Die Metaphysik des Schönen entwickelt den Begriff des Schönen in1 seiner reinen Allgemeinheit, abgezogen von seiner Verwirklichung, durch die Ge- sammtheit der Momente, welche überall, wo Schönes wirklich wird, mit Noth- wendigkeit hervortreten, weil sie in der ideellen Einheit des Begriffs an sich so enthalten sind, daß sie einander fordern. Es ist dies insofern eine Abstraction, welche nur die Wissenschaft vollzieht, als der reine Begriff als solcher kein objectives Daseyn hat; derselbe ist aber darum keineswegs als eine blose Form des subjectiven Denkens anzusehen, sondern er selbst ist der Grund und Inhalt seiner Wirklichkeit. Das Andere, was in dieser hinzukommt und eine Reihe2 neuer Unterschiede mit sich bringt, wird sich als ein Solches erweisen, wodurch dieser Satz keineswegs aufgehoben wird.
1. Der reine Begriff ist keine leere Allgemeinheit, sondern in sich schon eine Gesammt-Einheit von Momenten. Diese Momente, welche wesentlich schon in dem Begriff als ideelle Einheit enthalten sind, treten ebendeßwegen überall, wo er sich verwirklicht, hervor. Wo irgend Schönes sich realisirt, da realisirt sich auch Erhabenes und Komisches, weil diese Momente schon im Begriffe sich gegenseitig fordern und setzen.
2. Dagegen wird von dem Punkte an, wo der Begriff in seine Wirklichkeit übergeht, eine Reihe neuer Unterschiede hervortreten. Daraus scheint zu folgen, daß zwischen dem Begriff und seiner Realität ein Wesens- Unterschied sey, so daß jener im Sinne des formalistischen Denkens der subjectiven Abstraction zugewiesen würde. Die gegenwärtige Untersuchung setzt diesen Standpunkt überhaupt als überwunden und die Einsicht als vorhanden voraus, daß der Begriff selbst als allgemeine hervorbringende und bewegende Seele in seiner Realität wirklich ist. Nicht die Dar-
Die Metaphyſik des Schoͤnen.
§. 9.
Die Metaphyſik des Schönen entwickelt den Begriff des Schönen in1 ſeiner reinen Allgemeinheit, abgezogen von ſeiner Verwirklichung, durch die Ge- ſammtheit der Momente, welche überall, wo Schönes wirklich wird, mit Noth- wendigkeit hervortreten, weil ſie in der ideellen Einheit des Begriffs an ſich ſo enthalten ſind, daß ſie einander fordern. Es iſt dies inſofern eine Abſtraction, welche nur die Wiſſenſchaft vollzieht, als der reine Begriff als ſolcher kein objectives Daſeyn hat; derſelbe iſt aber darum keineswegs als eine bloſe Form des ſubjectiven Denkens anzuſehen, ſondern er ſelbſt iſt der Grund und Inhalt ſeiner Wirklichkeit. Das Andere, was in dieſer hinzukommt und eine Reihe2 neuer Unterſchiede mit ſich bringt, wird ſich als ein Solches erweiſen, wodurch dieſer Satz keineswegs aufgehoben wird.
1. Der reine Begriff iſt keine leere Allgemeinheit, ſondern in ſich ſchon eine Geſammt-Einheit von Momenten. Dieſe Momente, welche weſentlich ſchon in dem Begriff als ideelle Einheit enthalten ſind, treten ebendeßwegen überall, wo er ſich verwirklicht, hervor. Wo irgend Schönes ſich realiſirt, da realiſirt ſich auch Erhabenes und Komiſches, weil dieſe Momente ſchon im Begriffe ſich gegenſeitig fordern und ſetzen.
2. Dagegen wird von dem Punkte an, wo der Begriff in ſeine Wirklichkeit übergeht, eine Reihe neuer Unterſchiede hervortreten. Daraus ſcheint zu folgen, daß zwiſchen dem Begriff und ſeiner Realität ein Weſens- Unterſchied ſey, ſo daß jener im Sinne des formaliſtiſchen Denkens der ſubjectiven Abſtraction zugewieſen würde. Die gegenwärtige Unterſuchung ſetzt dieſen Standpunkt überhaupt als überwunden und die Einſicht als vorhanden voraus, daß der Begriff ſelbſt als allgemeine hervorbringende und bewegende Seele in ſeiner Realität wirklich iſt. Nicht die Dar-
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Die Metaphyſik des Schoͤnen.
§. 9.
Die Metaphyſik des Schönen entwickelt den Begriff des Schönen in
ſeiner reinen Allgemeinheit, abgezogen von ſeiner Verwirklichung, durch die Ge-
ſammtheit der Momente, welche überall, wo Schönes wirklich wird, mit Noth-
wendigkeit hervortreten, weil ſie in der ideellen Einheit des Begriffs an ſich ſo
enthalten ſind, daß ſie einander fordern. Es iſt dies inſofern eine Abſtraction,
welche nur die Wiſſenſchaft vollzieht, als der reine Begriff als ſolcher kein
objectives Daſeyn hat; derſelbe iſt aber darum keineswegs als eine bloſe Form
des ſubjectiven Denkens anzuſehen, ſondern er ſelbſt iſt der Grund und Inhalt
ſeiner Wirklichkeit. Das Andere, was in dieſer hinzukommt und eine Reihe
neuer Unterſchiede mit ſich bringt, wird ſich als ein Solches erweiſen, wodurch
dieſer Satz keineswegs aufgehoben wird.
1. Der reine Begriff iſt keine leere Allgemeinheit, ſondern in ſich
ſchon eine Geſammt-Einheit von Momenten. Dieſe Momente, welche
weſentlich ſchon in dem Begriff als ideelle Einheit enthalten ſind, treten
ebendeßwegen überall, wo er ſich verwirklicht, hervor. Wo irgend Schönes
ſich realiſirt, da realiſirt ſich auch Erhabenes und Komiſches, weil dieſe
Momente ſchon im Begriffe ſich gegenſeitig fordern und ſetzen.
2. Dagegen wird von dem Punkte an, wo der Begriff in ſeine
Wirklichkeit übergeht, eine Reihe neuer Unterſchiede hervortreten. Daraus
ſcheint zu folgen, daß zwiſchen dem Begriff und ſeiner Realität ein Weſens-
Unterſchied ſey, ſo daß jener im Sinne des formaliſtiſchen Denkens der
ſubjectiven Abſtraction zugewieſen würde. Die gegenwärtige Unterſuchung
ſetzt dieſen Standpunkt überhaupt als überwunden und die Einſicht als
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Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 1. Reutlingen u. a., 1846, S. [45]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_aesthetik01_1846/59>, abgerufen am 21.11.2024.
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