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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

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[Spaltenumbruch] 185 Wer sich von der Sünde nicht will beherrschen lassen, muss ihr anfänglich widerstehen. - Wirth, II, 399.

186 Wer sünd vnd schand nicht mehr vben kan, der muss derselben müssig gan. - Lehmann, 739, 8.

187 Wer Sünd vnnd Laster Säet, der Ernd schant. - Lehmann, 741, 42.

It.: A chi mal fa, mal va.

Lat.: Quisquis iniqua facit, patiatur iniqua necesse est.

188 Wer Sünde thut, ist der Sünde Knecht. aus Joh. 8, 34 entlehnt.

Holl.: Die de zonde doet, is de zonde dienaar. (Harrebomee, II, 508a.)

189 Wer sünde zudeckt, der machet freundtschafft, wer aber die Sache äfert, macht Fürsten vnains. - Agricola II, 271; Henisch, 668, 52.

190 Wer Sünden folgt bis an den Tag, den lacht die Sünd', er lacht nicht sie.

191 Wer thut sein eigen sünd ermessen, der wirt seines nechsten wol vergessen. - Henisch, 831, 5.

192 Wer von Sünden feiern mag, das wär' ein rechter Feiertag.

193 Wer will der Sünde bald entgehn, der muss dem Anfang widerstehn.

194 Wer will die Sünde meiden, darf die Gelegenheit dazu nicht leiden.

Engl.: He that would avvid the sin, must avid the occasion of it.

195 Wie die Sünde, so die Strafe. - Pistor., X, 44; Graf, 313, 47.

Um diesem Grundsatze zu entsprechen, erhielten in den mittelalterlichen Rechtsbüchern die Strafen den Charakter des, nicht selten grausamen Humors, wobei indess die oft beigefügte Bestimmung der Ablösbarkeit derselben zeigt, dass die Strafandrohung nicht sehr ernst gemeint sei. Nach dem burgundischen Recht musste der Habichtdieb entweder sechs Unzen Fleisch sich auf die blosse Brust legen und dem Habicht dort wegfressen lassen, oder, wenn er dies nicht wollte, was er selbstverständlich gethan haben wird, sechs Schillinge bezahlen. Der Hundedieb musste nach demselben Recht vor allem Volk dem Hunde die Schattenseite küssen oder fünf Schillinge bezahlen. Nach westfälischen Weisthümern soll der Fuhrmann, der den Dieb einer Wagenlünse auf frischer That ergreift, statt des Nagels den Finger des Thäters in das Loch vor das Rad stecken und mit ihm fortfahren, bis er zu einem Schmiede kommt, der einen andern Nagel herstellt. Der Lügner muss sich beim gerichtlichen Widerruf der Schmähungen selbst auf das Maul schlagen, um die Strafe an dem Gliede zu vollziehen, das gesündigt hat. (S. Sündigen 25.)

196 Wie die Sünde, so die Vergebung.

Frz.: De petit pechie petit pardon. (Leroux, I, 26.)

197 Wo der sünden nicht wird gewehrt vnd die Tugend nicht wird geehrt, da wird des Teufels Reich vermehrt. - Zinkgref, IV, 332.

198 Wo die Sünde der Gast ist, setzt die Strafe sich mit zu Tische.

199 Wo keine Sünde ist, da ist auch keine Schande.

Dän.: Hvor ingen synd er, der er ingen skam. (Prov. dan., 540.)

200 Wo man sünd für recht hat, da ist sünd nit sünd, sonder recht thon. - Franck, I, 67a.

201 Wo man Sünde säet, da wachsen Dornen und Disteln.

202 Wo Sünd ist, da ist auch straff. - Petri, I, 16.

203 Wo Sünd' ohne Scham, da ist des Teufels Kram.

Mhd.: Sünd ane scham ist langez leit. (Frauenlob.) - Mit vorgedanc wirt sünde erwant, hoer ich die weisen sagen. (Zingerle, 144.)

204 Wo Sünde anfängt, da hört Gehorsam auf.

Dän.: Til synd skal mand hverken lijde ovrighed eller foraeldre. (Prov. dan., 541.)

205 Wo Sünde einkehrt, kann Tugend nicht wohnen.

Die Russen: Wo die Sünde nicht fruchtet, wird die Tugend frommen. (Altmann VI, 80.)

