Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] Landleuten gelten hochrothe Wangen selbst dann noch als Zeichen der Jugendkraft und Gesundheit, für schön, wenn sie ins Violette übergehen. Alles was "miem" (mager, schwächlich), was "bleek" (bleich) und "leng" (blass, kränklich) aussieht, kann unter keiner Bedingung schön sein. Schütze (I, 97) bemerkt: Das Sprichwort wird gewöhnlich von Frauen mit voller, von Gesundheit zeugender Brust gebraucht.

6 Viele scheinen Engel und haben eine Legion Teufel im Herzen.

7 Von buthen schint es, von binnen queint es. - Braunschweig. Kalender.

Von aussen scheint es, inwendig dagegen ist es schmuzig.

8 Was man scheint, soll man auch sein.

It.: Tali dobbiamo essere, quali vogliamo comparire. (Cahier, 2860.)

9 Was nicht scheint, das gilt nicht. - Petri, II, 606; Henisch, 1622, 31; Lehmann, II, 835, 161; Eiselein, 546; Simrock, 8915; Masson, 214; Graf, 453, 435.

10 Was scheint, das gilt. - Lehmann, 28, 21.

11 Was scheint, oft treugt. - Lehmann, 334, 35.

*12 Dat scheint as'n Karfunkel im Roklocke. - Eichwald, 949; Schlingmann, 782.

*13 Er scheint wie die Frühlingssonne.

Ist mild und warm in seinem Wirken. Eine jüdisch-deutsche Redensart lautet: Er scheint wie die Sünn in Tammes. Der vierte jüdische Monat, unserm Juli entsprechend. Von jemand, der sehr schön ist. Als Gegensatz dazu sagt man: Er scheint wie die Sünn in Tewes. Der Name des zehnten jüdischen Monats, unserm December entsprechend. Von jemand, der sich durch sein Aeusseres nicht empfiehlt.

*14 Es scheint wie Kraut und Böllen (Zwiebeln).

Es schint wie Grut und Bölle. (Sutermeister, 69.)

*15 He schinnt niet so domm wie he es. (Meurs.) - Firmenich, I, 404, 16.


Scheinfreund.

Scheinfreund - Keinfreund.

Holl.: Schijnvrienden zijn gelijk de vogels, die in het schoone jaargetijde aankomen, maar eer de barre winter daar is, reeds vertrokken zijn. (Harrebomee, II, 248a.)


Scheinheiliger.

* Den Scheinheiligen spielen.

Holl.: Hij speelt den schijnheilige. (Harrebomee, II, 248a.)


Scheinheiligkeit.

Scheinheiligkeit verkauft viel Buben für Fromme.

Ein jüdisch-deutsches Sprichwort in Bezug auf Scheinheiligkeit lautet: Chasserche' streckt's Füssche' 'raus. (Tendlau, 331.) Oder in Warschau: Der Chaser stellt dus kuscher Füssel heraus. Das Schwein (Chasser) kehrt die Füsse, seine guten Seiten heraus, nämlich seine gespaltenen Klauen, nach denen es zu den Thieren gehören würde, die den Juden das Gesetz zu essen erlaubt, wenn es, wie 3 Mos. 11, 7 gefordert wird, auch wiederkaute, was nicht der Fall ist.


Scheinrecht.

Scheinrecht - Keinrecht.

Unter Scheinrecht versteht man Bestimmungen, welche die Form des Rechts tragen, ohne ein wirkliches Recht zu gewähren, etwa wie Friedrich der Grosse einen zudringlichen Bittsteller zum Rath ernannte, mit der Bedingung, es niemand zu sagen. In mittelalterlichen Rechtsbüchern ist das Scheinrecht verschieden eingekleidet. Auf die Frage, wo einer, der rechtlos erklärt ist, Friede (Rechtsschutz) holen solle, antworten die Schöffen: "Wo man ihn weder hört noch sieht." Der häufigste Fall des Scheinrechts im Mittelalter ist die Scheinbusse, die rechtlosen Leuten gewährt wird, die in einzelnen Fällen sogar im buchstäblichen Sinne des Worts nur ein Schein ist. Gedungene Kämpen und deren Kinder nämlich erhalten als Busse das Blinken eines Schildes gegen die Sonne; Spielleuten und allen, die sich selbst zu eigen gegeben, gibt man als Busse den Schatten eines Mannes. Einem Herrn, dem das Recht auf Herberge und Verpflegung nicht zustand, musste wenigstens ein Stecken, um sein Pferd anzubinden, ein Stuhl zum Sitzen, ein gedeckter Tisch mit leerem Geschirr und etwas Salz geliefert werden. In das Scheinrecht gehört auch das sogenannte Sonnenlehn, bei dem Gott oder die Sonne als Lehnsherr gedacht wurde. (Vgl. Gierke, Humor im deutschen Recht.)


Scheiss.

*1 A muar'm aun an Sket rert, e dollar 'r stjonkt. (Nordfries.) - Johansen, 94.

