Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

Noch ein anderes fossiles Thier, von dem wir bisher nur den
Kopf kennen, scheint eine weitere Familie (Toxodontida) unter den
Seekühen darzustellen; der niedergedrückte Schädel, die horizontal ge-
stellten Gelenkhöcker sprechen für diese Stellung, gegen welche auch
die auffallend großen Jochbögen nicht verstoßen, während die Struk-
tur der Backzähne und der Schneidezähne theils nach den Dickhäutern,
theils sogar nach den Nagern hinweist. In jeder Hälfte des Ober-
kiefers stehen nämlich vier meißelförmige Schneidezähne und sechs Back-
zähne von cylindrischer Gestalt, deren Schmelz an der Seite ober-
flächlich gefaltet ist und deren Kronen bedeutende Abnutzungsflächen
zeigen. Die bekannten Ueberreste wurden in den Tertiärgebilden Süd-
amerika's gefunden. Toxodon.

Die Walthiere erscheinen schon in den ältesten Tertiärzeiten und
wie man sieht, war sogar ihre Entwicklung an Formen in der Vor-
welt bedeutender als jetzt, da neben den jetztlebenden Familien, die
alle in der Tertiärzeit verireten sind, noch Typen existirten, welche
gänzlich ausgestorben sind.

Ordnung der Dickhäuter. (Pachydermata).

Die plumpe Körperform, die meist dicke schwere Haut, die bei
einigen dieser Thiere nur spärliche Borsten und vielfache Risse und
Falten zeigt, die Kürze der Gliedmaßen, der dicke Hals, der kaum
von dem übrigen Körper abgesetzt ist, nähern diese Ordnung sehr der
vorigen; -- eine Annäherung, die noch durch die ausgestorbenen Gat-
tungen vergrößert wird, von denen es, wie beim Dinotherium und
beim Toxodon, ohne Kenntniß der Hintergliedmaßen schwierig zu ent-
scheiden ist, ob sie der einen oder der anderen Ordnung zugehören.
In der Bildung des Schädels und des Gebisses herrschen die mannig-
faltigsten Verschiedenheiten, doch überwiegt in den meisten Fällen der
Kiefertheil sehr bedeutend den Schädeltheil an Masse und Ausdehnung.

Noch ein anderes foſſiles Thier, von dem wir bisher nur den
Kopf kennen, ſcheint eine weitere Familie (Toxodontida) unter den
Seekühen darzuſtellen; der niedergedrückte Schädel, die horizontal ge-
ſtellten Gelenkhöcker ſprechen für dieſe Stellung, gegen welche auch
die auffallend großen Jochbögen nicht verſtoßen, während die Struk-
tur der Backzähne und der Schneidezähne theils nach den Dickhäutern,
theils ſogar nach den Nagern hinweiſt. In jeder Hälfte des Ober-
kiefers ſtehen nämlich vier meißelförmige Schneidezähne und ſechs Back-
zähne von cylindriſcher Geſtalt, deren Schmelz an der Seite ober-
flächlich gefaltet iſt und deren Kronen bedeutende Abnutzungsflächen
zeigen. Die bekannten Ueberreſte wurden in den Tertiärgebilden Süd-
amerika’s gefunden. Toxodon.

Die Walthiere erſcheinen ſchon in den älteſten Tertiärzeiten und
wie man ſieht, war ſogar ihre Entwicklung an Formen in der Vor-
welt bedeutender als jetzt, da neben den jetztlebenden Familien, die
alle in der Tertiärzeit verireten ſind, noch Typen exiſtirten, welche
gänzlich ausgeſtorben ſind.

Ordnung der Dickhäuter. (Pachydermata).