206 Wo Sünde ist ohne Rewe, dy ist alle Zit vor Gote newe. - Radowitz, 27.

207 Wo Sünden nicht gestrafft werden, do thut der Sünd, der nicht sündigt. - Lehmann, 740, 27.

208 Zu einer offentlichen sündt gehört ein offentlich straff. - Pauli, Schimpff, XIII, 8.

209 Zu solcher sünd gehöret solch buss. - Henisch, 572, 36; Petri, II, 827.

[Spaltenumbruch] 210 Zur Sünde eilt man, zur Tugend schleicht man. - Altmann VI, 510.

*211 Das ist eine Sünde wider den heiligen Geist.

D. i. eine grosse, schwere. In Warschau jüdisch- deutsch: Chojte be-Eigel sein. Wird meist ironisch gebraucht, in welchem Falle es in Beigel, eine beliebte Brezelart, zusammengezogen wird. Ueber Beigel (vgl. Wurzbach, II, 49 u. 109.)

*212 Das ist Sünd, Schande vnd Schaden. - Mathesy, 343b.

*213 De Sünd' vergivt die de Köster, dar brukst den Paster nich to. (Pommern.)

Das hat nichts auf sich, darüber darfst du dir keine Bedenken (oder Vorwürfe) machen.

*214 Die ist schon einer Sünde werth. (Böhmen.)

Man will sagen: Das Mädchen oder die Frau ist so schön, dass die Sünde der Verführung durch den Genuss aufgewogen würde.

*215 Die Sünde auf dem Rücken, und den Balken in Augen tragen. - Luther, 100.

*216 Die Sünden mit Adam's schurtz bedecken. - Mathesy, 128b.

*217 Du pist der sunden ledig als der hunt der floch vmb sannt johannstag. - Hofmann, 38, 150.

*218 Ein Sünd mit der andern straffen. - Eyering, II, 185 u. 643.

*219 Eine Sünde mit der andern zudecken.

Lat.: Lutum luto purgare. (Hanzely, 171; Seybold, 286.)

*220 Er ist von Sünden frei wie der Hund von Flöhen.

"Er ward seiner Sünden ledig gar und rund, gleich wie seiner Flöh der Hund." (H. Sachs, Schwänke, Kiel 1827, S. 215.)

*221 Es ist sünd vond schand. - Hätzlerin, II, 62, 58.

*222 Es ist Sünde und Jammer, dass solche Hände faulen müssen.

Holl.: Het is zonde en jammer, dat zulke handen rotten moeten. (Harrebomee, II, 508a.)

*223 In seinen Sünden umkommen (verbrennen u. s. w.). (Schles.)

D. i. plötzlich um's Leben kommen.

*224 Mit seinen Sünden Staat machen.

Lat.: Gloria peccati nulla petenda tui est. (Ovid.) (Philippi, I, 169.) - Noxiae par poena esto. - Poena unius est multorum metus. (Seybold, 315 u. 448.)

*225 'S is ane Sinde und ane Schande. (Schles.) - Frommann, III, 414, 537.

*226 Sich der Sünde fürchten.

"Ich unglückselige (klagt eine Mutter über ihren ungerathenen Sohn); so muss es denn auch bei mir eintreffen, dass wenn ein Unglück komme, so kommt es mit Haufen. Aber fürchtestu dich der Sünde nicht?" (Keller, 146a.)

*227 'T is man 'n Sünde, de de Köster vergift. - Bueren, 1097; Hauskalender, II.

*228 Wieder in seine alten Sünden fallen.

Frz.: Retourner a son vovissement. (Lendroy, 1572.)


Sündenbalg.

Den Sündenbalg pflegen wir alle jährlich einmal abzulegen.


Sündenbock.

1 Ein Sündenbock muss sein, sagte der Junge, ich will's nur gestehen, dass ich die Welt geschaffen habe.

*2 Der hat'n Sünd'nbouk mach'n möss'n. (Franken.) - Frommann, VI, 325, 376.

*3 Er ist der Sündenbock.

"Ueberall macht man mich verantwortlich für eine Situation, die ich nicht geschaffen, sondern, die mir aufgedrängt worden; ich bin für die öffentliche Meinung der Sündenbock", erklärte Graf von Bismarck vor Ausbruch des Kriegs 1866. - Der Sündenbock war bei den Juden der Bock, welchen sie mit des Volks Sünden beladen in die Wüste schickten, während sie einen andern opferten, um Vergebung ihrer Sünden zu erhalten. Der Sündenbock stammt aus 3 Mos. 16. Also: Er muss es immer entgelten. Denselben Sinn hat die jüdisch-deutsche Redensart: Er is tummid dus Kappure- Hühndel, er ist stets das Sühnopfer-Hühnchen. Und: Er müss tummed dus Bud auschiessen.

