Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 2,1. Reutlingen u. a., 1847.
tiefer und tiefer entzündet, ihre Schönheit selbst beleuchtet und beleuchtend 3. Keine Farbe kommt an irgend einem Körper in ihrer ungebrochenen §. 251. Da nun aber die Farben das differenzirte Licht sind, so fordert das Auge1 1. Der ganze Inhalt dieses §. wird klar, wenn man sich den Farben- Je diejenigen zwei Farben, welche durch einen Diameter verbunden
tiefer und tiefer entzündet, ihre Schönheit ſelbſt beleuchtet und beleuchtend 3. Keine Farbe kommt an irgend einem Körper in ihrer ungebrochenen §. 251. Da nun aber die Farben das differenzirte Licht ſind, ſo fordert das Auge1 1. Der ganze Inhalt dieſes §. wird klar, wenn man ſich den Farben- Je diejenigen zwei Farben, welche durch einen Diameter verbunden <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0059" n="47"/> tiefer und tiefer entzündet, ihre Schönheit ſelbſt beleuchtet und beleuchtend<lb/> verdoppelt, wie das Gemüth, wenn es in der Liebe ſich verliert, ſich<lb/> doppelt gewinnt.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">3. Keine Farbe kommt an irgend einem Körper in ihrer ungebrochenen<lb/> Einfachheit vor. Die Individualität iſt, wie in allen andern Momenten,<lb/> wodurch ſie in die Schönheit eintritt, auch in der Farbe unberechenbar.<lb/> Aber auch dieß hebt die Nothwendigkeit, die Farben in ihrer allgemeinſten<lb/> äſthetiſchen Wirkung zu faſſen, nicht auf, denn ihre unendlichen Brechungen<lb/> ſind zwar nicht vorauszubeſtimmen; hat man aber ein Individuum, ſo iſt<lb/> der äſthetiſche Eindruck der nur ihm eigenen Farbenmiſchung eben aus dem<lb/> Grundcharakter der vereinigten Farben zu erklären.</hi> </p> </div><lb/> <div n="5"> <head>§. 251.</head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Da nun aber die Farben das differenzirte Licht ſind, ſo fordert das Auge<note place="right">1</note><lb/> zu jeder beſtimmten Farbe diejenige, welche mit ihr zuſammengeſtellt die Totalität<lb/> des Farbenkreiſes bildet, und wie von dem Auge, ſo gilt dieß von der Stimmung,<lb/> welche ihren einſeitigen geiſtigen Ton zu ergänzen ſucht. Allen andern Zuſammen-<note place="right">2</note><lb/> ſtellungen von Farbenpaaren fehlt zum reinen äſthetiſchen Eindruck entweder bei<lb/> übrigens wirkſamem Unterſchied die ungetheilte Kraft der die Totalität bedingen-<lb/> den Farbe oder es fehlt ihnen zudem die Wirkung des Unterſchieds, ſie ſtehen<lb/> ſich zu nahe. Die Mängel und Mißklänge, welche hieraus entſtehen, können<note place="right">3</note><lb/> aber theils durch die Vermittlung von Weiß, Schwarz, Grau, ſo wie durch das<lb/> Verhältniß der Töne und Schattirungen, theils durch die Formen eines Körpers<lb/> und durch Abſtand der Körper von einander gemildert werden oder die mangelnde<lb/> abſtracte Farbenſchönheit durch die Beſtimmtheit der charakteriſtiſchen Bezeichnung<lb/> erſetzen.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">1. Der ganze Inhalt dieſes §. wird klar, wenn man ſich den Farben-<lb/> kreis zuſammenſtellt mit folgenden Diametern:<lb/><figure/></hi> </p> <p> <hi rendition="#et">Je diejenigen zwei Farben, welche durch einen Diameter verbunden<lb/> ſind, verhalten ſich zu einander als Ergänzungsfarben, d. h. jede bringt<lb/> der andern dasjenige hinzu, was ihr zur Totalität der Farbe, oder nach<lb/> der Auffaſſung der Luftwellentheorie dazu fehlt, um wieder weißes Licht<lb/> hervorzubringen:<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [47/0059]
tiefer und tiefer entzündet, ihre Schönheit ſelbſt beleuchtet und beleuchtend
verdoppelt, wie das Gemüth, wenn es in der Liebe ſich verliert, ſich
doppelt gewinnt.
3. Keine Farbe kommt an irgend einem Körper in ihrer ungebrochenen
Einfachheit vor. Die Individualität iſt, wie in allen andern Momenten,
wodurch ſie in die Schönheit eintritt, auch in der Farbe unberechenbar.
Aber auch dieß hebt die Nothwendigkeit, die Farben in ihrer allgemeinſten
äſthetiſchen Wirkung zu faſſen, nicht auf, denn ihre unendlichen Brechungen
ſind zwar nicht vorauszubeſtimmen; hat man aber ein Individuum, ſo iſt
der äſthetiſche Eindruck der nur ihm eigenen Farbenmiſchung eben aus dem
Grundcharakter der vereinigten Farben zu erklären.
§. 251.
Da nun aber die Farben das differenzirte Licht ſind, ſo fordert das Auge
zu jeder beſtimmten Farbe diejenige, welche mit ihr zuſammengeſtellt die Totalität
des Farbenkreiſes bildet, und wie von dem Auge, ſo gilt dieß von der Stimmung,
welche ihren einſeitigen geiſtigen Ton zu ergänzen ſucht. Allen andern Zuſammen-
ſtellungen von Farbenpaaren fehlt zum reinen äſthetiſchen Eindruck entweder bei
übrigens wirkſamem Unterſchied die ungetheilte Kraft der die Totalität bedingen-
den Farbe oder es fehlt ihnen zudem die Wirkung des Unterſchieds, ſie ſtehen
ſich zu nahe. Die Mängel und Mißklänge, welche hieraus entſtehen, können
aber theils durch die Vermittlung von Weiß, Schwarz, Grau, ſo wie durch das
Verhältniß der Töne und Schattirungen, theils durch die Formen eines Körpers
und durch Abſtand der Körper von einander gemildert werden oder die mangelnde
abſtracte Farbenſchönheit durch die Beſtimmtheit der charakteriſtiſchen Bezeichnung
erſetzen.
1. Der ganze Inhalt dieſes §. wird klar, wenn man ſich den Farben-
kreis zuſammenſtellt mit folgenden Diametern:
[Abbildung]
Je diejenigen zwei Farben, welche durch einen Diameter verbunden
ſind, verhalten ſich zu einander als Ergänzungsfarben, d. h. jede bringt
der andern dasjenige hinzu, was ihr zur Totalität der Farbe, oder nach
der Auffaſſung der Luftwellentheorie dazu fehlt, um wieder weißes Licht
hervorzubringen:
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |