Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.[Spaltenumbruch]
Kiste. 1 Bei einer offenen Kiste sündigt auch wol ein Gescheiter. - Adelung. 2 Bey einer offenen Kist kan auch offt ein frommer zum Schalck werden. - Lehmann, 258, 24; Eiselein, 379; Simrock, 5699. Dän.: En aaben kiste giör en dristig tyv. (Prov. dan., 343.) - Evne giör tyve, tyve giör ikke evne. - Onde gemme giör snare tyve. (Prov. dan., 223.) Frz.: En coffre ouvert le juste peche. (Kritzinger, 153a.) 3 Ein Kisten vnd ein Schrein, ein Saw (Bache) vnd Schwein, ein Ochs vnd Rind sind all Geschwister Kind. - Lehmann, 329, 32; Gaal, 1017; Eiselein, 230; Reinsberg IV, 44. Engl.: Goose and gander and gosling are three sounds but one thing. (Gaal, 1017.) Frz.: C'est jus vert ou verjus. (Gaal, 1017.) Ung.: Eb vagy kutya mind egy tatar. (Gaal, 1017.) 4 Eine offene Kiste macht leichte Finger. 5 Hat man erst Kisten und Kasten voll, so finden sich auch Vettern wol. It.: Chi ha roba, ha de' parenti. (Gaal, 524.) 6 Ist die Kiste zu, hat die Seele Ruh'. Holl.: Als de koffer toe is, heeft het hart zijne rust. (Harrebomee, I, 428a.) 7 Leere Kisten braucht man nicht zu verschliessen. "Fabull verschliesset alle Kisten, damit sich niemand lässt gelüsten, zu sehen, dass sie ledig sind." (Lessing.) 8 Wenn Kist' und Kasten leer, wird das Haushalten schwer. Holl.: Eene ejdele kas maakt eene dolle vrouw. (Harrebomee, I, 383b.) *9 Alles in eine Kiste packen. - Altmann VI, 519. *10 Dat fallt vun (kumt aut) de Kiste in de bylade. - Eichwald, 1028; Schütze, I, 102. Wenn unter Eheleuten Gütergemeinschaft herrscht. Wenn etwas Verlorenes wieder zufällt, der Mann von der Frau im Spiel gewinnt. Auch Fr. Hasenow bemerkt zu der Redensart: Die Kiste oder Lade hat ein abgetheiltes Fach, in welchem Kleinigkeiten aufbewahrt werden, die nicht wohl unter die Wäsche und Kleidungsstücke gepackt werden können, welche den Inhalt der grossen Hauptabtheilung bilden. Wollte man sie aber oben auflegen, so hätte man die Unbequemlichkeit, sie jedesmal herausnehmen zu müssen, wenn man ein Stück von jenen hervornehmen will. Zum Inhalte der Kiste gehört aber ja auch der der Beilade, wie der Theil zum Ganzen. Angewandt wird das Wort auf das Eigenthum der Frau im (dadurch abgeleugneten, als unwesentlich bezeichneten) Gegensatz zu dem des Mannes. Häufig wenn z. B. kleine Wirthschaftseinkünfte (Butter- und Eiergeld u. s. w.) an den Mann bezahlt werden und die Frau, dagegen Einspruch erhebend, dies als ihr zukommend bezeichnet. Frischbier (1893) hat aus dem Kasten in die Beilade. Wenn dies nicht, wie ich vermuthe, Druckfehler ist, so verstehe ich nicht, wie etwas aus dem Kasten in die Beilade fallen kann. *11 Er hat Kisten, Kasten und Keller voll. - Mathesy, 70a; Eiselein, 379; Theatrum Diabolorum, 534b. Ist sehr reich, hat Ueberfluss an allen Dingen. - "Kisten vnd Kasten, Küchen vnd Keller, Böhnen vnd Boden voll haben." (Chemnitius, 567.) In Pommern: Dor sind Kisten und Kasten vull. (Dähnert, 229a.) Frz.: Nager dans l'abondance. *12 He hett nig Kisten nog Kasten. (Holst.) - Schütze, II, 260. Es fehlt ihm an Möbeln. *13 Hei keik de Kist an, as hedd hei Tähnweihdag. - Fr. Reuter, Schurr-Murr, S. 18. *14 Hei keik de Kist an, as wull hei mit sine Ogen den Düvel dodslan, wenn do drin set. - Fr. Reuter, Schurr-Murr, S. 18. *15 Oft bi de Kist gahn. - Dähnert, 222a. Oft etwas Neues zum Gebrauch herausnehmen. Kittel. 