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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

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[Spaltenumbruch] 33 'S flüügt keis Vogeli so hoch, 's chunt wid'r oba. (Bern.) - Zyro, 63.

Der Stolz wird gedemüthigt.

34 Wenn man Vöglein fangen soll, muss das Pfeiflein lauten wohl.

Frz.: L'oiseleur pour tromper l'oiseau, chante doux avec son pipeau. (Kritzinger, 488b.)

35 Wie du wilt, Vögelein, wiltu nicht essen, so stirb. - Petri, II, 789.

36 Wie klein die Vöglein seind, sie haben jhre Feind'.

"So klein und zart kein Vöglein war, es muss ausswarten gross Gefahr." (Froschm., AaVb.)

37 Zarti Vögeli hend zarti Schnäbeli. - Sutermeister, 137.

*38 Das vöglin lassen sorgen. - Franck, II, 74a; Gruter, I, 68; Eyering, I, 346; III, 141.

*39 Ein Vöglein hat mir's gesagt.

Wenn man nicht angeben will, woher man etwas wisse. (Pred. 10, 20.)

*40 Einem ein Vögelein von etwas singen lassen. (Ulm.)

*41 Er hät's wie's heirinäfe Vögeli, säb ist z'mitz in der Ernt' verfrore. - Sutermeister, 42.

*42 Er lässt gut Vöglein schalten und walten. - Parömiakon, 2277.

Wer sich um nichts bekümmert, sondern blos seinen Vergnügungen nachgeht.

*43 Er lod d' Vögeli sorge. (Luzern.)

Lebt leichtsinnig in den Tag hinein.

*44 Er meint, er hei e Vögili g'fange. (Schaffhausen.) - Schweiz, 168, 36.

Einen Gewinn gemacht oder, wie man in der Schweiz sagt, einen Schick gethan. (Stalder, II, 315.)

*45 So du ernerst ein vögelein, sein koot wird dein belohnung sein. - Sutor, 35.

Lat.: Qui volucrem nutrit, pro munere stercus habebit. (Loci comm., 11.)


Vögleinwohl.

* Es ist em vögeliwol. - Sutermeister, 49.

Auch hundswohl, sauwohl.


Vogler.

1 Des Voglers Pfeiff gar süss sang, da er thät den Vogelfang. - Limb. Chronik, 16.

Mhd.: Der vogeler suoze jefeifet e er den vogel begreifet. (H. von Meissen, Leiche, 317, 13.)

Lat.: Fistula dulce canit volucrem dum decipit auceps.

2 Ein Vogler unverdrossen hat es manchmal wohl genossen; und der ohne Unterlass seine Angel, hat niemals an den Fischen Mangel. - Zinkgref, IV, 337.

Lat.: Perge, precor, laetus coeptoque incumbe labori ut digna accipias proemia, perge precor. (Chaos, 456.)

3 Ein yeder vogler lobt sein kautzen. - Franck, I, 140a; Gruter, I, 26; Eiselein, 622; Simrock, 11021; Körte, 6339; Braun, I, 4821.

Ung.: Minden yziganc a' maga lovat ditseri. (Gaal, 1039.)

4 Jeder Vogler lobt sein Kautzen und jeder Mönch seine Kappe. - Klosterspiegel, 19, 23.

5 Vogler und Jäger sind üble Landpfleger. - Eiselein, 622; Simrock, 11020.

6 Wenn der Vogler am schönsten pfeift, ist ihm am wenigsten zu trauen.

Holl.: Als de vogelaar het zoetste fluit, is hij meestal het minst te vertrouwen. - De vogelaar fluit wonder mooi, totdat de vink is in de kooi. (Harrebomee, II, 402a.) - De vogelaar op bedriegen uit, den vogel lokt met zoete fluit. - Om den vink fluit de vogelaar. (Harrebomee, II, 383b.)


Vogt.

