Frühe bereitete schon mit Odüßeus trefliche Sauhirt In der Hütte das Mahl bei angezündetem Feuer, Sandte darauf die Hirten mit ihren Schweinen zu Felde. Und Tälemachos kam; ihn umhüpften die wachsamen Hunde Schmeichelnd, und bellten nicht. Der göttergleiche Odüßeus 5 Sah die schmeichelnden Hund', und hörte des Kommenden Fußtritt; Wandte sich schnell zu Eumaios, und sprach die geflügelten Worte:
Sicher, Eumaios, besucht dich einer von deinen Gesellen, Oder auch sonst ein Bekannter; denn ihn umhüpfen die Hunde Schmeichelnd, und bellen nicht; auch hör' ich des Kommenden Fußtritt. 10
Als er noch redete, siehe da stand an der Schwelle des Hauses Sein geliebtester Sohn. Voll Schrecken erhub sich der Sauhirt; Seinen Händen entsank das Geschirr, das er eben gebrauchte, Funkelnden Wein zu mischen; er eilte dem Fürsten entgegen, Küßte sein Angesicht, und beide glänzenden Augen, 15 Beide Hände dazu; und Thränen umfloßen sein Antliz. Wie den geliebten Sohn ein gütiger Vater bewillkommt, Ihn, der im zehnten Jahr' aus fernen Landen zurückkehrt, Ach! den einzigen, spätgebornen, mit Kummer erzognen: Also umarmte den schönen Tälemachos jezo der Sauhirt, 20
Oduͤßee. Sechzehnter Geſang.
Fruͤhe bereitete ſchon mit Oduͤßeus trefliche Sauhirt In der Huͤtte das Mahl bei angezuͤndetem Feuer, Sandte darauf die Hirten mit ihren Schweinen zu Felde. Und Taͤlemachos kam; ihn umhuͤpften die wachſamen Hunde Schmeichelnd, und bellten nicht. Der goͤttergleiche Oduͤßeus 5 Sah die ſchmeichelnden Hund', und hoͤrte des Kommenden Fußtritt; Wandte ſich ſchnell zu Eumaios, und ſprach die gefluͤgelten Worte:
Sicher, Eumaios, beſucht dich einer von deinen Geſellen, Oder auch ſonſt ein Bekannter; denn ihn umhuͤpfen die Hunde Schmeichelnd, und bellen nicht; auch hoͤr' ich des Kommenden Fußtritt. 10
Als er noch redete, ſiehe da ſtand an der Schwelle des Hauſes Sein geliebteſter Sohn. Voll Schrecken erhub ſich der Sauhirt; Seinen Haͤnden entſank das Geſchirr, das er eben gebrauchte, Funkelnden Wein zu miſchen; er eilte dem Fuͤrſten entgegen, Kuͤßte ſein Angeſicht, und beide glaͤnzenden Augen, 15 Beide Haͤnde dazu; und Thraͤnen umfloßen ſein Antliz. Wie den geliebten Sohn ein guͤtiger Vater bewillkommt, Ihn, der im zehnten Jahr' aus fernen Landen zuruͤckkehrt, Ach! den einzigen, ſpaͤtgebornen, mit Kummer erzognen: Alſo umarmte den ſchoͤnen Taͤlemachos jezo der Sauhirt, 20
<TEI><text><body><pbfacs="#f0310"n="304"/><divn="1"><head><hirendition="#g">Oduͤßee.<lb/>
Sechzehnter Geſang</hi>.</head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p><hirendition="#in">F</hi>ruͤhe bereitete ſchon mit Oduͤßeus trefliche Sauhirt<lb/>
In der Huͤtte das Mahl bei angezuͤndetem Feuer,<lb/>
Sandte darauf die Hirten mit ihren Schweinen zu Felde.<lb/>
Und Taͤlemachos kam; ihn umhuͤpften die wachſamen Hunde<lb/>
Schmeichelnd, und bellten nicht. Der goͤttergleiche Oduͤßeus <noteplace="right">5</note><lb/>
Sah die ſchmeichelnden Hund', und hoͤrte des Kommenden Fußtritt;<lb/>
Wandte ſich ſchnell zu Eumaios, und ſprach die gefluͤgelten Worte:</p><lb/><p>Sicher, Eumaios, beſucht dich einer von deinen Geſellen,<lb/>
Oder auch ſonſt ein Bekannter; denn ihn umhuͤpfen die Hunde<lb/>
Schmeichelnd, und bellen nicht; auch hoͤr' ich des Kommenden Fußtritt. <noteplace="right">10</note></p><lb/><p>Als er noch redete, ſiehe da ſtand an der Schwelle des Hauſes<lb/>
Sein geliebteſter Sohn. Voll Schrecken erhub ſich der Sauhirt;<lb/>
Seinen Haͤnden entſank das Geſchirr, das er eben gebrauchte,<lb/>
Funkelnden Wein zu miſchen; er eilte dem Fuͤrſten entgegen,<lb/>
Kuͤßte ſein Angeſicht, und beide glaͤnzenden Augen, <noteplace="right">15</note><lb/>
Beide Haͤnde dazu; und Thraͤnen umfloßen ſein Antliz.<lb/>
Wie den geliebten Sohn ein guͤtiger Vater bewillkommt,<lb/>
Ihn, der im zehnten Jahr' aus fernen Landen zuruͤckkehrt,<lb/>
Ach! den einzigen, ſpaͤtgebornen, mit Kummer erzognen:<lb/>
Alſo umarmte den ſchoͤnen Taͤlemachos jezo der Sauhirt, <noteplace="right">20</note><lb/></p></div></body></text></TEI>
[304/0310]
Oduͤßee.
Sechzehnter Geſang.
Fruͤhe bereitete ſchon mit Oduͤßeus trefliche Sauhirt
In der Huͤtte das Mahl bei angezuͤndetem Feuer,
Sandte darauf die Hirten mit ihren Schweinen zu Felde.
Und Taͤlemachos kam; ihn umhuͤpften die wachſamen Hunde
Schmeichelnd, und bellten nicht. Der goͤttergleiche Oduͤßeus
Sah die ſchmeichelnden Hund', und hoͤrte des Kommenden Fußtritt;
Wandte ſich ſchnell zu Eumaios, und ſprach die gefluͤgelten Worte:
5
Sicher, Eumaios, beſucht dich einer von deinen Geſellen,
Oder auch ſonſt ein Bekannter; denn ihn umhuͤpfen die Hunde
Schmeichelnd, und bellen nicht; auch hoͤr' ich des Kommenden Fußtritt.
10
Als er noch redete, ſiehe da ſtand an der Schwelle des Hauſes
Sein geliebteſter Sohn. Voll Schrecken erhub ſich der Sauhirt;
Seinen Haͤnden entſank das Geſchirr, das er eben gebrauchte,
Funkelnden Wein zu miſchen; er eilte dem Fuͤrſten entgegen,
Kuͤßte ſein Angeſicht, und beide glaͤnzenden Augen,
Beide Haͤnde dazu; und Thraͤnen umfloßen ſein Antliz.
Wie den geliebten Sohn ein guͤtiger Vater bewillkommt,
Ihn, der im zehnten Jahr' aus fernen Landen zuruͤckkehrt,
Ach! den einzigen, ſpaͤtgebornen, mit Kummer erzognen:
Alſo umarmte den ſchoͤnen Taͤlemachos jezo der Sauhirt,
15
20
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/310>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.