Frz.: C'est le bouc emissaire. (Lendroy, 200.)

Holl.: Hij is altijd de zondebok. (Harrebomee, II, 508a.)


Sündenfrei.

* Er ist sündefrei wie-n-e Chrott. - Sutermeister, 82.


Sündengeld.

* Das ist ein Sündengeld.


[Spaltenumbruch] 185 Wer sich von der Sünde nicht will beherrschen lassen, muss ihr anfänglich widerstehen.Wirth, II, 399.

186 Wer sünd vnd schand nicht mehr vben kan, der muss derselben müssig gan.Lehmann, 739, 8.

187 Wer Sünd vnnd Laster Säet, der Ernd schant.Lehmann, 741, 42.

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Lat.: Quisquis iniqua facit, patiatur iniqua necesse est.

188 Wer Sünde thut, ist der Sünde Knecht. aus Joh. 8, 34 entlehnt.

Holl.: Die de zonde doet, is de zonde dienaar. (Harrebomée, II, 508a.)

189 Wer sünde zudeckt, der machet freundtschafft, wer aber die Sache äfert, macht Fürsten vnains.Agricola II, 271; Henisch, 668, 52.

190 Wer Sünden folgt bis an den Tag, den lacht die Sünd', er lacht nicht sie.

191 Wer thut sein eigen sünd ermessen, der wirt seines nechsten wol vergessen.Henisch, 831, 5.

192 Wer von Sünden feiern mag, das wär' ein rechter Feiertag.

193 Wer will der Sünde bald entgehn, der muss dem Anfang widerstehn.

194 Wer will die Sünde meiden, darf die Gelegenheit dazu nicht leiden.

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195 Wie die Sünde, so die Strafe.Pistor., X, 44; Graf, 313, 47.

Um diesem Grundsatze zu entsprechen, erhielten in den mittelalterlichen Rechtsbüchern die Strafen den Charakter des, nicht selten grausamen Humors, wobei indess die oft beigefügte Bestimmung der Ablösbarkeit derselben zeigt, dass die Strafandrohung nicht sehr ernst gemeint sei. Nach dem burgundischen Recht musste der Habichtdieb entweder sechs Unzen Fleisch sich auf die blosse Brust legen und dem Habicht dort wegfressen lassen, oder, wenn er dies nicht wollte, was er selbstverständlich gethan haben wird, sechs Schillinge bezahlen. Der Hundedieb musste nach demselben Recht vor allem Volk dem Hunde die Schattenseite küssen oder fünf Schillinge bezahlen. Nach westfälischen Weisthümern soll der Fuhrmann, der den Dieb einer Wagenlünse auf frischer That ergreift, statt des Nagels den Finger des Thäters in das Loch vor das Rad stecken und mit ihm fortfahren, bis er zu einem Schmiede kommt, der einen andern Nagel herstellt. Der Lügner muss sich beim gerichtlichen Widerruf der Schmähungen selbst auf das Maul schlagen, um die Strafe an dem Gliede zu vollziehen, das gesündigt hat. (S. Sündigen 25.)

196 Wie die Sünde, so die Vergebung.

Frz.: De petit pechié petit pardon. (Leroux, I, 26.)

197 Wo der sünden nicht wird gewehrt vnd die Tugend nicht wird geehrt, da wird des Teufels Reich vermehrt.Zinkgref, IV, 332.

198 Wo die Sünde der Gast ist, setzt die Strafe sich mit zu Tische.

199 Wo keine Sünde ist, da ist auch keine Schande.

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200 Wo man sünd für recht hat, da ist sünd nit sünd, sonder recht thon.Franck, I, 67a.

201 Wo man Sünde säet, da wachsen Dornen und Disteln.

202 Wo Sünd ist, da ist auch straff.Petri, I, 16.

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Mhd.: Sünd âne scham ist langez leit. (Frauenlob.) – Mit vorgedanc wirt sünde erwant, hoer ich die wîsen sagen. (Zingerle, 144.)

204 Wo Sünde anfängt, da hört Gehorsam auf.

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205 Wo Sünde einkehrt, kann Tugend nicht wohnen.

Die Russen: Wo die Sünde nicht fruchtet, wird die Tugend frommen. (Altmann VI, 80.)