1 Bis du nig mer Vagd, so dreg die de Düvel, sagte der Bauer. (Holst.) - Schütze, IV, 295.

Um das Sprichwort zu erklären, muss man folgende holsteinische Anekdote wissen. Ein Vogt und Bauernschinder bat auf dem Wege, den ein zusammengelaufener Regenwasserfluss schied, einen bestiefelten Bauer, ihn durch den Fluss zu tragen. Der Bauer lud ihn auf den Rücken. Mitten im Flusse erzählte der Vogt seinem Träger, dass ihn der Gutsherr verabschiedet und seines Dienstes entlassen habe. Da sagte der Bauer, den er oft geschunden, und der nun keine Verbindlichkeit, aber Rache für ihn hatte, das obige zum Sprichwort gewordene Wort, und warf ihn ins Wasser.

2 Bist du mein Vuget nig mär, drag' ek dek ower det Water nich mär. - Schambach, II, 22.

Mit dem Verlust der Macht hören die Rücksichten [Spaltenumbruch] und Dienste seitens der ehemaligen Untergebenen auf. Das Sprichwort, das seine Erklärung in einer Anekdote findet (s. d.), charaktersirt die Amtsführung der Vögte, die im Gedächtniss des Volks kein gutes Andenken hinterlassen haben. (S. Gott 892.)

3 Der Vogt ist ein Knecht um seinen Lohn. - Graf, 517, 247.

Wer ein mit Besoldung oder Nutzungen verbundenes Amt hat, ist auch verpflichtet, die entsprechenden Dienste dafür zu leisten.

Mhd.: Der fogt ist eyn knecht vme synen lon. (Senckenberg, II, 117.)

4 Der Vogt ist ein Knecht und kein Herr. - Graf, 517, 247.

Durch den Lohn oder die Besoldung macht sich der Beamte zum Diener dessen, von dem er dieselbe empfängt. Wer das Lohn gibt, ist der Herr.

Mhd.: Der voit ist ein knecht und kein herr. (Senckenberg, II, 115.)

5 Der Vogt1 muss zweier Männer2 Wort hören. - Graf, 433, 273.

1) Der Richter (s. d. 54 u. 95).

2) Des Klägers wie des Beklagten. - In Bremen: De Voghet scal horen twi germanne word. (Oelrichs, 320.)

6 Die Vögte haben das Geld, die Herren den Beutel. - Petri, II, 107.

7 Mache dem Vogt den Sack, mache ihn (voll) wie ein Schweinemagen, er ist doch stets leer.

8 O Vogt, übe nicht Tyrannei, die Herrschaft währt nicht ewig.

9 Wo dem Vogte keine Klage geschieht, da wird ihm keine Busse. - Graf, 312, 272.

In dem Sinne: Wo kein Kläger ist, da ist auch kein Richter, folglich sind auch keine Gerichtsgebühren zu zahlen. "Swar dem voghede nen clage schut, daraf werd eme nen bote." (Pufendorf, II, 11.)

*10 Dem darf man auch kein Vogt mehr sitzen. (Saalgau.) - Birlinger, 1071.

*11 Es ward nie kein gut vogt geborn1. - Franck, II, 67a.

1) Momber und Pfleger.

*12 Für's ander lass du de Vogt geifere, er geifertet für die ganze G'meind. - Sutermeister, 21.

*13 Is dar ken Vogt im Dorpe? - Eichwald, 1983.

*14 Lass du nu de Vogt la gaufere. - Sutermeister, 21.

Fürs andere lass du den Vogt geifern, er geiferet für die ganz Gemeinde.


Vogtei.

* Eine Vogtei ist kein Lehen. - Graf, 557, 34.

Sie ist eine blosse Schutz- und Schirmgerechtigkeit.


Vogten.

Es konnt sich nicht besser vogten. - Graf, 516, 226.

Die Ansprüche an ein Amt sind stets in der Neigung begriffen.


Voigtland.

* Er wird ins Voigtland getragen.

In Zwickau um zu sagen: Er wird begraben; weil der zwickauer Kirchhof ehemals zum Voigtlande gehört haben soll. (S. Zwickauer.)


Völen.

Völen (fühlen) deit glöven. - Braun, I, 4791.


Volk.

1 Aus des Volkes Mark machen die Höfe Quark.

2 Besiegtem Volk ist nicht zu trauen.

Schwed.: Wunnet folk kan illa tros. (Grubb, 866.)

