Aber das Mütterchen stieg frohlockend empor in den Söller, Um der Fürstin zu melden, ihr lieber Gemahl sei zu Hause: Jugendlich strebten die Knie', und hurtiger eilten die Schenkel; Und sie trat zu dem Haupte der schlafenden Fürstin, und sagte:
Wach auf, Pänelopeia, geliebte Tochter, und schau es 5 Selber mit Augen, worauf du so lange geharret: Odüßeus Ist gekommen, Odüßeus! und wieder zu Hause, nun endlich! Und hat alle Freier getödtet, die hier im Palaste Trozten, sein Gut verschlangen, und seinen Tälemachos höhnten!
Ihr antwortete drauf die kluge Pänelopeia: 10 Liebe Mutter, dich haben die Götter bethöret, die oftmal Selbst die verständigsten Menschen in Unverständige wandeln, Und Einfältige oft mit hoher Weisheit erleuchten! Diese verrückten gewiß auch deine richtigen Sinne! Warum spottest du meiner, die so schon herzlich betrübt ist, 15 Und verkündest mir Lügen, und weckst mich vom lieblichen Schlummer, Welcher mir, ach so sanft! die lieben Wimpern bedeckte? Denn ich schlief noch nimmer so fest, seit Odüßeus hinwegfuhr, Troja zu sehn, die verwünschte, die keiner nennet ohn Abscheu! Aber nun steige hinab, und geh in die untere Wohnung! 20
Oduͤßee. Dreiundzwanzigſter Geſang.
Aber das Muͤtterchen ſtieg frohlockend empor in den Soͤller, Um der Fuͤrſtin zu melden, ihr lieber Gemahl ſei zu Hauſe: Jugendlich ſtrebten die Knie', und hurtiger eilten die Schenkel; Und ſie trat zu dem Haupte der ſchlafenden Fuͤrſtin, und ſagte:
Wach auf, Paͤnelopeia, geliebte Tochter, und ſchau es 5 Selber mit Augen, worauf du ſo lange geharret: Oduͤßeus Iſt gekommen, Oduͤßeus! und wieder zu Hauſe, nun endlich! Und hat alle Freier getoͤdtet, die hier im Palaſte Trozten, ſein Gut verſchlangen, und ſeinen Taͤlemachos hoͤhnten!
Ihr antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia: 10 Liebe Mutter, dich haben die Goͤtter bethoͤret, die oftmal Selbſt die verſtaͤndigſten Menſchen in Unverſtaͤndige wandeln, Und Einfaͤltige oft mit hoher Weisheit erleuchten! Dieſe verruͤckten gewiß auch deine richtigen Sinne! Warum ſpotteſt du meiner, die ſo ſchon herzlich betruͤbt iſt, 15 Und verkuͤndeſt mir Luͤgen, und weckſt mich vom lieblichen Schlummer, Welcher mir, ach ſo ſanft! die lieben Wimpern bedeckte? Denn ich ſchlief noch nimmer ſo feſt, ſeit Oduͤßeus hinwegfuhr, Troja zu ſehn, die verwuͤnſchte, die keiner nennet ohn Abſcheu! Aber nun ſteige hinab, und geh in die untere Wohnung! 20
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Oduͤßee.
Dreiundzwanzigſter Geſang.
Aber das Muͤtterchen ſtieg frohlockend empor in den Soͤller,
Um der Fuͤrſtin zu melden, ihr lieber Gemahl ſei zu Hauſe:
Jugendlich ſtrebten die Knie', und hurtiger eilten die Schenkel;
Und ſie trat zu dem Haupte der ſchlafenden Fuͤrſtin, und ſagte:
Wach auf, Paͤnelopeia, geliebte Tochter, und ſchau es
Selber mit Augen, worauf du ſo lange geharret: Oduͤßeus
Iſt gekommen, Oduͤßeus! und wieder zu Hauſe, nun endlich!
Und hat alle Freier getoͤdtet, die hier im Palaſte
Trozten, ſein Gut verſchlangen, und ſeinen Taͤlemachos hoͤhnten!
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Ihr antwortete drauf die kluge Paͤnelopeia:
Liebe Mutter, dich haben die Goͤtter bethoͤret, die oftmal
Selbſt die verſtaͤndigſten Menſchen in Unverſtaͤndige wandeln,
Und Einfaͤltige oft mit hoher Weisheit erleuchten!
Dieſe verruͤckten gewiß auch deine richtigen Sinne!
Warum ſpotteſt du meiner, die ſo ſchon herzlich betruͤbt iſt,
Und verkuͤndeſt mir Luͤgen, und weckſt mich vom lieblichen Schlummer,
Welcher mir, ach ſo ſanft! die lieben Wimpern bedeckte?
Denn ich ſchlief noch nimmer ſo feſt, ſeit Oduͤßeus hinwegfuhr,
Troja zu ſehn, die verwuͤnſchte, die keiner nennet ohn Abſcheu!
Aber nun ſteige hinab, und geh in die untere Wohnung!
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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/441>, abgerufen am 21.11.2024.
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