Je mehr man in einen Schiss (Dreck) rührt, desto ärger stinkt er.

*2 En olen Schet. (Holst.) - Schütze, IV, 45.

Derbste Abweisungs- und Verneinungsformel.

*3 Er lässt sechsmal an einem Scheiss. (Nürtingen.)

Der Erzknicker. (S. Furzklemmer.)

[Spaltenumbruch] *4 Ut 'ne Schet en Donderslag make. (Kleve.) - Firmenich, I, 382, 32.


Scheissangst.

* Er hat Scheissangst.

Auch adjectivisch: 'S is'n schaissangst. (Sartorius, 180.)

Holl.: Er gaat geen nood voor (boven) den nood van den aars. (Harrebomee II, 129a.)


Scheissbann.

Ich heisse es einen Scheisbann und des teuffels bann, da man die Leute bannet mit frevler That, ehe sie verhöret werden. - Luther's Werke, V, 235.


Scheissbeerholz.

* Das ist nicht von Scheissbeerholz. (Thüringen.)

Um zu sagen, dass etwas von guter Beschaffenheit ist, weil das genannte Holz (Viburnum opulus L.), auch Bach- oder Wasserhollunder, nur geringen Werth hat.


Scheissdreck.

* Er kümmert sich um jeden Scheissdreck in der Küche. (Rottenburg.)

Der Häflesgucker.


Scheisse.

1 Dat is Scheite, dat häw ick schon an'n Geruch, söä de Bau'r, doa ha'r sich in de Buxen schöäten. - Schlingmann, 226.

2 Scheisse, sagt Cicero, und wirft die faulen Eier an die Wand. - Frischbier2, 3362.

3 Scheisse, sagte Cicero, und verschwand im Nebel. - Hoefer, 200; Simrock, 8918a.

4 Scheit is Scheit, söa de Dreckfäger, un wenn 't ok van 'n Eddelmann is. - Schlingmann, 333.

5 Scheite geschöäten, sägt Katsch. - Schlingmann, 784.

6 Scheite, sägt Cicero. - Schlingmann, 246.

7 'T is all't Scheite, söä Salomo. - Schlingmann, 1215.


Scheissen.

1 Arten (?), säd' de Baur, dor schet he 'n weken. - Hoefer, 102.

2 Der hat gut scheissen, der den Arsch bei sich hat.

3 Do scheiss einer hin und schleif, sagte er, da ihm seine Rechnung verdorben ward. (Weingarten.) - Birlinger, 448.

4 Er scheisst auf den Pfennig, dass keine Zahl zu erkennen ist. - Frischbier, 572.

5 Es scheisst der Ochs, es furzt die Kuh, der Esel brummt den Bass dazu. (S. Ländlich 2.) - Frischbier2, 2826.

6 'Eschetten is nich 'malt, segte Sievers, as hei sein Himme besah. (Halberstadt.) - Hoefer, 985.

7 Ganz richtig geschissen, Herr Dokter, man 'n beten to dünn. (Pommern.)

Einem Klugscheisser zur Antwort.

8 Gesch... iess nicht gemolt. - Robinson, 306.

Um einen grossen Unterschied zu bezeichnen. "Er meint, gefartzt sey geschworen, geschissen sey gemalt, gebrent sey gebissen, Treck sey Rötelstein." (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 226.)

Lat.: Cacatum non est pictum.

9 Geschissen und gestorben muss sein.

10 G'schisse is nit gemolt, gerischert1 nit g'solt. (Schwäb.)

1) Schuhe geflickt.

11 Hei schitt un fritt, segt Lütje. (Hildesheim.) - Hoefer, 676; Schlingmann, 970.

12 Ja, scheissen, sagt Cicero in seinen hinterlassenen Schriften.

Um eine Selbsttäuschung auszudrücken oder ein fremdes Begehren abzuweisen.

13 Kurtz scheist die Geyss. - Gruter, III, 61.

14 Läwer scheissen wä der Boch zereissen. (Siebenbürg.-sächs.) - Schuster, 307.

15 Man scheisst am besten mit eigenem Arsch.

Die Russen: Bediene dich deines eigenen Hintern, wenn du hofiren willst. (Altmann VI, 481.)

16 Säker is säker, segt de Baur, un schitt sich in de Hosen.

17 Scheissen macht Hunger. - Eiselein, 546; Simrock, 8918.

In Siebenbürgen: Scheissen git Hanger. (Schuster, 306.)

Lat.: Per se patet ac putet. (Eiselein, 546.)

18 Scheissen vnd sorgen weckt mich alle morgen. - Gruter, III, 78; Lehmann, II, 573, 23.

[Spaltenumbruch] Landleuten gelten hochrothe Wangen selbst dann noch als Zeichen der Jugendkraft und Gesundheit, für schön, wenn sie ins Violette übergehen. Alles was „miem“ (mager, schwächlich), was „bleek“ (bleich) und „leng“ (blass, kränklich) aussieht, kann unter keiner Bedingung schön sein. Schütze (I, 97) bemerkt: Das Sprichwort wird gewöhnlich von Frauen mit voller, von Gesundheit zeugender Brust gebraucht.