3 Bey seinem volck vnd vatterland kompt kein prophet zu ehrenstand.

Lat.: Nemo propheta sua magnus erit patria. (Loci comm., 155.)

4 Bi Gebrek van Volk word de Schneider Karkvogd. - Bueren, 79; Eichwald, 1770; Kern, 365.

In Ermangelung von andern Leuten. Der Volksschwank erzählt, dass ein Felnk ersten Ranges zu dem Ehrenposten eines Kirchenältesten gewählt wurde. Die Ehre sagte ihm zu; aber der Dienst, das Tragen des Klingelbeutels war ihm das Schwierigste bei der Sache. Als er sorgenschwer darüber nachsann, fiel ihm seine grosse Zipfelmütze in den Schos, die ihn ihrer Form nach an den Klingelbeutel erinnerte. Er stand sofort auf, ergriff eine zweizinkige Heugabel steckte sie auf die Zinken nahm eine faltenreiche Amtsmiene an, "as 'n Propp van 'n Suur pülle", und sah sich nach den geeigneten Vertretern der Kirchgänger um, um Probe zu gehen. Da er zufällig nach den Viehställen sah, so war es ihm sofort klar, an wen er sich zu wenden habe. Bedächtigen Ganges näherte er sich der ersten Kuh, klingelte pro formell und hielt ihr den Opferbeutel unter die Nase. Die Kuh sah ihn an, senkte aber den Kopf sofort wieder zum Heubündel, an dem

[Spaltenumbruch] 33 'S flüügt keis Vôgeli so hoch, 's chunt wid'r oba. (Bern.) – Zyro, 63.

Der Stolz wird gedemüthigt.

34 Wenn man Vöglein fangen soll, muss das Pfeiflein lauten wohl.

Frz.: L'oiseleur pour tromper l'oiseau, chante doux avec son pipeau. (Kritzinger, 488b.)

35 Wie du wilt, Vögelein, wiltu nicht essen, so stirb.Petri, II, 789.

36 Wie klein die Vöglein seind, sie haben jhre Feind'.

„So klein und zart kein Vöglein war, es muss ausswarten gross Gefahr.“ (Froschm., AaVb.)

37 Zarti Vögeli hend zarti Schnäbeli.Sutermeister, 137.

*38 Das vöglin lassen sorgen.Franck, II, 74a; Gruter, I, 68; Eyering, I, 346; III, 141.

*39 Ein Vöglein hat mir's gesagt.

Wenn man nicht angeben will, woher man etwas wisse. (Pred. 10, 20.)

*40 Einem ein Vögelein von etwas singen lassen. (Ulm.)

*41 Er hät's wie's heirinäfe Vögeli, säb ist z'mitz in der Ernt' verfrore.Sutermeister, 42.

*42 Er lässt gut Vöglein schalten und walten.Parömiakon, 2277.

Wer sich um nichts bekümmert, sondern blos seinen Vergnügungen nachgeht.

*43 Er lôd d' Vögeli sorge. (Luzern.)

Lebt leichtsinnig in den Tag hinein.

*44 Er meint, er hei e Vögili g'fange. (Schaffhausen.) – Schweiz, 168, 36.

Einen Gewinn gemacht oder, wie man in der Schweiz sagt, einen Schick gethan. (Stalder, II, 315.)

*45 So du ernerst ein vögelein, sein koot wird dein belohnung sein.Sutor, 35.

Lat.: Qui volucrem nutrit, pro munere stercus habebit. (Loci comm., 11.)


Vögleinwohl.

* Es ist em vögeliwol.Sutermeister, 49.

Auch hundswohl, sauwohl.


Vogler.

1 Des Voglers Pfeiff gar süss sang, da er thät den Vogelfang.Limb. Chronik, 16.

Mhd.: Der vogeler suoze jefîfet ê er den vogel begrîfet. (H. von Meissen, Leiche, 317, 13.)

Lat.: Fistula dulce canit volucrem dum decipit auceps.

2 Ein Vogler unverdrossen hat es manchmal wohl genossen; und der ohne Unterlass seine Angel, hat niemals an den Fischen Mangel.Zinkgref, IV, 337.

