zitationshilfe: Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/63>, abgerufen am 26.04.2024.