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[Spaltenumbruch] 210 Zur Sünde eilt man, zur Tugend schleicht man.Altmann VI, 510.

*211 Das ist eine Sünde wider den heiligen Geist.

D. i. eine grosse, schwere. In Warschau jüdisch- deutsch: Chojte be-Eigel sein. Wird meist ironisch gebraucht, in welchem Falle es in Beigel, eine beliebte Brezelart, zusammengezogen wird. Ueber Beigel (vgl. Wurzbach, II, 49 u. 109.)

*212 Das ist Sünd, Schande vnd Schaden.Mathesy, 343b.

*213 De Sünd' vergivt die de Köster, dâr brukst den Paster nich to. (Pommern.)

Das hat nichts auf sich, darüber darfst du dir keine Bedenken (oder Vorwürfe) machen.

*214 Die ist schon einer Sünde werth. (Böhmen.)

Man will sagen: Das Mädchen oder die Frau ist so schön, dass die Sünde der Verführung durch den Genuss aufgewogen würde.

*215 Die Sünde auf dem Rücken, und den Balken in Augen tragen.Luther, 100.

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*217 Du pist der sunden ledig als der hunt der floch vmb sannt johannstag.Hofmann, 38, 150.

*218 Ein Sünd mit der andern straffen.Eyering, II, 185 u. 643.

*219 Eine Sünde mit der andern zudecken.

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*220 Er ist von Sünden frei wie der Hund von Flöhen.

„Er ward seiner Sünden ledig gar und rund, gleich wie seiner Flöh der Hund.“ (H. Sachs, Schwänke, Kiel 1827, S. 215.)

*221 Es ist sünd vond schand.Hätzlerin, II, 62, 58.

*222 Es ist Sünde und Jammer, dass solche Hände faulen müssen.

Holl.: Het is zonde en jammer, dat zulke handen rotten moeten. (Harrebomée, II, 508a.)

*223 In seinen Sünden umkommen (verbrennen u. s. w.). (Schles.)

D. i. plötzlich um's Leben kommen.

*224 Mit seinen Sünden Staat machen.

Lat.: Gloria peccati nulla petenda tui est. (Ovid.) (Philippi, I, 169.) – Noxiae par poena esto. – Poena unius est multorum metus. (Seybold, 315 u. 448.)

*225 'S is ane Sinde und ane Schande. (Schles.) – Frommann, III, 414, 537.

*226 Sich der Sünde fürchten.

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*227 'T is man 'n Sünde, dê de Köster vergift.Bueren, 1097; Hauskalender, II.

*228 Wieder in seine alten Sünden fallen.

Frz.: Retourner a son vovissement. (Lendroy, 1572.)


Sündenbalg.

Den Sündenbalg pflegen wir alle jährlich einmal abzulegen.


Sündenbock.

1 Ein Sündenbock muss sein, sagte der Junge, ich will's nur gestehen, dass ich die Welt geschaffen habe.

*2 Der hat'n Sünd'nbouk mach'n möss'n. (Franken.) – Frommann, VI, 325, 376.

*3 Er ist der Sündenbock.

„Ueberall macht man mich verantwortlich für eine Situation, die ich nicht geschaffen, sondern, die mir aufgedrängt worden; ich bin für die öffentliche Meinung der Sündenbock“, erklärte Graf von Bismarck vor Ausbruch des Kriegs 1866. – Der Sündenbock war bei den Juden der Bock, welchen sie mit des Volks Sünden beladen in die Wüste schickten, während sie einen andern opferten, um Vergebung ihrer Sünden zu erhalten. Der Sündenbock stammt aus 3 Mos. 16. Also: Er muss es immer entgelten. Denselben Sinn hat die jüdisch-deutsche Redensart: Er is tummid dus Kappure- Hühndel, er ist stets das Sühnopfer-Hühnchen. Und: Er müss tummed dus Bud auschiessen.

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Sündenfrei.

* Er ist sündefrei wie-n-e Chrott.Sutermeister, 82.


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* Das ist ein Sündengeld.