6 Viele scheinen Engel und haben eine Legion Teufel im Herzen.

7 Von buthen schint es, von binnen quînt es.Braunschweig. Kalender.

Von aussen scheint es, inwendig dagegen ist es schmuzig.

8 Was man scheint, soll man auch sein.

It.: Tali dobbiamo essere, quali vogliamo comparire. (Cahier, 2860.)

9 Was nicht scheint, das gilt nicht.Petri, II, 606; Henisch, 1622, 31; Lehmann, II, 835, 161; Eiselein, 546; Simrock, 8915; Masson, 214; Graf, 453, 435.

10 Was scheint, das gilt.Lehmann, 28, 21.

11 Was scheint, oft treugt.Lehmann, 334, 35.

*12 Dat schînt as'n Karfunkel im Rôklocke.Eichwald, 949; Schlingmann, 782.

*13 Er scheint wie die Frühlingssonne.

Ist mild und warm in seinem Wirken. Eine jüdisch-deutsche Redensart lautet: Er scheint wie die Sünn in Tammes. Der vierte jüdische Monat, unserm Juli entsprechend. Von jemand, der sehr schön ist. Als Gegensatz dazu sagt man: Er scheint wie die Sünn in Tewes. Der Name des zehnten jüdischen Monats, unserm December entsprechend. Von jemand, der sich durch sein Aeusseres nicht empfiehlt.

*14 Es scheint wie Kraut und Böllen (Zwiebeln).

Es schint wie Grut und Bölle. (Sutermeister, 69.)

*15 He schinnt niet so domm wie he es. (Meurs.) – Firmenich, I, 404, 16.


Scheinfreund.

Scheinfreund – Keinfreund.

Holl.: Schijnvrienden zijn gelijk de vogels, die in het schoone jaargetijde aankomen, maar eer de barre winter daar is, reeds vertrokken zijn. (Harrebomée, II, 248a.)


Scheinheiliger.

* Den Scheinheiligen spielen.

Holl.: Hij speelt den schijnheilige. (Harrebomée, II, 248a.)


Scheinheiligkeit.

Scheinheiligkeit verkauft viel Buben für Fromme.

Ein jüdisch-deutsches Sprichwort in Bezug auf Scheinheiligkeit lautet: Chasserche' streckt's Füssche' 'raus. (Tendlau, 331.) Oder in Warschau: Der Chaser stellt dus kuscher Füssel heraus. Das Schwein (Chasser) kehrt die Füsse, seine guten Seiten heraus, nämlich seine gespaltenen Klauen, nach denen es zu den Thieren gehören würde, die den Juden das Gesetz zu essen erlaubt, wenn es, wie 3 Mos. 11, 7 gefordert wird, auch wiederkaute, was nicht der Fall ist.


Scheinrecht.

Scheinrecht – Keinrecht.

Unter Scheinrecht versteht man Bestimmungen, welche die Form des Rechts tragen, ohne ein wirkliches Recht zu gewähren, etwa wie Friedrich der Grosse einen zudringlichen Bittsteller zum Rath ernannte, mit der Bedingung, es niemand zu sagen. In mittelalterlichen Rechtsbüchern ist das Scheinrecht verschieden eingekleidet. Auf die Frage, wo einer, der rechtlos erklärt ist, Friede (Rechtsschutz) holen solle, antworten die Schöffen: „Wo man ihn weder hört noch sieht.“ Der häufigste Fall des Scheinrechts im Mittelalter ist die Scheinbusse, die rechtlosen Leuten gewährt wird, die in einzelnen Fällen sogar im buchstäblichen Sinne des Worts nur ein Schein ist. Gedungene Kämpen und deren Kinder nämlich erhalten als Busse das Blinken eines Schildes gegen die Sonne; Spielleuten und allen, die sich selbst zu eigen gegeben, gibt man als Busse den Schatten eines Mannes. Einem Herrn, dem das Recht auf Herberge und Verpflegung nicht zustand, musste wenigstens ein Stecken, um sein Pferd anzubinden, ein Stuhl zum Sitzen, ein gedeckter Tisch mit leerem Geschirr und etwas Salz geliefert werden. In das Scheinrecht gehört auch das sogenannte Sonnenlehn, bei dem Gott oder die Sonne als Lehnsherr gedacht wurde. (Vgl. Gierke, Humor im deutschen Recht.)


Scheiss.

*1 A muar'm ûn an Skêt rêrt, e dollar 'r stjonkt. (Nordfries.) – Johansen, 94.

Je mehr man in einen Schiss (Dreck) rührt, desto ärger stinkt er.

*2 En ôlen Schêt. (Holst.) – Schütze, IV, 45.