Lat.: Perge, precor, laetus coeptoque incumbe labori ut digna accipias proemia, perge precor. (Chaos, 456.)

3 Ein yeder vogler lobt sein kautzen.Franck, I, 140a; Gruter, I, 26; Eiselein, 622; Simrock, 11021; Körte, 6339; Braun, I, 4821.

Ung.: Minden yzigánc a' maga lovát ditséri. (Gaal, 1039.)

4 Jeder Vogler lobt sein Kautzen und jeder Mönch seine Kappe.Klosterspiegel, 19, 23.

5 Vogler und Jäger sind üble Landpfleger.Eiselein, 622; Simrock, 11020.

6 Wenn der Vogler am schönsten pfeift, ist ihm am wenigsten zu trauen.

Holl.: Als de vogelaar het zoetste fluit, is hij meestal het minst te vertrouwen. – De vogelaar fluit wonder mooi, totdat de vink is in de kooi. (Harrebomée, II, 402a.) – De vogelaar op bedriegen uit, den vogel lokt met zoete fluit. – Om den vink fluit de vogelaar. (Harrebomée, II, 383b.)


Vogt.

1 Bis du nig mêr Vagd, so drêg die de Düvel, sagte der Bauer. (Holst.) – Schütze, IV, 295.

Um das Sprichwort zu erklären, muss man folgende holsteinische Anekdote wissen. Ein Vogt und Bauernschinder bat auf dem Wege, den ein zusammengelaufener Regenwasserfluss schied, einen bestiefelten Bauer, ihn durch den Fluss zu tragen. Der Bauer lud ihn auf den Rücken. Mitten im Flusse erzählte der Vogt seinem Träger, dass ihn der Gutsherr verabschiedet und seines Dienstes entlassen habe. Da sagte der Bauer, den er oft geschunden, und der nun keine Verbindlichkeit, aber Rache für ihn hatte, das obige zum Sprichwort gewordene Wort, und warf ihn ins Wasser.

2 Bist du mîn Vuget nig mär, drâg' ek dek ôwer det Water nich mär.Schambach, II, 22.

Mit dem Verlust der Macht hören die Rücksichten [Spaltenumbruch] und Dienste seitens der ehemaligen Untergebenen auf. Das Sprichwort, das seine Erklärung in einer Anekdote findet (s. d.), charaktersirt die Amtsführung der Vögte, die im Gedächtniss des Volks kein gutes Andenken hinterlassen haben. (S. Gott 892.)

3 Der Vogt ist ein Knecht um seinen Lohn.Graf, 517, 247.

Wer ein mit Besoldung oder Nutzungen verbundenes Amt hat, ist auch verpflichtet, die entsprechenden Dienste dafür zu leisten.

Mhd.: Der fogt ist eyn knecht vme synen lon. (Senckenberg, II, 117.)

4 Der Vogt ist ein Knecht und kein Herr.Graf, 517, 247.

Durch den Lohn oder die Besoldung macht sich der Beamte zum Diener dessen, von dem er dieselbe empfängt. Wer das Lohn gibt, ist der Herr.

Mhd.: Der voit ist ein knecht und kein herr. (Senckenberg, II, 115.)

5 Der Vogt1 muss zweier Männer2 Wort hören.Graf, 433, 273.

1) Der Richter (s. d. 54 u. 95).

2) Des Klägers wie des Beklagten. – In Bremen: De Voghet scal horen twi germanne word. (Oelrichs, 320.)

6 Die Vögte haben das Geld, die Herren den Beutel.Petri, II, 107.

7 Mache dem Vogt den Sack, mache ihn (voll) wie ein Schweinemagen, er ist doch stets leer.

8 O Vogt, übe nicht Tyrannei, die Herrschaft währt nicht ewig.

9 Wo dem Vogte keine Klage geschieht, da wird ihm keine Busse.Graf, 312, 272.

In dem Sinne: Wo kein Kläger ist, da ist auch kein Richter, folglich sind auch keine Gerichtsgebühren zu zahlen. „Swar dem voghede nen clage schut, daraf werd eme nen bote.“ (Pufendorf, II, 11.)

*10 Dem darf man auch kein Vogt mehr sitzen. (Saalgau.) – Birlinger, 1071.

