Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,2,2. Stuttgart, 1853.
halten (vergl. Th. I, §. 188 ff.), sondern konnte in ihn auch nicht die §. 635. Durch diese verschiedenen Gebiete zieht sich endlich ein Unterschied hin-1. 1. Es muß nun der Theilungsgrund für die Zweige, der in §. 539
halten (vergl. Th. I, §. 188 ff.), ſondern konnte in ihn auch nicht die §. 635. Durch dieſe verſchiedenen Gebiete zieht ſich endlich ein Unterſchied hin-1. 1. Es muß nun der Theilungsgrund für die Zweige, der in §. 539 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0139" n="465"/> halten (vergl. Th. <hi rendition="#aq">I</hi>, §. 188 ff.), ſondern konnte in ihn auch nicht die<lb/> Schärfe des Witzes und Humors einfließen laſſen, wie das Mittelalter,<lb/> ja ſelbſt die griechiſche Komödie als Poeſie und Mimik es that, ſondern<lb/> war überhaupt ein ſeltneres Wagniß und wird es auch bleiben. Die<lb/> „Raſerei des Pallagonia“ bleibt Raſerei und ſelbſt die anhängende Kunſt-<lb/> form, die Satyre, bringt es bei der Plaſtik nicht dahin, den beſondern<lb/> Zweig der Caricatur zu ſchaffen, wie die Malerei. Die franzöſiſchen<lb/> Chargen bleiben vereinzelte Curioſitäten.</hi> </p> </div><lb/> <div n="6"> <head>§. 635.</head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Durch dieſe verſchiedenen Gebiete zieht ſich endlich ein Unterſchied hin-<note place="right">1.</note><lb/> durch, welcher auf einer Verbindung der <hi rendition="#g">bildenden</hi> Phantaſie mit der <hi rendition="#g">em-<lb/> pfindenden</hi> und im engſten Sinne <hi rendition="#g">dichtenden</hi> Phantaſie (vergl. §. 404)<lb/> beruht. Derſelbe tritt jedoch nur als eine erſte Andeutung auf, die ſich noch<lb/> keine feſte Geſtalt zu geben, alſo ebenfalls keine ſtehende Eintheilung zu be-<lb/> gründen vermag. Eine andere Weiſe der Miſchung zwiſchen dieſen Arten der<note place="right">2.</note><lb/> Phantaſie fällt theils mit den Unterſchieden der Compoſition und techniſchen Be-<lb/> handlung zuſammen, theils wird ſie wichtig für die <hi rendition="#g">Geſchichte</hi> der Bild-<lb/> nerkunſt.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">1. Es muß nun der Theilungsgrund für die Zweige, der in §. 539<lb/> aufgeſtellt iſt und auf §. 404 zurückführt, aufgefaßt und der Deutlichkeit<lb/> wegen die Benennung der Zweige der Dichtkunſt vorausgenommen wer-<lb/> den: epiſch, lyriſch, dramatiſch. Die epiſche Poeſie iſt Ausdruck einer<lb/> Verſetzung der dichtenden Phantaſie auf den objectiven Boden der bil-<lb/> denden Kunſt, die lyriſche auf den ſubjectiven der Muſik, die dramatiſche<lb/> der intenſivſten Ergreifung ihres eigenen Bodens, des ſubjectiv-objecti-<lb/> ven. Gibt es eine epiſche Plaſtik, ſo iſt dieß Ausdruck des innigſten Ver-<lb/> weilens dieſer Form der bildenden Kunſt auf ihrem eigenen, dem objec-<lb/> tiven Boden, womit aber zugleich geſagt iſt, daß ſie ihn auch verlaſſen<lb/> kann, indem ſie bereits ſubjectiver beſeelt iſt, als die Baukunſt; gibt es<lb/> eine lyriſche, ſo iſt dieß eine Miſchung der bildenden Phantaſie mit der<lb/> empfindenden; gibt es eine dramatiſche, mit der intenſivſten Form der dich-<lb/> tenden. Aber gerade daraus, daß wir die deutliche Bezeichnung