Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,2,3. Stuttgart, 1854.
sie daher doch besser, nicht in so vollem Umfang wie der Kupferstich, wie- §. 744. Die verschönernde oder Decorations-Malerei wirkt theils in Her-
ſie daher doch beſſer, nicht in ſo vollem Umfang wie der Kupferſtich, wie- §. 744. Die verſchönernde oder Decorations-Malerei wirkt theils in Her- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0276" n="768"/> ſie daher doch beſſer, nicht in ſo vollem Umfang wie der Kupferſtich, wie-<lb/> wohl in vollerem, als der Holzſchnitt, mit der Oelmalerei zu wetteifern.<lb/> Dem Zweige nach iſt ſie mehr auf Sittenbild und Landſchaft, als auf<lb/> Geſchichte gewieſen, denn eben, weil ſie ihre Züge nicht durch Eingraben<lb/> in das Material hineinarbeitet, oder, ſofern ſie es in Stich und Schnitt<lb/> verſucht, doch die wahre Schärfe dieſes Verfahrens nicht erreicht, kann ſie<lb/> keine wahre Empfindung des Monumentalen hervorbringen. Vorzüglich dient<lb/> nun aber die Lithographie auch der augenblicklichen Mittheilung des raſchen<lb/> künſtleriſchen Gedankens, ſie gleicht darin dem Holzſchnitt, ja ſie iſt noch<lb/> beweglicher, als dieſer, weil zwiſchen das Zeichnen und den blos mechaniſchen<lb/> Abdruck keine weitere Technik in die Mitte zu treten hat wie bei dieſem. —<lb/> Endlich laſſen ſich nun dieſe Formen der vervielfältigenden Technik, vor-<lb/> züglich aber die Lithographie, auch mit der eigentlichen Farbe verbinden:<lb/> ein Ton oder mehrere Töne mit hervorgehobenen Lichtſtellen werden durch<lb/> eine oder mehrere Tonplatten hervorgebracht und von da iſt nur ein<lb/> Schritt zu dem Druck mit mehreren Farben, der ein mehr oder weniger<lb/> annäherndes Bild von der wirklichen und ganzen Farbenwirkung der Natur<lb/> und Kunſt gibt und ſo einen Erſatz für die ſelbſtändigen Werke der Ma-<lb/> lerei in die Maſſen verbreitet, der zwar nicht die Tiefe des Kupferſtichs<lb/> hat, aber auch nicht die Abſtraction verlangt wie dieſer und die andern<lb/> farbloſen Nachbildungen. — Vom <hi rendition="#g">Daguerrotyp</hi> haben wir bei dem<lb/> Porträt geſprochen; es gehört eigentlich nicht zu den Vervielfältigungs-<lb/> mitteln, weil es blos eine vereinzelte mechaniſche Kopie liefert, welche<lb/> nur durch wirkliche Beiziehung jener ſich vermehren läßt. Seine poſitive<lb/> Bedeutung liegt darin, daß es als Beihülfe für die künſtleriſche Nach-<lb/> bildung eines Gegenſtandes dienen kann; doch nur behutſam iſt es zu<lb/> verwenden, weil es, wie dort gezeigt, eine falſche Wahrheit gibt; unbe-<lb/> denklich iſt es nur für außerkünſtleriſche Zwecke und leblos unbewegliche<lb/> Gegenſtände zu brauchen.</hi> </p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 744.</head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Die <hi rendition="#g">verſchönernde</hi> oder <hi rendition="#g">Decorations-Malerei</hi> wirkt theils in Her-<lb/> ſtellung des Scheins einer wirklichen Umgebung für die Schaubühne, theils er-<lb/> gänzt ſie ſchmückend das Werk der Baukunſt, insbeſondere deſſen Inneres.<lb/> Hier erſindet ſie ein architektoniſch bemeſſenes phantaſtiſches Formenſpiel: die<lb/><hi rendition="#g">Arabeske</hi>, die zunächſt dem Zwecke der Einfaſſung und Ueberleitung dient,<lb/> aber durch tiefſinnige Beziehungen zu höherem Kunſtwerthe ſich erheben kann.<lb/> Dieſe Form verbindet ſich auch mit der Illuſtration und wird hier vorzüglich<lb/> von der vervielfältigenden Kunſt gepflegt. Endlich iſt die Malerei in Ver-<lb/> zierung der untergeordneten Tektonik thätig.</hi> </p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [768/0276]
ſie daher doch beſſer, nicht in ſo vollem Umfang wie der Kupferſtich, wie-
wohl in vollerem, als der Holzſchnitt, mit der Oelmalerei zu wetteifern.