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[[484]/0490] 185 Wer sich von der Sünde nicht will beherrschen lassen, muss ihr anfänglich widerstehen. – Wirth, II, 399. 186 Wer sünd vnd schand nicht mehr vben kan, der muss derselben müssig gan. – Lehmann, 739, 8. 187 Wer Sünd vnnd Laster Säet, der Ernd schant. – Lehmann, 741, 42. It.: A chi mal fà, mal và. Lat.: Quisquis iniqua facit, patiatur iniqua necesse est. 188 Wer Sünde thut, ist der Sünde Knecht. aus Joh. 8, 34 entlehnt. Holl.: Die de zonde doet, is de zonde dienaar. (Harrebomée, II, 508a.) 189 Wer sünde zudeckt, der machet freundtschafft, wer aber die Sache äfert, macht Fürsten vnains. – Agricola II, 271; Henisch, 668, 52. 190 Wer Sünden folgt bis an den Tag, den lacht die Sünd', er lacht nicht sie. 191 Wer thut sein eigen sünd ermessen, der wirt seines nechsten wol vergessen. – Henisch, 831, 5. 192 Wer von Sünden feiern mag, das wär' ein rechter Feiertag. 193 Wer will der Sünde bald entgehn, der muss dem Anfang widerstehn. 194 Wer will die Sünde meiden, darf die Gelegenheit dazu nicht leiden. Engl.: He that would avvid the sin, must avid the occasion of it. 195 Wie die Sünde, so die Strafe. – Pistor., X, 44; Graf, 313, 47. Um diesem Grundsatze zu entsprechen, erhielten in den mittelalterlichen Rechtsbüchern die Strafen den Charakter des, nicht selten grausamen Humors, wobei indess die oft beigefügte Bestimmung der Ablösbarkeit derselben zeigt, dass die Strafandrohung nicht sehr ernst gemeint sei. Nach dem burgundischen Recht musste der Habichtdieb entweder sechs Unzen Fleisch sich auf die blosse Brust legen und dem Habicht dort wegfressen lassen, oder, wenn er dies nicht wollte, was er selbstverständlich gethan haben wird, sechs Schillinge bezahlen. Der Hundedieb musste nach demselben Recht vor allem Volk dem Hunde die Schattenseite küssen oder fünf Schillinge bezahlen. Nach westfälischen Weisthümern soll der Fuhrmann, der den Dieb einer Wagenlünse auf frischer That ergreift, statt des Nagels den Finger des Thäters in das Loch vor das Rad stecken und mit ihm fortfahren, bis er zu einem Schmiede kommt, der einen andern Nagel herstellt. Der Lügner muss sich beim gerichtlichen Widerruf der Schmähungen selbst auf das Maul schlagen, um die Strafe an dem Gliede zu vollziehen, das gesündigt hat. (S. Sündigen 25.) 196 Wie die Sünde, so die Vergebung. Frz.: De petit pechié petit pardon. (Leroux, I, 26.) 197 Wo der sünden nicht wird gewehrt vnd die Tugend nicht wird geehrt, da wird des Teufels Reich vermehrt. – Zinkgref, IV, 332. 198 Wo die Sünde der Gast ist, setzt die Strafe sich mit zu Tische. 199 Wo keine Sünde ist, da ist auch keine Schande. Dän.: Hvor ingen synd er, der er ingen skam. (Prov. dan., 540.) 200 Wo man sünd für recht hat, da ist sünd nit sünd, sonder recht thon. – Franck, I, 67a. 201 Wo man Sünde säet, da wachsen Dornen und Disteln. 202 Wo Sünd ist, da ist auch straff. – Petri, I, 16. 203 Wo Sünd' ohne Scham, da ist des Teufels Kram. Mhd.: Sünd âne scham ist langez leit. (Frauenlob.) – Mit vorgedanc wirt sünde erwant, hoer ich die wîsen sagen. (Zingerle, 144.) 204 Wo Sünde anfängt, da hört Gehorsam auf. Dän.: Til synd skal mand hverken lijde ovrighed eller forældre. (Prov. dan., 541.) 205 Wo Sünde einkehrt, kann Tugend nicht wohnen. Die Russen: Wo die Sünde nicht fruchtet, wird die Tugend frommen. (Altmann VI, 80.) 206 Wo Sünde ist ohne Rewe, dy ist alle Zit vor Gote newe. – Radowitz, 27. 207 Wo Sünden nicht gestrafft werden, do thut der Sünd, der nicht sündigt. – Lehmann, 740, 27. 208 Zu einer offentlichen sündt gehört ein offentlich straff. – Pauli, Schimpff, XIII, 8. 