Derbste Abweisungs- und Verneinungsformel.

*3 Er lässt sechsmal an einem Scheiss. (Nürtingen.)

Der Erzknicker. (S. Furzklemmer.)

[Spaltenumbruch] *4 Ut 'ne Schêt ên Donderslag mâke. (Kleve.) – Firmenich, I, 382, 32.


Scheissangst.

* Er hat Scheissangst.

Auch adjectivisch: 'S is'n schaissangst. (Sartorius, 180.)

Holl.: Er gaat geen nood vóór (boven) den nood van den aars. (Harrebomée II, 129a.)


Scheissbann.

Ich heisse es einen Scheisbann und des teuffels bann, da man die Leute bannet mit frevler That, ehe sie verhöret werden.Luther's Werke, V, 235.


Scheissbeerholz.

* Das ist nicht von Scheissbeerholz. (Thüringen.)

Um zu sagen, dass etwas von guter Beschaffenheit ist, weil das genannte Holz (Viburnum opulus L.), auch Bach- oder Wasserhollunder, nur geringen Werth hat.


Scheissdreck.

* Er kümmert sich um jeden Scheissdreck in der Küche. (Rottenburg.)

Der Häflesgucker.


Scheisse.

1 Dat is Schîte, dat häw ick schon an'n Geruch, söä de Bû'r, doa ha'r sich in de Buxen schöäten.Schlingmann, 226.

2 Scheisse, sagt Cicero, und wirft die faulen Eier an die Wand.Frischbier2, 3362.

3 Scheisse, sagte Cicero, und verschwand im Nebel.Hoefer, 200; Simrock, 8918a.

4 Schît is Schît, söa de Dreckfäger, un wenn 't ôk van 'n Eddelmann is.Schlingmann, 333.

5 Schîte geschöäten, sägt Katsch.Schlingmann, 784.

6 Schîte, sägt Cicero.Schlingmann, 246.

7 'T is all't Schîte, söä Salomo.Schlingmann, 1215.


Scheissen.

1 Arten (?), säd' de Bûr, dor schêt he 'n wêken.Hoefer, 102.

2 Der hat gut scheissen, der den Arsch bei sich hat.

3 Do scheiss einer hin und schleif, sagte er, da ihm seine Rechnung verdorben ward. (Weingarten.) – Birlinger, 448.

4 Er scheisst auf den Pfennig, dass keine Zahl zu erkennen ist.Frischbier, 572.

5 Es scheisst der Ochs, es furzt die Kuh, der Esel brummt den Bass dazu. (S. Ländlich 2.) – Frischbier2, 2826.

6 'Eschetten is nich 'mâlt, segte Sievers, as hei sîn Himme besah. (Halberstadt.) – Hoefer, 985.

7 Ganz richtig geschissen, Herr Dokter, man 'n beten to dünn. (Pommern.)

Einem Klugscheisser zur Antwort.

8 Gesch... iess nicht gemolt.Robinson, 306.

Um einen grossen Unterschied zu bezeichnen. „Er meint, gefartzt sey geschworen, geschissen sey gemalt, gebrent sey gebissen, Treck sey Rötelstein.“ (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 226.)

Lat.: Cacatum non est pictum.

9 Geschissen und gestorben muss sein.

10 G'schisse is nit gemolt, gerischert1 nit g'solt. (Schwäb.)

1) Schuhe geflickt.

11 Hei schitt un fritt, segt Lütje. (Hildesheim.) – Hoefer, 676; Schlingmann, 970.

12 Ja, scheissen, sagt Cicero in seinen hinterlassenen Schriften.

Um eine Selbsttäuschung auszudrücken oder ein fremdes Begehren abzuweisen.

13 Kurtz scheist die Geyss.Gruter, III, 61.

14 Läwer schèissen wä der Bôch zeréissen. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 307.

15 Man scheisst am besten mit eigenem Arsch.

Die Russen: Bediene dich deines eigenen Hintern, wenn du hofiren willst. (Altmann VI, 481.)

16 Säker is säker, segt de Bûr, un schitt sich in de Hosen.

17 Scheissen macht Hunger.Eiselein, 546; Simrock, 8918.

In Siebenbürgen: Schèissen git Hanger. (Schuster, 306.)

Lat.: Per se patet ac putet. (Eiselein, 546.)

