Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.5. Die kunstwidrige Gestaltung des Lebens der Gegenwart unter der Herrschaft der Abstraktion und der Mode. Das Erste, der Anfang und Grund alles Vorhan¬ 5. Die kunſtwidrige Geſtaltung des Lebens der Gegenwart unter der Herrſchaft der Abſtraktion und der Mode. Das Erſte, der Anfang und Grund alles Vorhan¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0039" n="23"/> </div> <div n="2"> <head>5.<lb/> Die kunſtwidrige Geſtaltung des Lebens der Gegenwart unter der<lb/> Herrſchaft der Abſtraktion und der Mode.<lb/></head> <p>Das Erſte, der Anfang und Grund alles Vorhan¬<lb/> denen und Denkbaren, iſt das wirkliche ſinnliche Sein.<lb/> Das Innewerden ſeines Lebensbedürfniſſes als des <hi rendition="#g">ge¬<lb/> meinsamen</hi> Lebensbedürfniſſes ſeiner <hi rendition="#g">Gattung</hi>, im<lb/> Unterſchiede von der Natur und der in ihr enthaltenen,<lb/> vom Menſchen unterſchiedenen, Gattungen lebendiger<lb/> Weſen, — iſt der Anfang und Grund des menſchlichen<lb/> Denkens. Das Denken iſt demnach die Fähigkeit des<lb/> Menſchen. das Wirkliche und Sinnliche nach ſeinen Aeuße¬<lb/> rungen nicht nur zu empfinden, ſondern nach ſeiner Weſen¬<lb/> heit zu unterſcheiden, endlich in ſeinem Zuſammenhange zu<lb/> erfaſſen und ſich darzuſtellen. Der Begriff von einer<lb/> Sache iſt das im Denken dargeſtellte Bild ſeines wirklichen<lb/> Weſens: die Darstellung der Bilder aller erkenntlichen<lb/> Weſenheiten in einem Geſammtbilde, in welchem das Den¬<lb/> ken ſich die im Begriff dargeſtellte Weſenheit aller Reali¬<lb/> täten nach ihrem Zuſammenhange vergegenſtändlicht, iſt<lb/> das Werk der höchſten Tätigkeit der menſchlichen Seele,<lb/> des <hi rendition="#g">Geiſtes</hi>. Muß in dieſem Geſammtbilde der Menſch<lb/> das Bild, den Begriff, auch ſeines eigenen Weſens mit<lb/> inbegriffen haben, ja — iſt dieſes vergegenſtändlichte eigene<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [23/0039]
5.
Die kunſtwidrige Geſtaltung des Lebens der Gegenwart unter der
Herrſchaft der Abſtraktion und der Mode.
Das Erſte, der Anfang und Grund alles Vorhan¬
denen und Denkbaren, iſt das wirkliche ſinnliche Sein.
Das Innewerden ſeines Lebensbedürfniſſes als des ge¬
meinsamen Lebensbedürfniſſes ſeiner Gattung, im
Unterſchiede von der Natur und der in ihr enthaltenen,
vom Menſchen unterſchiedenen, Gattungen lebendiger
Weſen, — iſt der Anfang und Grund des menſchlichen
Denkens. Das Denken iſt demnach die Fähigkeit des
Menſchen. das Wirkliche und Sinnliche nach ſeinen Aeuße¬
rungen nicht nur zu empfinden, ſondern nach ſeiner Weſen¬
heit zu unterſcheiden, endlich in ſeinem Zuſammenhange zu
erfaſſen und ſich darzuſtellen. Der Begriff von einer
Sache iſt das im Denken dargeſtellte Bild ſeines wirklichen
Weſens: die Darstellung der Bilder aller erkenntlichen
Weſenheiten in einem Geſammtbilde, in welchem das Den¬
ken ſich die im Begriff dargeſtellte Weſenheit aller Reali¬
täten nach ihrem Zuſammenhange vergegenſtändlicht, iſt
das Werk der höchſten Tätigkeit der menſchlichen Seele,
des Geiſtes. Muß in dieſem Geſammtbilde der Menſch
das Bild, den Begriff, auch ſeines eigenen Weſens mit
inbegriffen haben, ja — iſt dieſes vergegenſtändlichte eigene
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