*11 Es ward nie kein gut vogt geborn1.Franck, II, 67a.

1) Momber und Pfleger.

*12 Für's ander lass du de Vogt geifere, er geifertet für die ganze G'meind.Sutermeister, 21.

*13 Is dar kên Vogt im Dorpe?Eichwald, 1983.

*14 Lass du nu de Vogt la gaufere.Sutermeister, 21.

Fürs andere lass du den Vogt geifern, er geiferet für die ganz Gemeinde.


Vogtei.

* Eine Vogtei ist kein Lehen.Graf, 557, 34.

Sie ist eine blosse Schutz- und Schirmgerechtigkeit.


Vogten.

Es konnt sich nicht besser vogten.Graf, 516, 226.

Die Ansprüche an ein Amt sind stets in der Neigung begriffen.


Voigtland.

* Er wird ins Voigtland getragen.

In Zwickau um zu sagen: Er wird begraben; weil der zwickauer Kirchhof ehemals zum Voigtlande gehört haben soll. (S. Zwickauer.)


Völen.

Völen (fühlen) deit glöven.Braun, I, 4791.


Volk.

1 Aus des Volkes Mark machen die Höfe Quark.

2 Besiegtem Volk ist nicht zu trauen.

Schwed.: Wunnet folk kan illa tros. (Grubb, 866.)

3 Bey seinem volck vnd vatterland kompt kein prophet zu ehrenstand.

Lat.: Nemo propheta sua magnus erit patria. (Loci comm., 155.)

4 Bi Gebrek van Volk word de Schnîder Karkvogd.Bueren, 79; Eichwald, 1770; Kern, 365.

In Ermangelung von andern Leuten. Der Volksschwank erzählt, dass ein Felnk ersten Ranges zu dem Ehrenposten eines Kirchenältesten gewählt wurde. Die Ehre sagte ihm zu; aber der Dienst, das Tragen des Klingelbeutels war ihm das Schwierigste bei der Sache. Als er sorgenschwer darüber nachsann, fiel ihm seine grosse Zipfelmütze in den Schos, die ihn ihrer Form nach an den Klingelbeutel erinnerte. Er stand sofort auf, ergriff eine zweizinkige Heugabel steckte sie auf die Zinken nahm eine faltenreiche Amtsmiene an, „as 'n Propp van 'n Suur pülle“, und sah sich nach den geeigneten Vertretern der Kirchgänger um, um Probe zu gehen. Da er zufällig nach den Viehställen sah, so war es ihm sofort klar, an wen er sich zu wenden habe. Bedächtigen Ganges näherte er sich der ersten Kuh, klingelte pro formell und hielt ihr den Opferbeutel unter die Nase. Die Kuh sah ihn an, senkte aber den Kopf sofort wieder zum Heubündel, an dem