aus der<lb/> Poeſie entlehnen müſſen, geht hervor, daß es in der Sculptur einen ſol-<lb/> chen Unterſchied erſt in ſehr unbeſtimmter Weiſe geben, daß er ſich erſt<lb/> als eine zarte geiſtige Linie zeigen wird, die ſchwach an die Oberfläche<lb/> tritt, um die Concentrirung zu beſtimmtem Formen-Unterſchied erſt in einer<lb/> ungleich geiſtig durcharbeiteteren Kunſt-Gattung zu ſuchen. In der That<lb/> kann <hi rendition="#g">dieſer</hi> Unterſchied erſt da ein Zweigbegründender werden, wo mit<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [465/0139]
halten (vergl. Th. I, §. 188 ff.), ſondern konnte in ihn auch nicht die
Schärfe des Witzes und Humors einfließen laſſen, wie das Mittelalter,
ja ſelbſt die griechiſche Komödie als Poeſie und Mimik es that, ſondern
war überhaupt ein ſeltneres Wagniß und wird es auch bleiben. Die
„Raſerei des Pallagonia“ bleibt Raſerei und ſelbſt die anhängende Kunſt-
form, die Satyre, bringt es bei der Plaſtik nicht dahin, den beſondern
Zweig der Caricatur zu ſchaffen, wie die Malerei. Die franzöſiſchen
Chargen bleiben vereinzelte Curioſitäten.
§. 635.
Durch dieſe verſchiedenen Gebiete zieht ſich endlich ein Unterſchied hin-
durch, welcher auf einer Verbindung der bildenden Phantaſie mit der em-
pfindenden und im engſten Sinne dichtenden Phantaſie (vergl. §. 404)
beruht. Derſelbe tritt jedoch nur als eine erſte Andeutung auf, die ſich noch
keine feſte Geſtalt zu geben, alſo ebenfalls keine ſtehende Eintheilung zu be-
gründen vermag. Eine andere Weiſe der Miſchung zwiſchen dieſen Arten der
Phantaſie fällt theils mit den Unterſchieden der Compoſition und techniſchen Be-
handlung zuſammen, theils wird ſie wichtig für die Geſchichte der Bild-
nerkunſt.
1. Es muß nun der Theilungsgrund für die Zweige, der in §. 539
aufgeſtellt iſt und auf §. 404 zurückführt, aufgefaßt und der Deutlichkeit
wegen die Benennung der Zweige der Dichtkunſt vorausgenommen wer-
den: epiſch, lyriſch, dramatiſch. Die epiſche Poeſie iſt Ausdruck einer
Verſetzung der dichtenden Phantaſie auf den objectiven Boden der bil-
denden Kunſt, die lyriſche auf den ſubjectiven der Muſik, die dramatiſche
der intenſivſten Ergreifung ihres eigenen Bodens, des ſubjectiv-objecti-
ven. Gibt es eine epiſche Plaſtik, ſo iſt dieß Ausdruck des innigſten Ver-
weilens dieſer Form der bildenden Kunſt auf ihrem eigenen, dem objec-
tiven Boden, womit aber zugleich geſagt iſt, daß ſie ihn auch verlaſſen
kann, indem ſie bereits ſubjectiver beſeelt iſt, als die Baukunſt; gibt es
eine lyriſche, ſo iſt dieß eine Miſchung der bildenden Phantaſie mit der
empfindenden; gibt es eine dramatiſche, mit der intenſivſten Form der dich-
tenden. Aber gerade daraus, daß wir die deutliche Bezeichnung aus der
Poeſie entlehnen müſſen, geht hervor, daß es in der Sculptur einen ſol-
chen Unterſchied erſt in ſehr unbeſtimmter Weiſe geben, daß er ſich erſt
als eine zarte geiſtige Linie zeigen wird, die ſchwach an die Oberfläche
tritt, um die Concentrirung zu beſtimmtem Formen-Unterſchied erſt in einer
ungleich geiſtig durcharbeiteteren Kunſt-Gattung zu ſuchen. In der That
kann dieſer Unterſchied erſt da ein Zweigbegründender werden, wo mit
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