209 Zu solcher sünd gehöret solch buss. – Henisch, 572, 36; Petri, II, 827. 210 Zur Sünde eilt man, zur Tugend schleicht man. – Altmann VI, 510. *211 Das ist eine Sünde wider den heiligen Geist. D. i. eine grosse, schwere. In Warschau jüdisch- deutsch: Chojte be-Eigel sein. Wird meist ironisch gebraucht, in welchem Falle es in Beigel, eine beliebte Brezelart, zusammengezogen wird. Ueber Beigel (vgl. Wurzbach, II, 49 u. 109.) *212 Das ist Sünd, Schande vnd Schaden. – Mathesy, 343b. *213 De Sünd' vergivt die de Köster, dâr brukst den Paster nich to. (Pommern.) Das hat nichts auf sich, darüber darfst du dir keine Bedenken (oder Vorwürfe) machen. *214 Die ist schon einer Sünde werth. (Böhmen.) Man will sagen: Das Mädchen oder die Frau ist so schön, dass die Sünde der Verführung durch den Genuss aufgewogen würde. *215 Die Sünde auf dem Rücken, und den Balken in Augen tragen. – Luther, 100. *216 Die Sünden mit Adam's schurtz bedecken. – Mathesy, 128b. *217 Du pist der sunden ledig als der hunt der floch vmb sannt johannstag. – Hofmann, 38, 150. *218 Ein Sünd mit der andern straffen. – Eyering, II, 185 u. 643. *219 Eine Sünde mit der andern zudecken. Lat.: Lutum luto purgare. (Hanzely, 171; Seybold, 286.) *220 Er ist von Sünden frei wie der Hund von Flöhen. „Er ward seiner Sünden ledig gar und rund, gleich wie seiner Flöh der Hund.“ (H. Sachs, Schwänke, Kiel 1827, S. 215.) *221 Es ist sünd vond schand. – Hätzlerin, II, 62, 58. *222 Es ist Sünde und Jammer, dass solche Hände faulen müssen. Holl.: Het is zonde en jammer, dat zulke handen rotten moeten. (Harrebomée, II, 508a.) *223 In seinen Sünden umkommen (verbrennen u. s. w.). (Schles.) D. i. plötzlich um's Leben kommen. *224 Mit seinen Sünden Staat machen. Lat.: Gloria peccati nulla petenda tui est. (Ovid.) (Philippi, I, 169.) – Noxiae par poena esto. – Poena unius est multorum metus. (Seybold, 315 u. 448.) *225 'S is ane Sinde und ane Schande. (Schles.) – Frommann, III, 414, 537. *226 Sich der Sünde fürchten. „Ich unglückselige (klagt eine Mutter über ihren ungerathenen Sohn); so muss es denn auch bei mir eintreffen, dass wenn ein Unglück komme, so kommt es mit Haufen. Aber fürchtestu dich der Sünde nicht?“ (Keller, 146a.) *227 'T is man 'n Sünde, dê de Köster vergift. – Bueren, 1097; Hauskalender, II. *228 Wieder in seine alten Sünden fallen. Frz.: Retourner a son vovissement. (Lendroy, 1572.) Sündenbalg. Den Sündenbalg pflegen wir alle jährlich einmal abzulegen. Sündenbock. 1 Ein Sündenbock muss sein, sagte der Junge, ich will's nur gestehen, dass ich die Welt geschaffen habe. *2 Der hat'n Sünd'nbouk mach'n möss'n. (Franken.) – Frommann, VI, 325, 376. *3 Er ist der Sündenbock. „Ueberall macht man mich verantwortlich für eine Situation, die ich nicht geschaffen, sondern, die mir aufgedrängt worden; ich bin für die öffentliche Meinung der Sündenbock“, erklärte Graf von Bismarck vor Ausbruch des Kriegs 1866. – Der Sündenbock war bei den Juden der Bock, welchen sie mit des Volks Sünden beladen in die Wüste schickten, während sie einen andern opferten, um Vergebung ihrer Sünden zu erhalten. Der Sündenbock stammt aus 3 Mos. 16. Also: Er muss es immer entgelten. Denselben Sinn hat die jüdisch-deutsche Redensart: Er is tummid dus Kappure- Hühndel, er ist stets das Sühnopfer-Hühnchen. Und: Er müss tummed dus Bud auschiessen. Frz.: C'est le bouc emissaire. (Lendroy, 200.) Holl.: Hij is altijd de zondebok. (Harrebomée, II, 508a.) Sündenfrei. * Er ist sündefrei wie-n-e Chrott. – Sutermeister, 82. Sündengeld. * Das ist ein Sündengeld.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [484]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/490>, abgerufen am 21.11.2024.