18 Scheissen vnd sorgen weckt mich alle morgen.Gruter, III, 78; Lehmann, II, 573, 23.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p rendition="#et"><pb facs="#f0067" n="[61]"/><cb n="121"/>
Landleuten gelten hochrothe Wangen selbst dann noch als Zeichen der Jugendkraft und Gesundheit, für schön, wenn sie ins Violette übergehen. Alles was &#x201E;miem&#x201C; (mager, schwächlich), was &#x201E;bleek&#x201C; (bleich) und &#x201E;leng&#x201C; (blass, kränklich) aussieht, kann unter keiner Bedingung schön sein. <hi rendition="#i">Schütze (I, 97)</hi> bemerkt: Das Sprichwort wird gewöhnlich von Frauen mit voller, von Gesundheit zeugender Brust gebraucht.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">6 Viele scheinen Engel und haben eine Legion Teufel im Herzen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">7 Von buthen schint es, von binnen quînt es.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Braunschweig. Kalender.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Von aussen scheint es, inwendig dagegen ist es schmuzig.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">8 Was man scheint, soll man auch sein.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Tali dobbiamo essere, quali vogliamo comparire. (<hi rendition="#i">Cahier, 2860.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">9 Was nicht scheint, das gilt nicht.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 606; Henisch, 1622, 31; Lehmann, II, 835, 161; Eiselein, 546; Simrock, 8915; Masson, 214; Graf, 453, 435.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">10 Was scheint, das gilt.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 28, 21.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">11 Was scheint, oft treugt.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 334, 35.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*12 Dat schînt as'n Karfunkel im Rôklocke.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eichwald, 949; Schlingmann, 782.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*13 Er scheint wie die Frühlingssonne.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Ist mild und warm in seinem Wirken. Eine jüdisch-deutsche Redensart lautet: Er scheint wie die Sünn in Tammes. Der vierte jüdische Monat, unserm Juli entsprechend. Von jemand, der sehr schön ist. Als Gegensatz dazu sagt man: Er scheint wie die Sünn in Tewes. Der Name des zehnten jüdischen Monats, unserm December entsprechend. Von jemand, der sich durch sein Aeusseres nicht empfiehlt.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*14 Es scheint wie Kraut und Böllen (Zwiebeln).</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Es schint wie Grut und Bölle. (<hi rendition="#i">Sutermeister, 69.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*15 He schinnt niet so domm wie he es.</hi> (<hi rendition="#i">Meurs.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Firmenich, I, 404, 16.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Scheinfreund.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">Scheinfreund &#x2013; Keinfreund.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Schijnvrienden zijn gelijk de vogels, die in het schoone jaargetijde aankomen, maar eer de barre winter daar is, reeds vertrokken zijn. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 248<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Scheinheiliger.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">* Den Scheinheiligen spielen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Hij speelt den schijnheilige. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 248<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Scheinheiligkeit.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">Scheinheiligkeit verkauft viel Buben für Fromme.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Ein jüdisch-deutsches Sprichwort in Bezug auf Scheinheiligkeit lautet: Chasserche' streckt's Füssche' 'raus. (<hi rendition="#i">Tendlau, 331.</hi>) Oder in Warschau: Der Chaser stellt dus kuscher Füssel heraus. Das Schwein (Chasser) kehrt die Füsse, seine guten Seiten heraus, nämlich seine gespaltenen Klauen, nach denen es zu den Thieren gehören würde, die den Juden das Gesetz zu essen erlaubt, wenn es, wie 3 <hi rendition="#i">Mos.</hi> 11, 7 gefordert wird, auch wiederkaute, was nicht der Fall ist.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Scheinrecht.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">Scheinrecht &#x2013; Keinrecht.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Unter Scheinrecht versteht man Bestimmungen, welche die Form des Rechts tragen, ohne ein wirkliches Recht zu gewähren, etwa wie Friedrich der Grosse einen zudringlichen Bittsteller zum Rath ernannte, mit der Bedingung, es niemand zu sagen. In mittelalterlichen Rechtsbüchern ist das Scheinrecht verschieden eingekleidet. Auf die Frage, wo einer, der rechtlos erklärt ist, Friede (Rechtsschutz) holen solle, antworten die Schöffen: &#x201E;Wo man ihn weder hört noch sieht.