lösung des Künstlers, die Vertilgung der letzten Spuren der schaffenden Willkür, die unzweifelhafte Bestimmtheit des bis dahin nur Vorgestellten, die Befreiung des Ge¬ dankens in der Sinnlichkeit, die Befriedigung des Lebens¬ bedürfnisses im Leben.
Das Kunstwerk in diesem Sinne, als unmittelbarer Lebensakt, ist somit die vollständige Versöhnung der Wis¬ senschaft mit dem Leben, der Siegeskranz, den die besiegte, durch ihre Besiegung erlöste, dem freudig von ihr erkann¬ ten Sieger huldigend darreicht.
3. Das Volk und die Kunst.
Die Erlösung des Denkens, der Wissenschaft, in das Kunstwerk würde unmöglich sein, wenn das Leben selbst von der wissenschaftlichen Spekulation abhängig gemacht werden könnte. Würde das bewußte, willkürliche Denken das Leben in Wahrheit vollkommen beherrschen, könnte es sich des Lebenstriebes bemächtigen und ihn nach einer an¬ dern Absicht, als der Nothwendigkeit des absoluten Be¬ dürfnisses verwenden, so wäre das Leben selbst verneint um in die Wissenschaft aufzugehen; und in der That hat die Wissenschaft in ihrem überspanntesten Hochmuthe von solchem Triumphe geträumt, und unser regierter Staat,
löſung des Künſtlers, die Vertilgung der letzten Spuren der ſchaffenden Willkür, die unzweifelhafte Beſtimmtheit des bis dahin nur Vorgeſtellten, die Befreiung des Ge¬ dankens in der Sinnlichkeit, die Befriedigung des Lebens¬ bedürfniſſes im Leben.
Das Kunſtwerk in dieſem Sinne, als unmittelbarer Lebensakt, iſt ſomit die vollſtändige Verſöhnung der Wiſ¬ ſenſchaft mit dem Leben, der Siegeskranz, den die beſiegte, durch ihre Beſiegung erlöste, dem freudig von ihr erkann¬ ten Sieger huldigend darreicht.
3. Das Volk und die Kunſt.
Die Erlöſung des Denkens, der Wiſſenſchaft, in das Kunſtwerk würde unmöglich ſein, wenn das Leben ſelbſt von der wiſſenſchaftlichen Spekulation abhängig gemacht werden könnte. Würde das bewußte, willkürliche Denken das Leben in Wahrheit vollkommen beherrſchen, könnte es ſich des Lebenstriebes bemächtigen und ihn nach einer an¬ dern Abſicht, als der Nothwendigkeit des abſoluten Be¬ dürfniſſes verwenden, ſo wäre das Leben ſelbſt verneint um in die Wiſſenſchaft aufzugehen; und in der That hat die Wiſſenſchaft in ihrem überſpannteſten Hochmuthe von ſolchem Triumphe geträumt, und unſer regierter Staat,
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löſung des Künſtlers, die Vertilgung der letzten Spuren
der ſchaffenden Willkür, die unzweifelhafte Beſtimmtheit
des bis dahin nur Vorgeſtellten, die Befreiung des Ge¬
dankens in der Sinnlichkeit, die Befriedigung des Lebens¬
bedürfniſſes im Leben.
Das Kunſtwerk in dieſem Sinne, als unmittelbarer
Lebensakt, iſt ſomit die vollſtändige Verſöhnung der Wiſ¬
ſenſchaft mit dem Leben, der Siegeskranz, den die beſiegte,
durch ihre Beſiegung erlöste, dem freudig von ihr erkann¬
ten Sieger huldigend darreicht.
3.
Das Volk und die Kunſt.
Die Erlöſung des Denkens, der Wiſſenſchaft, in das
Kunſtwerk würde unmöglich ſein, wenn das Leben ſelbſt
von der wiſſenſchaftlichen Spekulation abhängig gemacht
werden könnte. Würde das bewußte, willkürliche Denken
das Leben in Wahrheit vollkommen beherrſchen, könnte es
ſich des Lebenstriebes bemächtigen und ihn nach einer an¬
dern Abſicht, als der Nothwendigkeit des abſoluten Be¬
dürfniſſes verwenden, ſo wäre das Leben ſelbſt verneint
um in die Wiſſenſchaft aufzugehen; und in der That hat
die Wiſſenſchaft in ihrem überſpannteſten Hochmuthe von
ſolchem Triumphe geträumt, und unſer regierter Staat,
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Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_zukunft_1850/24>, abgerufen am 03.03.2025.
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