1 Besser Kittel als Titel. - Eiselein, 597. Lat.: Vitulum, non titulum. (Binder, II, 3585.) 2 Ein bezahlter Kittel ist wärmer als ein geborgter Pelz. - Sprichwörtergarten, 362. Hüte dich vorm Schuldenmachen. 3 Kein Kittel, wo der Teufel nicht ein Haar drin hat. - Gotthelf, Käserei, S. 33. 4 Lieber Kittel1 reiss nicht, Herrendienst (oder: - gunst) erbet nicht. - Eyering, III, 46 u. 175; Henisch,[Spaltenumbruch] 1734, 45; Manlius, 811; Körte, 2778; Latendorf II, 21. 1) Der graue Rock des in der Herrengunst (d. h. mit einem auf Widerruf belehnten Guts) stehenden Bauers. (S. Herrengnade 3 und Graf, 198-199.) - Um zu sagen, dass Herren- und Hofgunst nicht von Dauer ist. Mathesius (327b) fügt noch hinzu: "Vnd die Ertzte bestehen nicht, pfleget man zu sagen." (S. Herrengunst.) Auch mit dem Zusatz: "Halte lang und fordre nicht, so verlierst du deines Herrn Gunst nicht." In Mathesius, Postilla (CCXVIIIa): "Lieber Kittel reiss nicht, mein ampt erbet nicht, sprach der ungerechte Haushalter, da der Herr rechnung begert." Böhm.: Mila kytle, neder se; vsak milost panska nededi. (Celakovsky, 240.) 5 Man soll mir aber den Kittel lassen, sagte jener zum Henker, die Nächte sind kalt. - Sutor, 377. 6 Unter schlichtem Kittel ist oft das beste Herz. Dän.: Ofte er skarlagens hierte under reven kaabe. (Bohn I, 393.) It.: Sott' un habito vile ben spesso si nasconde un cuor gentile. (Pazzaglia, 76, 7.) Lat.: Non est magna domus, quid tum? sub paupere tecto saepe etium virtus ingeniosa latet. (Philippi, II, 53.) *7 Einem den Kittel ausklopfen. (Rottenburg.) *8 Er hat den Kittel umgekehrt. - Braun, I, 1861; Körte, 3412. Von einem, der seinen Glauben gewechselt hat. (Schmid, Schwäbisches Wörterbuch.) *9 Jetzt ist der Kittel geflickt. (Nürtingen.) Die Sache ist in Ordnung. *10 Man hat ihm den Kittel gewandt. (Nürtingen.) Er hat fallirt. *11 Sei hot an langen Kittel un an kurzen Verstand. (Militsch in Schlesien.) Von Frauen, die klug sein wollen und dabei Albernes zu Tage fördern. Kitze. Kitz, aus vom Fisch. - Eyering, III, 113. Kitzel. 1 Wenn der Kitzel vorüber ist mit Reiben (Kratzen) und Scherzen, so fühlt man Unlust und Schmerzen. Dän.: Efter söd klöde kommer suur svie. (Prov. dan., 350.) *2 De Kettel steckt em darna. - Dähnert, 225. *3 Den Kitzel büssen. "Das hiess den Kützel gebüsset." (Gottfr., 637.) *4 Der kitzel ist der vetlen noch nit vergangen. - Franck, II, 117a; Tappius, 185a; Lehmann, II, 65, 149. Lat.: Anus hircissat. (Erasm., 514; Tappius, 185a.) *5 Der Kitzel ist ihm vergangen. - Simrock, 5701. *6 Der Kitzel sticht ihn. "Thet jn dennoch der kützel stechen." - (Waldis, II, 10, 18.) *7 Einem den Kitzel vertreiben (nehmen). Ernste Gedanken, unangenehme Empfindungen in ihm erwecken. "Er gab sie 12 starken Soldaten zum besten, die ihr den Kützel vertrieben." (Gottfr., 423b.) "Vnd thet damit (nämlich mit dem unbändigen Stiere) den acker eren, das er jm liess den kutzel weren." (Waldis, II, 10, 9.) "Dem gailen wollüstigen Geblüt und gumpenden Leib-Esel der schläffrigen Seel den Kitzel vertreiben." (Grimmelshausen, Vogelnest, II.) *8 Em steckt de Kettel darna. - Dähnert, 225a. Er ist lüstern danach. *9 He ward di den Kettel verdriwen. - Dähnert, 225. Kitzeln. 