Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weigel, Valentin: Gnothi seavton Oder cognosce teipsum genandt. Das Newe Erkenne dich selbst. Bd. 3. Neustadt, 1618.

Bild:
<< vorherige Seite

Dritter Theil deß
bath verachtet/ auß GOTT in silentio nicht haben
warten wollen/ dargegen der falsche Theologus der
solche Schrifft studiret vnnd lieset ist blind/ mag nicht
sehen das helle Liecht/ wenn er studiren sol/ sag ich/ Gott
der HErr pflantzet einen Lust Garten vnd setzet den Men-
schen darein etc. Der suchet was seine Praeceptores oder
Väter darvon sagen/ findet nichts/ oder ja eine Lügen/
begehret nicht weiter zu studiren/ disputiret deloco Pa-
radysi,
Es sey vber den Monden/ denn die Sündfluth
hett es sonsten hinweg gewaschen/ ist wie Jener der
seyn Roß suchte vnnd saß doch drauff/ sprach zu einem
lieber hastu nicht meine Grawe gesehen? Der antwor-
tet jhme/ du Narr sitzestu doch drauff/ Also hette der fal-
sche Theologus eben so wol das in sich/ darauß er ge-
macht ist/ er wil sich aber selber nicht erkennen lernen/
begehret auch nicht das man jhn zu sich selber leite vnnd
fuhre. Darumb dappet er wie ein Blinder an der Wandt
suchet hin vnnd wider bey den Seribenten eine Außlegung
nach der andern/ vnd was sie sagen das glaubeter/ als
wehren es eitel Oracula.

Also geschicht vnns Armen Leuten/ daß wir das
Liecht bey der Finsterniß suchen wollen die Warheit auß
dem verlogenen Maul holen wollen/ vnnd GOTT
hette vnns Liechtes genug geben/ wir aber verzweiffeln
an GOTT vnnd wollen nicht erwachen in dem Scha-
2. Cor. 4.tze/ das GOTT in das jrrdische Gefäß gelegt hat.
Jtem der wahre Theologus nimbt für sich zu lesen/ zu
studiren Gen: 2.

Gott gebot den Menschen vnd sprach: Von allen
Bäumen im Garten magstu essen/ aber vom Baum deß

Erkent-

Dritter Theil deß
bath verachtet/ auß GOTT in ſilentio nicht haben
warten wollen/ dargegen der falſche Theologus der
ſolche Schrifft ſtudiret vnnd lieſet iſt blind/ mag nicht
ſehen das helle Liecht/ wenn er ſtudiren ſol/ ſag ich/ Gott
der HErr pflantzet einen Luſt Garten vnd ſetzet den Men-
ſchen darein etc. Der ſuchet was ſeine Præceptores oder
Vaͤter darvon ſagen/ findet nichts/ oder ja eine Luͤgen/
begehret nicht weiter zu ſtudiren/ diſputiret deloco Pa-
radyſi,
Es ſey vber den Monden/ denn die Suͤndfluth
hett es ſonſten hinweg gewaſchen/ iſt wie Jener der
ſeyn Roß ſuchte vnnd ſaß doch drauff/ ſprach zu einem
lieber haſtu nicht meine Grawe geſehen? Der antwor-
tet jhme/ du Narr ſitzeſtu doch drauff/ Alſo hette der fal-
ſche Theologus eben ſo wol das in ſich/ darauß er ge-
macht iſt/ er wil ſich aber ſelber nicht erkennen lernen/
begehret auch nicht das man jhn zu ſich ſelber leite vnnd
fůhre. Darumb dappet er wie ein Blinder an der Wandt
ſuchet hin vnnd wider bey den Seribenten eine Außlegung
nach der andern/ vnd was ſie ſagen das glaubeter/ als
wehren es eitel Oracula.

Alſo geſchicht vnns Armen Leuten/ daß wir das
Liecht bey der Finſterniß ſuchen wollen die Warheit auß
dem verlogenen Maul holen wollen/ vnnd GOTT
hette vnns Liechtes genug geben/ wir aber verzweiffeln
an GOTT vnnd wollen nicht erwachen in dem Scha-
2. Cor. 4.tze/ das GOTT in das jrrdiſche Gefaͤß gelegt hat.
Jtem der wahre Theologus nimbt fuͤr ſich zu leſen/ zu
ſtudiren Gen: 2.

Gott gebot den Menſchen vnd ſprach: Von allen
Baͤumen im Garten magſtu eſſen/ aber vom Baum deß

