Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.4. Tonkunst. Das Meer trennt und verbindet die Länder: so trennt Sie ist das Herz des Menschen; das Blut, das von Das Organ des Herzens aber ist der Ton; seine 4. Tonkunſt. Das Meer trennt und verbindet die Länder: ſo trennt Sie iſt das Herz des Menſchen; das Blut, das von Das Organ des Herzens aber iſt der Ton; ſeine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0084" n="68"/> </div> <div n="2"> <head>4.<lb/><hi rendition="#g">Tonkunſt</hi>.<lb/></head> <p>Das Meer trennt und verbindet die Länder: ſo trennt<lb/> und verbindet die Tonkunſt die zwei äußerſten Gegenſätze<lb/> menſchlicher Kunſt, die Tanz- und Dichtkunſt.</p><lb/> <p>Sie iſt das <hi rendition="#g">Herz</hi> des Menſchen; das Blut, das von<lb/> ihm aus ſeinen Umlauf nimmt, giebt dem nach außen ge¬<lb/> wandten Fleiſche ſeine warme, lebenvolle Farbe, — die<lb/> nach innen ſtrebenden Nerven des Gehirnes nährt es aber<lb/> mit wellender Schwungkraft. Ohne die Thätigkeit des<lb/> Herzens bliebe die Thätigkeit des Gehirnes nur ein<lb/> mechaniſches Kunſtſtück; die Thätigkeit der äußeren<lb/> Leibesglieder ein ebenſo mechaniſches, gefühlloſes Ge¬<lb/> bahren. Durch das Herz fühlt der Verſtand ſich dem gan¬<lb/> zen Leibe verwandt, ſchwingt der bloße Sinnenmenſch ſich<lb/> zur Verſtandesthätigkeit empor.</p><lb/> <p>Das Organ des Herzens aber iſt der <hi rendition="#g">Ton</hi>; ſeine<lb/> künſtleriſch bewußte Sprache, die <hi rendition="#g">Tonkunſt</hi>. Sie iſt die<lb/> volle, wallende Herzensliebe, die das ſinnliche Luſt¬<lb/> empfinden adelt, und den unſinnlichen Gedanken vermenſch¬<lb/> licht. Durch die Tonkunſt verſtehen ſich Tanz und Dicht¬<lb/> kunſt: in ihr berühren ſich mit liebevollem Durchdringen<lb/> die Geſetze, nach denen Beide ihrer Natur gemäß ſich kund¬<lb/> geben; in ihr wird das Wollen beider zum Unwillkürlichen,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [68/0084]
4.
Tonkunſt.
Das Meer trennt und verbindet die Länder: ſo trennt
und verbindet die Tonkunſt die zwei äußerſten Gegenſätze
menſchlicher Kunſt, die Tanz- und Dichtkunſt.
Sie iſt das Herz des Menſchen; das Blut, das von
ihm aus ſeinen Umlauf nimmt, giebt dem nach außen ge¬
wandten Fleiſche ſeine warme, lebenvolle Farbe, — die
nach innen ſtrebenden Nerven des Gehirnes nährt es aber
mit wellender Schwungkraft. Ohne die Thätigkeit des
Herzens bliebe die Thätigkeit des Gehirnes nur ein
mechaniſches Kunſtſtück; die Thätigkeit der äußeren
Leibesglieder ein ebenſo mechaniſches, gefühlloſes Ge¬
bahren. Durch das Herz fühlt der Verſtand ſich dem gan¬
zen Leibe verwandt, ſchwingt der bloße Sinnenmenſch ſich
zur Verſtandesthätigkeit empor.
Das Organ des Herzens aber iſt der Ton; ſeine
künſtleriſch bewußte Sprache, die Tonkunſt. Sie iſt die
volle, wallende Herzensliebe, die das ſinnliche Luſt¬
empfinden adelt, und den unſinnlichen Gedanken vermenſch¬
licht. Durch die Tonkunſt verſtehen ſich Tanz und Dicht¬
kunſt: in ihr berühren ſich mit liebevollem Durchdringen
die Geſetze, nach denen Beide ihrer Natur gemäß ſich kund¬
geben; in ihr wird das Wollen beider zum Unwillkürlichen,
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