1 Das kitzelt als wenn der Junker 'n Bauer frisst, sagte der Laubfrosch, da er eine (Brumm-) Fliege verschluckte. 2 Das kitzelt in der Nase und macht niesen; und dann heisst's: Gott segn' es. 3 Eck kann dat Ketteln an'n Halse nich verdragen, sä de Deif, da se ene hängen wollen. (Hildesheim.) - Hoefer, 368a. 4 Es kitzelt wol, aber der Spass dauert mir zu lange, sagte der Kerl zum Henker, als er am Galgen baumelte. Engl.: I may feel the point, but don't see the joke, as the sheep said to the butcher's knife. (Hagen, VI, 103, 8.) 5 Ik kann dat Kitteln net utstan, sä de Feling, as he hangen werden sull. - Kern, 28. 6 Kitzlen thut den Mägdlein wol. - Gruter, III, 59; Lehmann, II, 322, 71. Der Kitzel, wie ein Ausfluss überschüssiger Naturkraft, galt unsern Vorfahren als die Quelle alles Ueber [Spaltenumbruch]
Kiste. 1 Bei einer offenen Kiste sündigt auch wol ein Gescheiter. – Adelung. 2 Bey einer offenen Kist kan auch offt ein frommer zum Schalck werden. – Lehmann, 258, 24; Eiselein, 379; Simrock, 5699. Dän.: En aaben kiste giør en dristig tyv. (Prov. dan., 343.) – Evne giør tyve, tyve giør ikke evne. – Onde gemme giør snare tyve. (Prov. dan., 223.) Frz.: En coffre ouvert le juste pêche. (Kritzinger, 153a.) 3 Ein Kisten vnd ein Schrein, ein Saw (Bache) vnd Schwein, ein Ochs vnd Rind sind all Geschwister Kind. – Lehmann, 329, 32; Gaal, 1017; Eiselein, 230; Reinsberg IV, 44. Engl.: Goose and gander and gosling are three sounds but one thing. (Gaal, 1017.) Frz.: C'est jus vert ou verjus. (Gaal, 1017.) Ung.: Eb vagy kutya mind egy tatár. (Gaal, 1017.) 4 Eine offene Kiste macht leichte Finger. 5 Hat man erst Kisten und Kasten voll, so finden sich auch Vettern wol. It.: Chi ha roba, ha de' parenti. (Gaal, 524.) 6 Ist die Kiste zu, hat die Seele Ruh'. 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Wollte man sie aber oben auflegen, so hätte man die Unbequemlichkeit, sie jedesmal herausnehmen zu müssen, wenn man ein Stück von jenen hervornehmen will. Zum Inhalte der Kiste gehört aber ja auch der der Beilade, wie der Theil zum Ganzen. Angewandt wird das Wort auf das Eigenthum der Frau im (dadurch abgeleugneten, als unwesentlich bezeichneten) Gegensatz zu dem des Mannes. Häufig wenn z. B. kleine Wirthschaftseinkünfte (Butter- und Eiergeld u. s. w.) an den Mann bezahlt werden und die Frau, dagegen Einspruch erhebend, dies als ihr zukommend bezeichnet. Frischbier (1893) hat aus dem Kasten in die Beilade. Wenn dies nicht, wie ich vermuthe, Druckfehler ist, so verstehe ich nicht, wie etwas aus dem Kasten in die Beilade fallen kann. *11 Er hat Kisten, Kasten und Keller voll. – Mathesy, 70a; Eiselein, 379; Theatrum Diabolorum, 534b. Ist sehr reich, hat Ueberfluss an allen Dingen. – „Kisten vnd Kasten, Küchen vnd Keller, Böhnen vnd Boden voll haben.