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[[838]/0844] 33 'S flüügt keis Vôgeli so hoch, 's chunt wid'r oba. (Bern.) – Zyro, 63. Der Stolz wird gedemüthigt. 34 Wenn man Vöglein fangen soll, muss das Pfeiflein lauten wohl. Frz.: L'oiseleur pour tromper l'oiseau, chante doux avec son pipeau. (Kritzinger, 488b.) 35 Wie du wilt, Vögelein, wiltu nicht essen, so stirb. – Petri, II, 789. 36 Wie klein die Vöglein seind, sie haben jhre Feind'. „So klein und zart kein Vöglein war, es muss ausswarten gross Gefahr.“ (Froschm., AaVb.) 37 Zarti Vögeli hend zarti Schnäbeli. – Sutermeister, 137. *38 Das vöglin lassen sorgen. – Franck, II, 74a; Gruter, I, 68; Eyering, I, 346; III, 141. *39 Ein Vöglein hat mir's gesagt. Wenn man nicht angeben will, woher man etwas wisse. (Pred. 10, 20.) *40 Einem ein Vögelein von etwas singen lassen. (Ulm.) *41 Er hät's wie's heirinäfe Vögeli, säb ist z'mitz in der Ernt' verfrore. – Sutermeister, 42. *42 Er lässt gut Vöglein schalten und walten. – Parömiakon, 2277. Wer sich um nichts bekümmert, sondern blos seinen Vergnügungen nachgeht. *43 Er lôd d' Vögeli sorge. (Luzern.) Lebt leichtsinnig in den Tag hinein. *44 Er meint, er hei e Vögili g'fange. (Schaffhausen.) – Schweiz, 168, 36. Einen Gewinn gemacht oder, wie man in der Schweiz sagt, einen Schick gethan. (Stalder, II, 315.) *45 So du ernerst ein vögelein, sein koot wird dein belohnung sein. – Sutor, 35. Lat.: Qui volucrem nutrit, pro munere stercus habebit. (Loci comm., 11.) Vögleinwohl. * Es ist em vögeliwol. – Sutermeister, 49. Auch hundswohl, sauwohl. Vogler. 1 Des Voglers Pfeiff gar süss sang, da er thät den Vogelfang. – Limb. Chronik, 16. Mhd.: Der vogeler suoze jefîfet ê er den vogel begrîfet. (H. von Meissen, Leiche, 317, 13.) Lat.: Fistula dulce canit volucrem dum decipit auceps. 2 Ein Vogler unverdrossen hat es manchmal wohl genossen; und der ohne Unterlass seine Angel, hat niemals an den Fischen Mangel. – Zinkgref, IV, 337. Lat.: Perge, precor, laetus coeptoque incumbe labori ut digna accipias proemia, perge precor. (Chaos, 456.) 3 Ein yeder vogler lobt sein kautzen. – Franck, I, 140a; Gruter, I, 26; Eiselein, 622; Simrock, 11021; Körte, 6339; Braun, I, 4821. Ung.: Minden yzigánc a' maga lovát ditséri. (Gaal, 1039.) 4 Jeder Vogler lobt sein Kautzen und jeder Mönch seine Kappe. – Klosterspiegel, 19, 23. 5 Vogler und Jäger sind üble Landpfleger. – Eiselein, 622; Simrock, 11020. 6 Wenn der Vogler am schönsten pfeift, ist ihm am wenigsten zu trauen. Holl.: Als de vogelaar het zoetste fluit, is hij meestal het minst te vertrouwen. – De vogelaar fluit wonder mooi, totdat de vink is in de kooi. (Harrebomée, II, 402a.) – De vogelaar op bedriegen uit, den vogel lokt met zoete fluit. – Om den vink fluit de vogelaar. (Harrebomée, II, 383b.) Vogt. 1 Bis du nig mêr Vagd, so drêg die de Düvel, sagte der Bauer. (Holst.) – Schütze, IV, 295. Um das Sprichwort zu erklären, muss man folgende holsteinische Anekdote wissen. Ein Vogt und Bauernschinder bat auf dem Wege, den ein zusammengelaufener Regenwasserfluss schied, einen bestiefelten Bauer, ihn durch den Fluss zu tragen. Der Bauer lud ihn auf den Rücken. Mitten im Flusse erzählte der Vogt seinem Träger, dass ihn der Gutsherr verabschiedet und seines Dienstes entlassen habe. Da sagte der Bauer, den er oft geschunden, und der nun keine Verbindlichkeit, aber Rache für ihn hatte, das obige zum Sprichwort gewordene Wort, und warf ihn ins Wasser. 2 Bist du mîn Vuget nig mär, drâg' ek dek ôwer det Water nich mär. – Schambach, II, 22. Mit dem Verlust der Macht hören die Rücksichten und Dienste seitens der ehemaligen Untergebenen auf. Das Sprichwort, das seine Erklärung in einer Anekdote findet (s. d.), charaktersirt die Amtsführung der Vögte, die im Gedächtniss des Volks kein gutes Andenken hinterlassen haben. (S. Gott 892.) 