Die plumpe Körperform, die meiſt dicke ſchwere Haut, die bei
einigen dieſer Thiere nur ſpärliche Borſten und vielfache Riſſe und
Falten zeigt, die Kürze der Gliedmaßen, der dicke Hals, der kaum
von dem übrigen Körper abgeſetzt iſt, nähern dieſe Ordnung ſehr der
vorigen; — eine Annäherung, die noch durch die ausgeſtorbenen Gat-
tungen vergrößert wird, von denen es, wie beim Dinotherium und
beim Toxodon, ohne Kenntniß der Hintergliedmaßen ſchwierig zu ent-
ſcheiden iſt, ob ſie der einen oder der anderen Ordnung zugehören.
In der Bildung des Schädels und des Gebiſſes herrſchen die mannig-
faltigſten Verſchiedenheiten, doch überwiegt in den meiſten Fällen der
Kiefertheil ſehr bedeutend den Schädeltheil an Maſſe und Ausdehnung.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <pb facs="#f0461" n="455"/>
                  <p>Noch ein anderes fo&#x017F;&#x017F;iles Thier, von dem wir bisher nur den<lb/>
Kopf kennen, &#x017F;cheint eine weitere Familie <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">Toxodontida)</hi></hi> unter den<lb/>
Seekühen darzu&#x017F;tellen; der niedergedrückte Schädel, die horizontal ge-<lb/>
&#x017F;tellten Gelenkhöcker &#x017F;prechen für die&#x017F;e Stellung, gegen welche auch<lb/>
die auffallend großen Jochbögen nicht ver&#x017F;toßen, während die Struk-<lb/>
tur der Backzähne und der Schneidezähne theils nach den Dickhäutern,<lb/>
theils &#x017F;ogar nach den Nagern hinwei&#x017F;t. In jeder Hälfte des Ober-<lb/>
kiefers &#x017F;tehen nämlich vier meißelförmige Schneidezähne und &#x017F;echs Back-<lb/>
zähne von cylindri&#x017F;cher Ge&#x017F;talt, deren Schmelz an der Seite ober-<lb/>
flächlich gefaltet i&#x017F;t und deren Kronen bedeutende Abnutzungsflächen<lb/>
zeigen. Die bekannten Ueberre&#x017F;te wurden in den Tertiärgebilden Süd-<lb/>
amerika&#x2019;s gefunden. <hi rendition="#aq">Toxodon</hi>.</p><lb/>
                  <p>Die Walthiere er&#x017F;cheinen &#x017F;chon in den älte&#x017F;ten Tertiärzeiten und<lb/>
wie man &#x017F;ieht, war &#x017F;ogar ihre Entwicklung an Formen in der Vor-<lb/>
welt bedeutender als jetzt, da neben den jetztlebenden Familien, die<lb/>
alle in der Tertiärzeit verireten &#x017F;ind, noch Typen exi&#x017F;tirten, welche<lb/>
gänzlich ausge&#x017F;torben &#x017F;ind.</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head> <hi rendition="#b">Ordnung der Dickhäuter. <hi rendition="#aq">(Pachydermata)</hi>.</hi> </head><lb/>
                  <p>Die plumpe Körperform, die mei&#x017F;t dicke &#x017F;chwere Haut, die bei<lb/>
einigen die&#x017F;er Thiere nur &#x017F;pärliche Bor&#x017F;ten und vielfache Ri&#x017F;&#x017F;e und<lb/>
Falten zeigt, die Kürze der Gliedmaßen, der dicke Hals, der kaum<lb/>
von dem übrigen Körper abge&#x017F;etzt i&#x017F;t, nähern die&#x017F;e Ordnung &#x017F;ehr der<lb/>
vorigen; &#x2014; eine Annäherung, die noch durch die ausge&#x017F;torbenen Gat-<lb/>
tungen vergrößert wird, von denen es, wie beim <hi rendition="#aq">Dinotherium</hi> und<lb/>
beim <hi rendition="#aq">Toxodon</hi>, ohne Kenntniß der Hintergliedmaßen &#x017F;chwierig zu ent-<lb/>
&#x017F;cheiden i&#x017F;t, ob &#x017F;ie der einen oder der anderen Ordnung zugehören.<lb/>
In der Bildung des Schädels und des Gebi&#x017F;&#x017F;es herr&#x017F;chen die mannig-<lb/>
faltig&#x017F;ten Ver&#x017F;chiedenheiten, doch überwiegt in den mei&#x017F;ten Fällen der<lb/>
Kiefertheil &#x017F;ehr bedeutend den Schädeltheil an Ma&#x017F;&#x017F;e und Ausdehnung.<lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[455/0461] Noch ein anderes foſſiles Thier, von dem wir bisher nur den Kopf kennen, ſcheint eine weitere Familie (Toxodontida) unter den Seekühen darzuſtellen; der niedergedrückte Schädel, die horizontal ge- ſtellten Gelenkhöcker ſprechen für dieſe Stellung, gegen welche auch die auffallend großen Jochbögen nicht verſtoßen, während die Struk- tur der Backzähne und der Schneidezähne theils nach den Dickhäutern, theils ſogar nach den Nagern hinweiſt. In jeder Hälfte des Ober- kiefers ſtehen nämlich vier meißelförmige Schneidezähne und ſechs Back- zähne von cylindriſcher Geſtalt, deren Schmelz an der Seite ober- flächlich gefaltet iſt und deren Kronen bedeutende Abnutzungsflächen zeigen. Die bekannten Ueberreſte wurden in den Tertiärgebilden Süd- amerika’s gefunden. Toxodon. Die Walthiere erſcheinen ſchon in den älteſten Tertiärzeiten und wie man ſieht, war ſogar ihre Entwicklung an Formen in der Vor- welt bedeutender als jetzt, da neben den jetztlebenden Familien, die alle in der Tertiärzeit verireten ſind, noch Typen exiſtirten, welche gänzlich ausgeſtorben ſind. Ordnung der Dickhäuter. (Pachydermata). Die plumpe Körperform, die meiſt dicke ſchwere Haut, die bei einigen dieſer Thiere nur ſpärliche Borſten und vielfache Riſſe und Falten zeigt, die Kürze der Gliedmaßen, der dicke Hals, der kaum von dem übrigen Körper abgeſetzt iſt, nähern dieſe Ordnung ſehr der vorigen; — eine Annäherung, die noch durch die ausgeſtorbenen Gat- tungen vergrößert wird, von denen es, wie beim Dinotherium und beim Toxodon, ohne Kenntniß der Hintergliedmaßen ſchwierig zu ent- ſcheiden iſt, ob ſie der einen oder der anderen Ordnung zugehören. In der Bildung des Schädels und des Gebiſſes herrſchen die mannig- faltigſten Verſchiedenheiten, doch überwiegt in den meiſten Fällen der Kiefertheil ſehr bedeutend den Schädeltheil an Maſſe und Ausdehnung.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/461
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/461>, abgerufen am 22.12.2024.