Erkent-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0028"/><fw place="top" type="header">Dritter Theil deß</fw><lb/>
bath verachtet/ auß <hi rendition="#g">GOTT</hi> <hi rendition="#aq">in &#x017F;ilentio</hi> nicht haben<lb/>
warten wollen/ dargegen der fal&#x017F;che <hi rendition="#aq">Theologus</hi> der<lb/>
&#x017F;olche Schrifft &#x017F;tudiret vnnd lie&#x017F;et i&#x017F;t blind/ mag nicht<lb/>
&#x017F;ehen das helle Liecht/ wenn er &#x017F;tudiren &#x017F;ol/ &#x017F;ag ich/ Gott<lb/>
der HErr pflantzet einen Lu&#x017F;t Garten vnd &#x017F;etzet den Men-<lb/>
&#x017F;chen darein etc. Der &#x017F;uchet was &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Præceptores</hi> oder<lb/>
Va&#x0364;ter darvon &#x017F;agen/ findet nichts/ oder ja eine Lu&#x0364;gen/<lb/>
begehret nicht weiter zu &#x017F;tudiren/ <hi rendition="#aq">di&#x017F;putiret deloco Pa-<lb/>
rady&#x017F;i,</hi> Es &#x017F;ey vber den Monden/ denn die Su&#x0364;ndfluth<lb/>
hett es &#x017F;on&#x017F;ten hinweg gewa&#x017F;chen/ i&#x017F;t wie Jener der<lb/>
&#x017F;eyn Roß &#x017F;uchte vnnd &#x017F;aß doch drauff/ &#x017F;prach zu einem<lb/>
lieber ha&#x017F;tu nicht meine Grawe ge&#x017F;ehen? Der antwor-<lb/>
tet jhme/ du Narr &#x017F;itze&#x017F;tu doch drauff/ Al&#x017F;o hette der fal-<lb/>
&#x017F;che <hi rendition="#aq">Theologus</hi> eben &#x017F;o wol das in &#x017F;ich/ darauß er ge-<lb/>
macht i&#x017F;t/ er wil &#x017F;ich aber &#x017F;elber nicht erkennen lernen/<lb/>
begehret auch nicht das man jhn zu &#x017F;ich &#x017F;elber leite vnnd<lb/>
f&#x016F;hre. Darumb dappet er wie ein Blinder an der Wandt<lb/>
&#x017F;uchet hin vnnd wider bey den Seribenten eine Außlegung<lb/>
nach der andern/ vnd was &#x017F;ie &#x017F;agen das glaubeter/ als<lb/>
wehren es eitel <hi rendition="#aq">Oracula.</hi></p><lb/>
        <p>Al&#x017F;o ge&#x017F;chicht vnns Armen Leuten/ daß wir das<lb/>
Liecht bey der Fin&#x017F;terniß &#x017F;uchen wollen die Warheit auß<lb/>
dem verlogenen Maul holen wollen/ vnnd <hi rendition="#g">GOTT</hi><lb/>
hette vnns Liechtes genug geben/ wir aber verzweiffeln<lb/>
an <hi rendition="#g">GOTT</hi> vnnd wollen nicht erwachen in dem Scha-<lb/><note place="left">2. Cor. 4.</note>tze/ das <hi rendition="#g">GOTT</hi> in das jrrdi&#x017F;che Gefa&#x0364;ß gelegt hat.<lb/>
Jtem der wahre <hi rendition="#aq">Theologus</hi> nimbt fu&#x0364;r &#x017F;ich zu le&#x017F;en/ zu<lb/>
&#x017F;tudiren Gen: 2.</p><lb/>
        <p>Gott gebot den Men&#x017F;chen vnd &#x017F;prach: Von allen<lb/>
Ba&#x0364;umen im Garten mag&#x017F;tu e&#x017F;&#x017F;en/ aber vom Baum deß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Erkent-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0028] Dritter Theil deß bath verachtet/ auß GOTT in ſilentio nicht haben warten wollen/ dargegen der falſche Theologus der ſolche Schrifft ſtudiret vnnd lieſet iſt blind/ mag nicht ſehen das helle Liecht/ wenn er ſtudiren ſol/ ſag ich/ Gott der HErr pflantzet einen Luſt Garten vnd ſetzet den Men- ſchen darein etc. Der ſuchet was ſeine Præceptores oder Vaͤter darvon ſagen/ findet nichts/ oder ja eine Luͤgen/ begehret nicht weiter zu ſtudiren/ diſputiret deloco Pa- radyſi, Es ſey vber den Monden/ denn die Suͤndfluth hett es ſonſten hinweg gewaſchen/ iſt wie Jener der ſeyn Roß ſuchte vnnd ſaß doch drauff/ ſprach zu einem lieber haſtu nicht meine Grawe geſehen? Der antwor- tet jhme/ du Narr ſitzeſtu doch drauff/ Alſo hette der fal- ſche Theologus eben ſo wol das in ſich/ darauß er ge- macht iſt/ er wil ſich aber ſelber nicht erkennen lernen/ begehret auch nicht das man jhn zu ſich ſelber leite vnnd fůhre. Darumb dappet er wie ein Blinder an der Wandt ſuchet hin vnnd wider bey den Seribenten eine Außlegung nach der andern/ vnd was ſie ſagen das glaubeter/ als wehren es eitel Oracula. Alſo geſchicht vnns Armen Leuten/ daß wir das Liecht bey der Finſterniß ſuchen wollen die Warheit auß dem verlogenen Maul holen wollen/ vnnd GOTT hette vnns Liechtes genug geben/ wir aber verzweiffeln an GOTT vnnd wollen nicht erwachen in dem Scha- tze/ das GOTT in das jrrdiſche Gefaͤß gelegt hat. Jtem der wahre Theologus nimbt fuͤr ſich zu leſen/ zu ſtudiren Gen: 2. 2. Cor. 4. Gott gebot den Menſchen vnd ſprach: Von allen Baͤumen im Garten magſtu eſſen/ aber vom Baum deß Erkent-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_gnothi03_1618
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_gnothi03_1618/28
Zitationshilfe: Weigel, Valentin: Gnothi seavton Oder cognosce teipsum genandt. Das Newe Erkenne dich selbst. Bd. 3. Neustadt, 1618, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_gnothi03_1618/28>, abgerufen am 27.04.2024.