&#x201C; Der häufigste Fall des Scheinrechts im Mittelalter ist die Scheinbusse, die rechtlosen Leuten gewährt wird, die in einzelnen Fällen sogar im buchstäblichen Sinne des Worts nur ein Schein ist. Gedungene Kämpen und deren Kinder nämlich erhalten als Busse das Blinken eines Schildes gegen die Sonne; Spielleuten und allen, die sich selbst zu eigen gegeben, gibt man als Busse den Schatten eines Mannes. Einem Herrn, dem das Recht auf Herberge und Verpflegung nicht zustand, musste wenigstens ein Stecken, um sein Pferd anzubinden, ein Stuhl zum Sitzen, ein gedeckter Tisch mit leerem Geschirr und etwas Salz geliefert werden. In das Scheinrecht gehört auch das sogenannte Sonnenlehn, bei dem Gott oder die Sonne als Lehnsherr gedacht wurde. (Vgl. <hi rendition="#i">Gierke, Humor im deutschen Recht.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Scheiss.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*1 A muar'm ûn an Skêt rêrt, e dollar 'r stjonkt.</hi> (<hi rendition="#i">Nordfries.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Johansen, 94.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Je mehr man in einen Schiss (Dreck) rührt, desto ärger stinkt er.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*2 En ôlen Schêt.</hi> (<hi rendition="#i">Holst.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Schütze, IV, 45.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Derbste Abweisungs- und Verneinungsformel.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*3 Er lässt sechsmal an einem Scheiss.</hi> (<hi rendition="#i">Nürtingen.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Der Erzknicker. (S.  Furzklemmer.)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><cb n="122"/>
*4 Ut 'ne Schêt ên Donderslag mâke.</hi> (<hi rendition="#i">Kleve.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Firmenich, I, 382, 32.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Scheissangst.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">* Er hat Scheissangst.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Auch adjectivisch: 'S is'n schaissangst. (<hi rendition="#i">Sartorius, 180.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Er gaat geen nood vóór (boven) den nood van den aars. (<hi rendition="#i">Harrebomée II, 129<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Scheissbann.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Ich heisse es einen Scheisbann und des teuffels bann, da man die Leute bannet mit frevler That, ehe sie verhöret werden.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Luther's Werke, V, 235.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Scheissbeerholz.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">* Das ist nicht von Scheissbeerholz.</hi> (<hi rendition="#i">Thüringen.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Um zu sagen, dass etwas von guter Beschaffenheit ist, weil das genannte Holz (Viburnum opulus L.), auch Bach- oder Wasserhollunder, nur geringen Werth hat.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Scheissdreck.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">* Er kümmert sich um jeden Scheissdreck in der Küche.</hi> (<hi rendition="#i">Rottenburg.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Der Häflesgucker.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Scheisse.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Dat is Schîte, dat häw ick schon an'n Geruch, söä de Bû'r, doa ha'r sich in de Buxen schöäten.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Schlingmann, 226.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Scheisse, sagt Cicero, und wirft die faulen Eier an die Wand.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Frischbier<hi rendition="#sup">2</hi>, 3362.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Scheisse, sagte Cicero, und verschwand im Nebel.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Hoefer, 200; Simrock, 8918<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Schît is Schît, söa de Dreckfäger, un wenn 't ôk van 'n Eddelmann is.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Schlingmann, 333.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">5 Schîte geschöäten, sägt Katsch.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Schlingmann, 784.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">6 Schîte, sägt Cicero.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Schlingmann, 246.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">7 'T is all't Schîte, söä Salomo.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Schlingmann, 1215.</hi></p><lb/>
          <p/><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Scheissen.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Arten (?), säd' de Bûr, dor schêt he 'n wêken.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Hoefer, 102.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Der hat gut scheissen, der den Arsch bei sich hat.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Do scheiss einer hin und schleif, sagte er, da ihm seine Rechnung verdorben ward.</hi> (<hi rendition="#i">Weingarten.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Birlinger, 448.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Er scheisst auf den Pfennig, dass keine Zahl zu erkennen ist.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Frischbier, 572.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">5 Es scheisst der Ochs, es furzt die Kuh, der Esel brummt den Bass dazu.</hi> (S.  Ländlich 2.) &#x2013; <hi rendition="#i">Frischbier<hi rendition="#sup">2</hi>, 2826.