Dem Zweige nach iſt ſie mehr auf Sittenbild und Landſchaft, als auf
Geſchichte gewieſen, denn eben, weil ſie ihre Züge nicht durch Eingraben
in das Material hineinarbeitet, oder, ſofern ſie es in Stich und Schnitt
verſucht, doch die wahre Schärfe dieſes Verfahrens nicht erreicht, kann ſie
keine wahre Empfindung des Monumentalen hervorbringen. Vorzüglich dient
nun aber die Lithographie auch der augenblicklichen Mittheilung des raſchen
künſtleriſchen Gedankens, ſie gleicht darin dem Holzſchnitt, ja ſie iſt noch
beweglicher, als dieſer, weil zwiſchen das Zeichnen und den blos mechaniſchen
Abdruck keine weitere Technik in die Mitte zu treten hat wie bei dieſem. —
Endlich laſſen ſich nun dieſe Formen der vervielfältigenden Technik, vor-
züglich aber die Lithographie, auch mit der eigentlichen Farbe verbinden:
ein Ton oder mehrere Töne mit hervorgehobenen Lichtſtellen werden durch
eine oder mehrere Tonplatten hervorgebracht und von da iſt nur ein
Schritt zu dem Druck mit mehreren Farben, der ein mehr oder weniger
annäherndes Bild von der wirklichen und ganzen Farbenwirkung der Natur
und Kunſt gibt und ſo einen Erſatz für die ſelbſtändigen Werke der Ma-
lerei in die Maſſen verbreitet, der zwar nicht die Tiefe des Kupferſtichs
hat, aber auch nicht die Abſtraction verlangt wie dieſer und die andern
farbloſen Nachbildungen. — Vom Daguerrotyp haben wir bei dem
Porträt geſprochen; es gehört eigentlich nicht zu den Vervielfältigungs-
mitteln, weil es blos eine vereinzelte mechaniſche Kopie liefert, welche
nur durch wirkliche Beiziehung jener ſich vermehren läßt. Seine poſitive
Bedeutung liegt darin, daß es als Beihülfe für die künſtleriſche Nach-
bildung eines Gegenſtandes dienen kann; doch nur behutſam iſt es zu
verwenden, weil es, wie dort gezeigt, eine falſche Wahrheit gibt; unbe-
denklich iſt es nur für außerkünſtleriſche Zwecke und leblos unbewegliche
Gegenſtände zu brauchen.
§. 744.
Die verſchönernde oder Decorations-Malerei wirkt theils in Her-
ſtellung des Scheins einer wirklichen Umgebung für die Schaubühne, theils er-
gänzt ſie ſchmückend das Werk der Baukunſt, insbeſondere deſſen Inneres.
Hier erſindet ſie ein architektoniſch bemeſſenes phantaſtiſches Formenſpiel: die
Arabeske, die zunächſt dem Zwecke der Einfaſſung und Ueberleitung dient,
aber durch tiefſinnige Beziehungen zu höherem Kunſtwerthe ſich erheben kann.
Dieſe Form verbindet ſich auch mit der Illuſtration und wird hier vorzüglich
von der vervielfältigenden Kunſt gepflegt. Endlich iſt die Malerei in Ver-
zierung der untergeordneten Tektonik thätig.
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