“ (Chemnitius, 567.) In Pommern: Dor sind Kisten und Kasten vull. (Dähnert, 229a.) Frz.: Nager dans l'abondance. *12 He hett nig Kisten nog Kasten. (Holst.) – Schütze, II, 260. Es fehlt ihm an Möbeln. *13 Hei kîk de Kist an, as hedd hei Tähnweihdag. – Fr. Reuter, Schurr-Murr, S. 18. *14 Hei kîk de Kist an, as wull hei mit sine Ogen den Düvel dodslân, wenn do drin set. – Fr. Reuter, Schurr-Murr, S. 18. *15 Oft bi de Kist gahn. – Dähnert, 222a. Oft etwas Neues zum Gebrauch herausnehmen. Kittel. 1 Besser Kittel als Titel. – Eiselein, 597. Lat.: Vitulum, non titulum. (Binder, II, 3585.) 2 Ein bezahlter Kittel ist wärmer als ein geborgter Pelz. – Sprichwörtergarten, 362. 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Kitzel. 1 Wenn der Kitzel vorüber ist mit Reiben (Kratzen) und Scherzen, so fühlt man Unlust und Schmerzen. Dän.: Efter sød kløde kommer suur svie. (Prov. dan., 350.) *2 De Kettel steckt em darna. – Dähnert, 225. *3 Den Kitzel büssen. „Das hiess den Kützel gebüsset.“ (Gottfr., 637.) *4 Der kitzel ist der vetlen noch nit vergangen. – Franck, II, 117a; Tappius, 185a; Lehmann, II, 65, 149. Lat.: Anus hircissat. (Erasm., 514; Tappius, 185a.) *5 Der Kitzel ist ihm vergangen. – Simrock, 5701. *6 Der Kitzel sticht ihn. „Thet jn dennoch der kützel stechen.“ – (Waldis, II, 10, 18.) *7 Einem den Kitzel vertreiben (nehmen). Ernste Gedanken, unangenehme Empfindungen in ihm erwecken. „Er gab sie 12 starken Soldaten zum besten, die ihr den Kützel vertrieben.“ (Gottfr., 423b.) „Vnd thet damit (nämlich mit dem unbändigen Stiere) den acker eren, das er jm liess den kutzel weren.“ (Waldis, II, 10, 9.) „Dem gailen wollüstigen Geblüt und gumpenden Leib-Esel der schläffrigen Seel den Kitzel vertreiben.“ (Grimmelshausen, Vogelnest, II.) *8 Em steckt de Kettel darna. – Dähnert, 225a. Er ist lüstern danach. *9 He ward di den Kettel verdriwen. – Dähnert, 225. Kitzeln. 1 Das kitzelt als wenn der Junker 'n Bauer frisst, sagte der Laubfrosch, da er eine (Brumm-) Fliege verschluckte. 2 Das kitzelt in der Nase und macht niesen; und dann heisst's: Gott segn' es. 3 Eck kann dat Ketteln an'n Halse nich verdrâgen, sä de Deif, da se êne hängen wollen. (Hildesheim.) – Hoefer, 368a. 4 Es kitzelt wol, aber der Spass dauert mir zu lange, sagte der Kerl zum Henker, als er am Galgen baumelte. 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Kiste.
1 Bei einer offenen Kiste sündigt auch wol ein Gescheiter. – Adelung.
2 Bey einer offenen Kist kan auch offt ein frommer zum Schalck werden. – Lehmann, 258, 24; Eiselein, 379; Simrock, 5699.
Dän.: En aaben kiste giør en dristig tyv. (Prov. dan., 343.) – Evne giør tyve, tyve giør ikke evne. – Onde gemme giør snare tyve. (Prov. dan., 223.)
Frz.: En coffre ouvert le juste pêche. (Kritzinger, 153a.)
3 Ein Kisten vnd ein Schrein, ein Saw (Bache) vnd Schwein, ein Ochs vnd Rind sind all Geschwister Kind. – Lehmann, 329, 32; Gaal, 1017; Eiselein, 230; Reinsberg IV, 44.
Engl.: Goose and gander and gosling are three sounds but one thing. (Gaal, 1017.)
Frz.: C'est jus vert ou verjus. (Gaal, 1017.)
Ung.: Eb vagy kutya mind egy tatár. (Gaal, 1017.)
4 Eine offene Kiste macht leichte Finger.
5 Hat man erst Kisten und Kasten voll, so finden sich auch Vettern wol.
It.: Chi ha roba, ha de' parenti. (Gaal, 524.)
6 Ist die Kiste zu, hat die Seele Ruh'.
Holl.: Als de koffer toe is, heeft het hart zijne rust. (Harrebomée, I, 428a.)
