Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 2,2. Reutlingen u. a., 1848.Der Schluß des §. erwähnt neben den Abarten und Ausartungen, a. Das Ideal der objectiven Phantasie des Alterthums. §. 425. 1 Die Phantasie des Alterthums schafft entsprechend der objectiven Lebens- 1. Der Begriff des Unmittelbaren in der Idealgestalt bedurfte schon Der Schluß des §. erwähnt neben den Abarten und Ausartungen, a. Das Ideal der objectiven Phantaſie des Alterthums. §. 425. 1 Die Phantaſie des Alterthums ſchafft entſprechend der objectiven Lebens- 1. Der Begriff des Unmittelbaren in der Idealgeſtalt bedurfte ſchon <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0128" n="414"/> <p> <hi rendition="#et">Der Schluß des §. erwähnt neben den Abarten und Ausartungen,<lb/> in welche die Phantaſie außer jenen Glanzperioden zerfällt, in unbeſtimm-<lb/> ter Weiſe „unreife Formen;“ die erſteren ſcheinen dem Verfall, die letz-<lb/> teren den Kämpfen vor der errungenen Fülle zugewieſen. Dieß iſt ab-<lb/> ſichtlich unbeſtimmt gehalten. Zunächſt iſt die Meinung die ebengenannte;<lb/> was die unreifen Formen ſeien, dieß auseinanderzuſetzen, iſt der nächſt-<lb/> folgenden Darſtellung vorbehalten. Aber es ſtellt ſich auch das Verhält-<lb/> niß ein, daß kämpfende und vorbereitende Zeiten, welche auf einen Ver-<lb/> fall folgen, in ihrer Unmündigkeit Abarten von dieſem herübernehmen,<lb/> wie Dante die Allegorie, daß ſie ferner Ausartungen, die nur der Ver-<lb/> fall hervorbringen zu können ſcheint, Verwilderungen, ſelbſt Häßlichkeit erzeu-<lb/> gen. Alle dieſe Verſchiebungen können hier noch nicht verfolgt werden.</hi> </p> </div><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">a.</hi><lb/><hi rendition="#g">Das Ideal der objectiven Phantaſie</hi><lb/> des<lb/><hi rendition="#g">Alterthums</hi>.</hi> </head><lb/> <div n="5"> <head>§. 425.</head><lb/> <note place="left"> <hi rendition="#fr">1</hi> </note> <p> <hi rendition="#fr">Die Phantaſie des Alterthums ſchafft entſprechend der objectiven Lebens-<lb/> form (§. 342), der ſie angehört, ein Ideal, in welchem Inneres und Aeuße-<lb/> res, Individualität und Geſammtleben unmittelbar im engeren Sinne eines<lb/> bruchloſen Zuſammenfallens Eins ſind. Dieß Ideal iſt daher als religiöſe Auf-<lb/> werfung einer zweiten Stoffwelt das der <hi rendition="#g">Naturreligion</hi>, d. h. es enthält<lb/> eine Vielheit von Göttern, welche ebenſoſehr Naturweſen als ſittliche Weſen<lb/><note place="left">2</note>ſind, und die urſprüngliche Stoffwelt, wie ſie nach dieſem Auszuge übrig bleibt,<lb/><note place="left">3</note>wird idealiſirt im Sinne der Vergötterung. Es folgt von ſelbſt, daß es unter<lb/> den in §. 404 aufgeſtellten Arten der Phantaſie vorzüglich die <hi rendition="#g">bildende</hi> iſt,<lb/> in welcher dieſes Ideal ſich bewegt.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">1. Der Begriff des Unmittelbaren in der Idealgeſtalt bedurfte ſchon<lb/> deßwegen eines erläuternden Zuſatzes, weil <hi rendition="#g">alles</hi> Ideal eine unmittel-<lb/> bare Einheit von Idee und Bild darſtellt. Es iſt aber innerhalb dieſer<lb/> Unmittelbarkeit wieder ein Unterſchied des Unmittelbaren und Vermittel-<lb/> ten, des Gebrochenen und Ungebrochenen im Ausdruck. Wir werden<lb/> darauf zurückkommen, wenn von dem griechiſchen Ideal, wo die Auf-<lb/> gabe der antiken Phantaſie ihre wahre Löſung erſt fand, die Rede ſein<lb/> wird. Hier ſagen wir nur kurz, daß dieſelbe keinen Bruch im geiſtigen<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [414/0128]
Der Schluß des §. erwähnt neben den Abarten und Ausartungen,
in welche die Phantaſie außer jenen Glanzperioden zerfällt, in unbeſtimm-
ter Weiſe „unreife Formen;“ die erſteren ſcheinen dem Verfall, die letz-
teren den Kämpfen vor der errungenen Fülle zugewieſen. Dieß iſt ab-
ſichtlich unbeſtimmt gehalten. Zunächſt iſt die Meinung die ebengenannte;
was die unreifen Formen ſeien, dieß auseinanderzuſetzen, iſt der nächſt-
folgenden Darſtellung vorbehalten. Aber es ſtellt ſich auch das Verhält-
niß ein, daß kämpfende und vorbereitende Zeiten, welche auf einen Ver-
fall folgen, in ihrer Unmündigkeit Abarten von dieſem herübernehmen,
wie Dante die Allegorie, daß ſie ferner Ausartungen, die nur der Ver-
fall hervorbringen zu können ſcheint, Verwilderungen, ſelbſt Häßlichkeit erzeu-
gen. Alle dieſe Verſchiebungen können hier noch nicht verfolgt werden.
a.
Das Ideal der objectiven Phantaſie
des
Alterthums.
§. 425.
Die Phantaſie des Alterthums ſchafft entſprechend der objectiven Lebens-
form (§. 342), der ſie angehört, ein Ideal, in welchem Inneres und Aeuße-
res, Individualität und Geſammtleben unmittelbar im engeren Sinne eines
bruchloſen Zuſammenfallens Eins ſind. Dieß Ideal iſt daher als religiöſe Auf-
werfung einer zweiten Stoffwelt das der Naturreligion, d. h. es enthält
eine Vielheit von Göttern, welche ebenſoſehr Naturweſen als ſittliche Weſen
ſind, und die urſprüngliche Stoffwelt, wie ſie nach dieſem Auszuge übrig bleibt,
wird idealiſirt im Sinne der Vergötterung. Es folgt von ſelbſt, daß es unter
den in §. 404 aufgeſtellten Arten der Phantaſie vorzüglich die bildende iſt,
in welcher dieſes Ideal ſich bewegt.
1. Der Begriff des Unmittelbaren in der Idealgeſtalt bedurfte ſchon
deßwegen eines erläuternden Zuſatzes, weil alles Ideal eine unmittel-
bare Einheit von Idee und Bild darſtellt. Es iſt aber innerhalb dieſer
Unmittelbarkeit wieder ein Unterſchied des Unmittelbaren und Vermittel-
ten, des Gebrochenen und Ungebrochenen im Ausdruck. Wir werden
darauf zurückkommen, wenn von dem griechiſchen Ideal, wo die Auf-
gabe der antiken Phantaſie ihre wahre Löſung erſt fand, die Rede ſein
wird. Hier ſagen wir nur kurz, daß dieſelbe keinen Bruch im geiſtigen
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