3 Der Vogt ist ein Knecht um seinen Lohn. – Graf, 517, 247. Wer ein mit Besoldung oder Nutzungen verbundenes Amt hat, ist auch verpflichtet, die entsprechenden Dienste dafür zu leisten. Mhd.: Der fogt ist eyn knecht vme synen lon. (Senckenberg, II, 117.) 4 Der Vogt ist ein Knecht und kein Herr. – Graf, 517, 247. Durch den Lohn oder die Besoldung macht sich der Beamte zum Diener dessen, von dem er dieselbe empfängt. Wer das Lohn gibt, ist der Herr. Mhd.: Der voit ist ein knecht und kein herr. (Senckenberg, II, 115.) 5 Der Vogt1 muss zweier Männer2 Wort hören. – Graf, 433, 273. 1) Der Richter (s. d. 54 u. 95). 2) Des Klägers wie des Beklagten. – In Bremen: De Voghet scal horen twi germanne word. (Oelrichs, 320.) 6 Die Vögte haben das Geld, die Herren den Beutel. – Petri, II, 107. 7 Mache dem Vogt den Sack, mache ihn (voll) wie ein Schweinemagen, er ist doch stets leer. 8 O Vogt, übe nicht Tyrannei, die Herrschaft währt nicht ewig. 9 Wo dem Vogte keine Klage geschieht, da wird ihm keine Busse. – Graf, 312, 272. In dem Sinne: Wo kein Kläger ist, da ist auch kein Richter, folglich sind auch keine Gerichtsgebühren zu zahlen. „Swar dem voghede nen clage schut, daraf werd eme nen bote.“ (Pufendorf, II, 11.) *10 Dem darf man auch kein Vogt mehr sitzen. (Saalgau.) – Birlinger, 1071. *11 Es ward nie kein gut vogt geborn1. – Franck, II, 67a. 1) Momber und Pfleger. *12 Für's ander lass du de Vogt geifere, er geifertet für die ganze G'meind. – Sutermeister, 21. *13 Is dar kên Vogt im Dorpe? – Eichwald, 1983. *14 Lass du nu de Vogt la gaufere. – Sutermeister, 21. Fürs andere lass du den Vogt geifern, er geiferet für die ganz Gemeinde. Vogtei. * Eine Vogtei ist kein Lehen. – Graf, 557, 34. Sie ist eine blosse Schutz- und Schirmgerechtigkeit. Vogten. Es konnt sich nicht besser vogten. – Graf, 516, 226. Die Ansprüche an ein Amt sind stets in der Neigung begriffen. Voigtland. * Er wird ins Voigtland getragen. In Zwickau um zu sagen: Er wird begraben; weil der zwickauer Kirchhof ehemals zum Voigtlande gehört haben soll. (S. Zwickauer.) Völen. Völen (fühlen) deit glöven. – Braun, I, 4791. Volk. 1 Aus des Volkes Mark machen die Höfe Quark. 2 Besiegtem Volk ist nicht zu trauen. Schwed.: Wunnet folk kan illa tros. (Grubb, 866.) 3 Bey seinem volck vnd vatterland kompt kein prophet zu ehrenstand. Lat.: Nemo propheta sua magnus erit patria. (Loci comm., 155.) 4 Bi Gebrek van Volk word de Schnîder Karkvogd. – Bueren, 79; Eichwald, 1770; Kern, 365. In Ermangelung von andern Leuten. Der Volksschwank erzählt, dass ein Felnk ersten Ranges zu dem Ehrenposten eines Kirchenältesten gewählt wurde. Die Ehre sagte ihm zu; aber der Dienst, das Tragen des Klingelbeutels war ihm das Schwierigste bei der Sache. Als er sorgenschwer darüber nachsann, fiel ihm seine grosse Zipfelmütze in den Schos, die ihn ihrer Form nach an den Klingelbeutel erinnerte. Er stand sofort auf, ergriff eine zweizinkige Heugabel steckte sie auf die Zinken nahm eine faltenreiche Amtsmiene an, „as 'n Propp van 'n Suur pülle“, und sah sich nach den geeigneten Vertretern der Kirchgänger um, um Probe zu gehen. Da er zufällig nach den Viehställen sah, so war es ihm sofort klar, an wen er sich zu wenden habe. Bedächtigen Ganges näherte er sich der ersten Kuh, klingelte pro formell und hielt ihr den Opferbeutel unter die Nase. Die Kuh sah ihn an, senkte aber den Kopf sofort wieder zum Heubündel, an dem

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [838]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/844>, abgerufen am 22.12.2024.