7 Leere Kisten braucht man nicht zu verschliessen.
„Fabull verschliesset alle Kisten, damit sich niemand lässt gelüsten, zu sehen, dass sie ledig sind.“ (Lessing.)
8 Wenn Kist' und Kasten leer, wird das Haushalten schwer.
Holl.: Eene ejdele kas maakt eene dolle vrouw. (Harrebomée, I, 383b.)
*9 Alles in eine Kiste packen. – Altmann VI, 519.
*10 Dat fallt vun (kumt ût) de Kiste in de bylade. – Eichwald, 1028; Schütze, I, 102.
Wenn unter Eheleuten Gütergemeinschaft herrscht. Wenn etwas Verlorenes wieder zufällt, der Mann von der Frau im Spiel gewinnt. Auch Fr. Hasenow bemerkt zu der Redensart: Die Kiste oder Lade hat ein abgetheiltes Fach, in welchem Kleinigkeiten aufbewahrt werden, die nicht wohl unter die Wäsche und Kleidungsstücke gepackt werden können, welche den Inhalt der grossen Hauptabtheilung bilden. Wollte man sie aber oben auflegen, so hätte man die Unbequemlichkeit, sie jedesmal herausnehmen zu müssen, wenn man ein Stück von jenen hervornehmen will. Zum Inhalte der Kiste gehört aber ja auch der der Beilade, wie der Theil zum Ganzen. Angewandt wird das Wort auf das Eigenthum der Frau im (dadurch abgeleugneten, als unwesentlich bezeichneten) Gegensatz zu dem des Mannes. Häufig wenn z. B. kleine Wirthschaftseinkünfte (Butter- und Eiergeld u. s. w.) an den Mann bezahlt werden und die Frau, dagegen Einspruch erhebend, dies als ihr zukommend bezeichnet. Frischbier (1893) hat aus dem Kasten in die Beilade. Wenn dies nicht, wie ich vermuthe, Druckfehler ist, so verstehe ich nicht, wie etwas aus dem Kasten in die Beilade fallen kann.
*11 Er hat Kisten, Kasten und Keller voll. – Mathesy, 70a; Eiselein, 379; Theatrum Diabolorum, 534b.
Ist sehr reich, hat Ueberfluss an allen Dingen. – „Kisten vnd Kasten, Küchen vnd Keller, Böhnen vnd Boden voll haben.“ (Chemnitius, 567.) In Pommern: Dor sind Kisten und Kasten vull. (Dähnert, 229a.)
Frz.: Nager dans l'abondance.
*12 He hett nig Kisten nog Kasten. (Holst.) – Schütze, II, 260.
Es fehlt ihm an Möbeln.
*13 Hei kîk de Kist an, as hedd hei Tähnweihdag. – Fr. Reuter, Schurr-Murr, S. 18.
*14 Hei kîk de Kist an, as wull hei mit sine Ogen den Düvel dodslân, wenn do drin set. – Fr. Reuter, Schurr-Murr, S. 18.
*15 Oft bi de Kist gahn. – Dähnert, 222a.
Oft etwas Neues zum Gebrauch herausnehmen.
Kittel.
1 Besser Kittel als Titel. – Eiselein, 597.
Lat.: Vitulum, non titulum. (Binder, II, 3585.)
2 Ein bezahlter Kittel ist wärmer als ein geborgter Pelz. – Sprichwörtergarten, 362.
Hüte dich vorm Schuldenmachen.
3 Kein Kittel, wo der Teufel nicht ein Haar drin hat. – Gotthelf, Käserei, S. 33.
4 Lieber Kittel1 reiss nicht, Herrendienst (oder: - gunst) erbet nicht. – Eyering, III, 46 u. 175; Henisch,
1734, 45; Manlius, 811; Körte, 2778; Latendorf II, 21.
1) Der graue Rock des in der Herrengunst (d. h. mit einem auf Widerruf belehnten Guts) stehenden Bauers. (S. Herrengnade 3 und Graf, 198-199.) – Um zu sagen, dass Herren- und Hofgunst nicht von Dauer ist. Mathesius (327b) fügt noch hinzu: „Vnd die Ertzte bestehen nicht, pfleget man zu sagen.“ (S. Herrengunst.) Auch mit dem Zusatz: „Halte lang und fordre nicht, so verlierst du deines Herrn Gunst nicht.“ In Mathesius, Postilla (CCXVIIIa): „Lieber Kittel reiss nicht, mein ampt erbet nicht, sprach der ungerechte Haushalter, da der Herr rechnung begert.“
Böhm.: Milá kýtle, nedeř se; však milost panská nedĕdí. (Čelakovsky, 240.)