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">6 'Eschetten is nich 'mâlt, segte Sievers, as hei sîn Himme besah.</hi> (<hi rendition="#i">Halberstadt.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Hoefer, 985.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">7 Ganz richtig geschissen, Herr Dokter, man 'n beten to dünn.</hi> (<hi rendition="#i">Pommern.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Einem Klugscheisser zur Antwort.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">8 Gesch... iess nicht gemolt.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Robinson, 306.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Um einen grossen Unterschied zu bezeichnen. &#x201E;Er meint, gefartzt sey geschworen, geschissen sey gemalt, gebrent sey gebissen, Treck sey Rötelstein.&#x201C; (<hi rendition="#i">Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 226.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Cacatum non est pictum.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">9 Geschissen und gestorben muss sein.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">10 G'schisse is nit gemolt, gerischert<hi rendition="#sup">1</hi> nit g'solt.</hi> (<hi rendition="#i">Schwäb.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) Schuhe geflickt.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">11 Hei schitt un fritt, segt Lütje.</hi> (<hi rendition="#i">Hildesheim.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Hoefer, 676; Schlingmann, 970.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">12 Ja, scheissen, sagt Cicero in seinen hinterlassenen Schriften.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Um eine Selbsttäuschung auszudrücken oder ein fremdes Begehren abzuweisen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">13 Kurtz scheist die Geyss.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gruter, III, 61.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">14 Läwer schèissen wä der Bôch zeréissen.</hi> (<hi rendition="#i">Siebenbürg.-sächs.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Schuster, 307.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">15 Man scheisst am besten mit eigenem Arsch.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Russen: Bediene dich deines eigenen Hintern, wenn du hofiren willst. (<hi rendition="#i">Altmann VI, 481.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">16 Säker is säker, segt de Bûr, un schitt sich in de Hosen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">17 Scheissen macht Hunger.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 546; Simrock, 8918.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">In Siebenbürgen: Schèissen git Hanger. (<hi rendition="#i">Schuster, 306.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Per se patet ac putet. (<hi rendition="#i">Eiselein, 546.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">18 Scheissen vnd sorgen weckt mich alle morgen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gruter, III, 78; Lehmann, II, 573, 23.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">
</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[61]/0067] Landleuten gelten hochrothe Wangen selbst dann noch als Zeichen der Jugendkraft und Gesundheit, für schön, wenn sie ins Violette übergehen. Alles was „miem“ (mager, schwächlich), was „bleek“ (bleich) und „leng“ (blass, kränklich) aussieht, kann unter keiner Bedingung schön sein. Schütze (I, 97) bemerkt: Das Sprichwort wird gewöhnlich von Frauen mit voller, von Gesundheit zeugender Brust gebraucht. 6 Viele scheinen Engel und haben eine Legion Teufel im Herzen. 7 Von buthen schint es, von binnen quînt es. – Braunschweig. Kalender. Von aussen scheint es, inwendig dagegen ist es schmuzig. 8 Was man scheint, soll man auch sein. It.: Tali dobbiamo essere, quali vogliamo comparire. (Cahier, 2860.) 9 Was nicht scheint, das gilt nicht. – Petri, II, 606; Henisch, 1622, 31; Lehmann, II, 835, 161; Eiselein, 546; Simrock, 8915; Masson, 214; Graf, 453, 435. 10 Was scheint, das gilt. – Lehmann, 28, 21. 11 Was scheint, oft treugt. – Lehmann, 334, 35. *12 Dat schînt as'n Karfunkel im Rôklocke. – Eichwald, 949; Schlingmann, 782. *13 Er scheint wie die Frühlingssonne. Ist mild und warm in seinem Wirken. Eine jüdisch-deutsche Redensart lautet: Er scheint wie die Sünn in Tammes. Der vierte jüdische Monat, unserm Juli entsprechend. Von jemand, der sehr schön ist. Als Gegensatz dazu sagt man: Er scheint wie die Sünn in Tewes. Der Name des zehnten jüdischen Monats, unserm December entsprechend. Von jemand, der sich durch sein Aeusseres nicht empfiehlt. *14 Es scheint wie Kraut und Böllen (Zwiebeln). Es schint wie Grut und Bölle. (Sutermeister, 69.) *15 He schinnt niet so domm wie he es. (Meurs.) – Firmenich, I, 404, 16. Scheinfreund. Scheinfreund – Keinfreund. Holl.: Schijnvrienden zijn gelijk de vogels, die in het schoone jaargetijde aankomen, maar eer de barre winter daar is, reeds vertrokken zijn. (Harrebomée, II, 248a.) Scheinheiliger. * Den Scheinheiligen spielen. Holl.: Hij speelt den schijnheilige. (Harrebomée, II, 248a.) Scheinheiligkeit. Scheinheiligkeit verkauft viel Buben für Fromme. Ein jüdisch-deutsches Sprichwort in Bezug auf Scheinheiligkeit lautet: Chasserche' streckt's Füssche' 'raus. (Tendlau, 331.) Oder in Warschau: Der Chaser stellt dus kuscher Füssel heraus. Das Schwein (Chasser) kehrt die Füsse, seine guten Seiten heraus, nämlich seine gespaltenen Klauen, nach denen es zu den Thieren gehören würde, die den Juden das Gesetz zu essen erlaubt, wenn es, wie 3 Mos. 11, 7 gefordert wird, auch wiederkaute, was nicht der Fall ist. Scheinrecht. Scheinrecht – Keinrecht. Unter Scheinrecht versteht man Bestimmungen, welche die Form des Rechts tragen, ohne ein wirkliches Recht zu gewähren, etwa wie Friedrich der Grosse einen zudringlichen Bittsteller zum Rath ernannte, mit der Bedingung, es niemand zu sagen. In mittelalterlichen Rechtsbüchern ist das Scheinrecht verschieden eingekleidet. Auf die Frage, wo einer, der rechtlos erklärt ist, Friede (Rechtsschutz) holen solle, antworten die Schöffen: „Wo man ihn weder hört noch sieht.