Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,2,3. Stuttgart, 1854.b. Die Zweige der Malerei. §. 695. Der Eintheilung des Gebiets der Malerei in Zweige ist das Mythen-1. 1. Der §. wiederholt im Wesentlichen nur, was schon mehr, als ein- b. Die Zweige der Malerei. §. 695. Der Eintheilung des Gebiets der Malerei in Zweige iſt das Mythen-1. 1. Der §. wiederholt im Weſentlichen nur, was ſchon mehr, als ein- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0145" n="637"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">b.</hi><lb/><hi rendition="#g">Die Zweige der Malerei</hi>.</hi> </head><lb/> <div n="3"> <head>§. 695.</head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Der Eintheilung des Gebiets der Malerei in Zweige iſt das <hi rendition="#g">Mythen-</hi><note place="right">1.</note><lb/><hi rendition="#g">bild</hi> geſondert voranzuſtellen, denn es vertritt ſie, ehe ſie entwickelt ſind, alle,<lb/> die Keime von allen und theilweiſe auch die näheren Unterſchiede, in welche<lb/> jeder ſelbſtändige Zweig ſich ſpaltet, treten in ihm hervor. Nachdem die Zweige<lb/> erwachſen ſind, beſteht es nur durch eine Tautologie neben ihnen fort und er-<lb/> ſcheint vermöge einer Verkennung des logiſchen Verhältniſſes (vergl. §. 25) als<lb/> eine zweite, höhere Art der ſogenannten Hiſtorienmalerei. Seine bedeutendſte<note place="right">2.</note><lb/> Stütze hat das Fortleben der zweiten Stoffwelt in einem bleibenden Bedürfniſſe<lb/> der auf das allgemein Menſchliche gerichteten Phantaſie, ſich an Mythiſches<lb/> anzulehnen.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">1. Der §. wiederholt im Weſentlichen nur, was ſchon mehr, als ein-<lb/> mal, auseinandergeſetzt und worüber §. 24. 25. 62. 417. 418. 541. noth-<lb/> wendig zu vergleichen iſt; insbeſondere zeigt bereits §. 25 die hier wieder<lb/> zur Sprache gebrachte logiſche Verwirrung auf. Dieſe Wiederholung iſt da-<lb/> durch gefordert, daß die Malerei die erſte Kunſtform iſt, in welcher Alles<lb/> bisher nur im Allgemeinen Aufgeſtellte zum erſtenmal in volle Anſchau-<lb/> lichkeit und Anwendung tritt, eigentlich praktiſch wird. In der Sculptur<lb/> ſahen wir das Mythiſche ſo durchaus berechtigt, daß durch daſſelbe die<lb/> ganze Zweige-Eintheilung durchbrochen wurde (vergl. 630. 631); die<lb/> Malerei dagegen iſt, wie dieß zu §. 674 und 683 und ſonſt mehrfach<lb/> ſchon ausgeſprochen wurde, ihrem ganzen Weſen nach darauf gerichtet,<lb/> das Mythiſche vielmehr auszuſcheiden, denn ſie gibt ein ganzes und volles<lb/> Bild des Lebens im Umfange ſeiner realen Bedingungen, ſie ſpricht die Idee<lb/> als die innere Seele dieſes feſten Zuſammenhangs ſelbſt aus und muß<lb/> daher, wo ſie zum Bewußtſein ihrer Aufgabe gelangt iſt, auch begreifen, daß<lb/> ſie dieſelbe nicht außer dieſen Zuſammenhang tranſcendent hinſtellen darf, um<lb/> ſie in denſelben von außen wieder hereinbrechen zu laſſen. Ihr innerſter<lb/> Geiſt iſt der der Immanenz. Beſteht nun trotzdem die Tranſcendenz,<lb/> der Anbau der zweiten Stoffwelt auch in dieſer Kunſt fort, nachdem dieſelbe<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [637/0145]
b.
Die Zweige der Malerei.
§. 695.
Der Eintheilung des Gebiets der Malerei in Zweige iſt das Mythen-
bild geſondert voranzuſtellen, denn es vertritt ſie, ehe ſie entwickelt ſind, alle,
die Keime von allen und theilweiſe auch die näheren Unterſchiede, in welche
jeder ſelbſtändige Zweig ſich ſpaltet, treten in ihm hervor. Nachdem die Zweige
erwachſen ſind, beſteht es nur durch eine Tautologie neben ihnen fort und er-
ſcheint vermöge einer Verkennung des logiſchen Verhältniſſes (vergl. §. 25) als
eine zweite, höhere Art der ſogenannten Hiſtorienmalerei. Seine bedeutendſte
Stütze hat das Fortleben der zweiten Stoffwelt in einem bleibenden Bedürfniſſe
der auf das allgemein Menſchliche gerichteten Phantaſie, ſich an Mythiſches
anzulehnen.
1. Der §. wiederholt im Weſentlichen nur, was ſchon mehr, als ein-
mal, auseinandergeſetzt und worüber §. 24. 25. 62. 417. 418. 541. noth-
wendig zu vergleichen iſt; insbeſondere zeigt bereits §. 25 die hier wieder
zur Sprache gebrachte logiſche Verwirrung auf. Dieſe Wiederholung iſt da-
durch gefordert, daß die Malerei die erſte Kunſtform iſt, in welcher Alles
bisher nur im Allgemeinen Aufgeſtellte zum erſtenmal in volle Anſchau-
lichkeit und Anwendung tritt, eigentlich praktiſch wird. In der Sculptur
ſahen wir das Mythiſche ſo durchaus berechtigt, daß durch daſſelbe die
ganze Zweige-Eintheilung durchbrochen wurde (vergl. 630. 631); die
Malerei dagegen iſt, wie dieß zu §. 674 und 683 und ſonſt mehrfach
ſchon ausgeſprochen wurde, ihrem ganzen Weſen nach darauf gerichtet,
das Mythiſche vielmehr auszuſcheiden, denn ſie gibt ein ganzes und volles
Bild des Lebens im Umfange ſeiner realen Bedingungen, ſie ſpricht die Idee
als die innere Seele dieſes feſten Zuſammenhangs ſelbſt aus und muß
daher, wo ſie zum Bewußtſein ihrer Aufgabe gelangt iſt, auch begreifen, daß
ſie dieſelbe nicht außer dieſen Zuſammenhang tranſcendent hinſtellen darf, um
ſie in denſelben von außen wieder hereinbrechen zu laſſen. Ihr innerſter
Geiſt iſt der der Immanenz. Beſteht nun trotzdem die Tranſcendenz,
der Anbau der zweiten Stoffwelt auch in dieſer Kunſt fort, nachdem dieſelbe
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