5 Man soll mir aber den Kittel lassen, sagte jener zum Henker, die Nächte sind kalt. – Sutor, 377.
6 Unter schlichtem Kittel ist oft das beste Herz.
Dän.: Ofte er skarlagens hierte under reven kaabe. (Bohn I, 393.)
It.: Sott' un habito vile ben spesso si nasconde un cuor gentile. (Pazzaglia, 76, 7.)
Lat.: Non est magna domus, quid tum? sub paupere tecto saepe etium virtus ingeniosa latet. (Philippi, II, 53.)
*7 Einem den Kittel ausklopfen. (Rottenburg.)
*8 Er hat den Kittel umgekehrt. – Braun, I, 1861; Körte, 3412.
Von einem, der seinen Glauben gewechselt hat. (Schmid, Schwäbisches Wörterbuch.)
*9 Jetzt ist der Kittel geflickt. (Nürtingen.)
Die Sache ist in Ordnung.
*10 Man hat ihm den Kittel gewandt. (Nürtingen.)
Er hat fallirt.
*11 Sei hot an langen Kittel un an kurzen Verstand. (Militsch in Schlesien.)
Von Frauen, die klug sein wollen und dabei Albernes zu Tage fördern.
Kitze.
Kitz, aus vom Fisch. – Eyering, III, 113.
Kitzel.
1 Wenn der Kitzel vorüber ist mit Reiben (Kratzen) und Scherzen, so fühlt man Unlust und Schmerzen.
Dän.: Efter sød kløde kommer suur svie. (Prov. dan., 350.)
*2 De Kettel steckt em darna. – Dähnert, 225.
*3 Den Kitzel büssen.
„Das hiess den Kützel gebüsset.“ (Gottfr., 637.)
*4 Der kitzel ist der vetlen noch nit vergangen. – Franck, II, 117a; Tappius, 185a; Lehmann, II, 65, 149.
Lat.: Anus hircissat. (Erasm., 514; Tappius, 185a.)
*5 Der Kitzel ist ihm vergangen. – Simrock, 5701.
*6 Der Kitzel sticht ihn.
„Thet jn dennoch der kützel stechen.“ – (Waldis, II, 10, 18.)
*7 Einem den Kitzel vertreiben (nehmen).
Ernste Gedanken, unangenehme Empfindungen in ihm erwecken. „Er gab sie 12 starken Soldaten zum besten, die ihr den Kützel vertrieben.“ (Gottfr., 423b.) „Vnd thet damit (nämlich mit dem unbändigen Stiere) den acker eren, das er jm liess den kutzel weren.“ (Waldis, II, 10, 9.) „Dem gailen wollüstigen Geblüt und gumpenden Leib-Esel der schläffrigen Seel den Kitzel vertreiben.“ (Grimmelshausen, Vogelnest, II.)
*8 Em steckt de Kettel darna. – Dähnert, 225a.
Er ist lüstern danach.
*9 He ward di den Kettel verdriwen. – Dähnert, 225.
Kitzeln.
1 Das kitzelt als wenn der Junker 'n Bauer frisst, sagte der Laubfrosch, da er eine (Brumm-) Fliege verschluckte.
2 Das kitzelt in der Nase und macht niesen; und dann heisst's: Gott segn' es.
3 Eck kann dat Ketteln an'n Halse nich verdrâgen, sä de Deif, da se êne hängen wollen. (Hildesheim.) – Hoefer, 368a.
4 Es kitzelt wol, aber der Spass dauert mir zu lange, sagte der Kerl zum Henker, als er am Galgen baumelte.
Engl.: I may feel the point, but don't see the joke, as the sheep said to the butcher's knife. (Hagen, VI, 103, 8.)
5 Ik kann dat Kitteln net utstân, sä de Feling, as he hangen werden sull. – Kern, 28.
6 Kitzlen thut den Mägdlein wol. – Gruter, III, 59; Lehmann, II, 322, 71.
Der Kitzel, wie ein Ausfluss überschüssiger Naturkraft, galt unsern Vorfahren als die Quelle alles Ueber
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