“ Der häufigste Fall des Scheinrechts im Mittelalter ist die Scheinbusse, die rechtlosen Leuten gewährt wird, die in einzelnen Fällen sogar im buchstäblichen Sinne des Worts nur ein Schein ist. Gedungene Kämpen und deren Kinder nämlich erhalten als Busse das Blinken eines Schildes gegen die Sonne; Spielleuten und allen, die sich selbst zu eigen gegeben, gibt man als Busse den Schatten eines Mannes. Einem Herrn, dem das Recht auf Herberge und Verpflegung nicht zustand, musste wenigstens ein Stecken, um sein Pferd anzubinden, ein Stuhl zum Sitzen, ein gedeckter Tisch mit leerem Geschirr und etwas Salz geliefert werden. In das Scheinrecht gehört auch das sogenannte Sonnenlehn, bei dem Gott oder die Sonne als Lehnsherr gedacht wurde. (Vgl. Gierke, Humor im deutschen Recht.) Scheiss. *1 A muar'm ûn an Skêt rêrt, e dollar 'r stjonkt. (Nordfries.) – Johansen, 94. Je mehr man in einen Schiss (Dreck) rührt, desto ärger stinkt er. *2 En ôlen Schêt. (Holst.) – Schütze, IV, 45. Derbste Abweisungs- und Verneinungsformel. *3 Er lässt sechsmal an einem Scheiss. (Nürtingen.) Der Erzknicker. (S. Furzklemmer.) *4 Ut 'ne Schêt ên Donderslag mâke. (Kleve.) – Firmenich, I, 382, 32. Scheissangst. * Er hat Scheissangst. Auch adjectivisch: 'S is'n schaissangst. (Sartorius, 180.) Holl.: Er gaat geen nood vóór (boven) den nood van den aars. (Harrebomée II, 129a.) Scheissbann. Ich heisse es einen Scheisbann und des teuffels bann, da man die Leute bannet mit frevler That, ehe sie verhöret werden. – Luther's Werke, V, 235. Scheissbeerholz. * Das ist nicht von Scheissbeerholz. (Thüringen.) Um zu sagen, dass etwas von guter Beschaffenheit ist, weil das genannte Holz (Viburnum opulus L.), auch Bach- oder Wasserhollunder, nur geringen Werth hat. Scheissdreck. * Er kümmert sich um jeden Scheissdreck in der Küche. (Rottenburg.) Der Häflesgucker. Scheisse. 1 Dat is Schîte, dat häw ick schon an'n Geruch, söä de Bû'r, doa ha'r sich in de Buxen schöäten. – Schlingmann, 226. 2 Scheisse, sagt Cicero, und wirft die faulen Eier an die Wand. – Frischbier2, 3362. 3 Scheisse, sagte Cicero, und verschwand im Nebel. – Hoefer, 200; Simrock, 8918a. 4 Schît is Schît, söa de Dreckfäger, un wenn 't ôk van 'n Eddelmann is. – Schlingmann, 333. 5 Schîte geschöäten, sägt Katsch. – Schlingmann, 784. 6 Schîte, sägt Cicero. – Schlingmann, 246. 7 'T is all't Schîte, söä Salomo. – Schlingmann, 1215. Scheissen. 1 Arten (?), säd' de Bûr, dor schêt he 'n wêken. – Hoefer, 102. 2 Der hat gut scheissen, der den Arsch bei sich hat. 3 Do scheiss einer hin und schleif, sagte er, da ihm seine Rechnung verdorben ward. (Weingarten.) – Birlinger, 448. 4 Er scheisst auf den Pfennig, dass keine Zahl zu erkennen ist. – Frischbier, 572. 5 Es scheisst der Ochs, es furzt die Kuh, der Esel brummt den Bass dazu. (S. Ländlich 2.) – Frischbier2, 2826. 6 'Eschetten is nich 'mâlt, segte Sievers, as hei sîn Himme besah. (Halberstadt.) – Hoefer, 985. 7 Ganz richtig geschissen, Herr Dokter, man 'n beten to dünn. (Pommern.) Einem Klugscheisser zur Antwort. 8 Gesch... iess nicht gemolt. – Robinson, 306. Um einen grossen Unterschied zu bezeichnen. „Er meint, gefartzt sey geschworen, geschissen sey gemalt, gebrent sey gebissen, Treck sey Rötelstein.“ (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 226.) Lat.: Cacatum non est pictum. 9 Geschissen und gestorben muss sein. 10 G'schisse is nit gemolt, gerischert1 nit g'solt. (Schwäb.) 1) Schuhe geflickt. 11 Hei schitt un fritt, segt Lütje. (Hildesheim.) – Hoefer, 676; Schlingmann, 970. 12 Ja, scheissen, sagt Cicero in seinen hinterlassenen Schriften. Um eine Selbsttäuschung auszudrücken oder ein fremdes Begehren abzuweisen. 13 Kurtz scheist die Geyss. – Gruter, III, 61. 14 Läwer schèissen wä der Bôch zeréissen. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 307. 15 Man scheisst am besten mit eigenem Arsch. Die Russen: Bediene dich deines eigenen Hintern, wenn du hofiren willst. (Altmann VI, 481.) 16 Säker is säker, segt de Bûr, un schitt sich in de Hosen. 17 Scheissen macht Hunger. – Eiselein, 546; Simrock, 8918. In Siebenbürgen: Schèissen git Hanger. (Schuster, 306.) Lat.: Per se patet ac putet. (Eiselein, 546.) 18 Scheissen vnd sorgen weckt mich alle morgen. – Gruter, III, 78; Lehmann, II, 573, 23.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:39:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:39:19Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/67
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [61]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/67>, abgerufen am 03.12.2024.