Raums und der Zeit als herabgesetztes Moment an anderem Erhabenen vorkommt. Wenn z. B. Einer größer von Wuchs scheinen will oder älter, als er ist, so wird nicht eine blose Erhabenheit des Raums oder der Zeit komisch, sondern die Anmaßung des Subjects.
§. 158.
Dagegen eröffnet sich dem Komischen als erste Sphäre das Erhabene1 der Kraft. Nur die blos massenhafte Kraft des Stoßes (§. 97) fällt ebenso weg wie die in §. 157 genannten Formen. Dagegen die Kraft, die ihrem2 Organe selbst inwohnt, verfällt dem Komischen theils überhaupt als die das Organ durch eine innere Zweckthätigkeit bauende, wenn dieser Bau durch einen das Ganze entstellenden Uebergriff eines untergeordneten Glieds als mißlungen erscheint, theils als Bewegung, wenn sie ihren Zweck verfehlt und dadurch in3 eine ungleich tiefere Stufe gestaltender Kraft oder gar zu der blos massenhaften herabzusinken scheint. In beiden Fällen erscheint die Häßlichkeit als Zweck-4 widrigkeit, obwohl jene bauende und bewegende Kraft nur unbewußt thätig ist; der Anknüpfungspunkt, sie als bewußte zu fassen, ist gegeben, wenn sie nur Gefühl von sich hat. Das ganze Gebiet der Bewegung aber ist im Komischen, wie aus §. 156 folgt, weiter als im Erhabenen.
1. Mechanismus kann wie das blos quantitativ Erhabene nur unter der Bedingung das erste Moment im Komischen oder das Erhabene seyn, welches dem Lachen verfällt, daß ihm ausdrücklich Gefühl, Absicht unter- geschoben wird, wie wenn z. B. ein Windstoß, der mir den Hut abwirft, als ein Grobian aufgefaßt wird u. dergl.; wohl aber kann blos mechanische Bewegung das Gegenglied bilden, worein das Erhabene stürzt, wie sich zeigen wird. -- Sogleich hier kann hinzugesetzt werden, daß auch aus der Sphäre der organischen Kraft die vegetabilische zunächst wegfällt. Das Leben der Pflanze entwickelt zwar bereits so viele Momente der sich selbst erzeugenden Thätigkeit, daß ihr auf unvermerktere, nicht nothwendig ausdrückliche Weise Seele geliehen werden zu können scheint; allein es fehlt ihr das Lebensgefühl, welches im Gegenstande doch immer erforderlich ist zu einer solchen Leichtigkeit des Leihens. Wohl aber kann das Pflanzenhafte das Gegenglied bilden, wie das Mechanische, wenn z. B. Auswüchse an dem menschlichen Organismus wie ein Entarten des- selben in das Vegetabilische behandelt werden: Warzen, ein wachsender Bauch, der mit dem seine Ringe vermehrenden Baume verglichen wird u. s. w.
Vischer's Aesthetik. 1. Bd. 23
Raums und der Zeit als herabgeſetztes Moment an anderem Erhabenen vorkommt. Wenn z. B. Einer größer von Wuchs ſcheinen will oder älter, als er iſt, ſo wird nicht eine bloſe Erhabenheit des Raums oder der Zeit komiſch, ſondern die Anmaßung des Subjects.
§. 158.
Dagegen eröffnet ſich dem Komiſchen als erſte Sphäre das Erhabene1 der Kraft. Nur die blos maſſenhafte Kraft des Stoßes (§. 97) fällt ebenſo weg wie die in §. 157 genannten Formen. Dagegen die Kraft, die ihrem2 Organe ſelbſt inwohnt, verfällt dem Komiſchen theils überhaupt als die das Organ durch eine innere Zweckthätigkeit bauende, wenn dieſer Bau durch einen das Ganze entſtellenden Uebergriff eines untergeordneten Glieds als mißlungen erſcheint, theils als Bewegung, wenn ſie ihren Zweck verfehlt und dadurch in3 eine ungleich tiefere Stufe geſtaltender Kraft oder gar zu der blos maſſenhaften herabzuſinken ſcheint. In beiden Fällen erſcheint die Häßlichkeit als Zweck-4 widrigkeit, obwohl jene bauende und bewegende Kraft nur unbewußt thätig iſt; der Anknüpfungspunkt, ſie als bewußte zu faſſen, iſt gegeben, wenn ſie nur Gefühl von ſich hat. Das ganze Gebiet der Bewegung aber iſt im Komiſchen, wie aus §. 156 folgt, weiter als im Erhabenen.
1. Mechanismus kann wie das blos quantitativ Erhabene nur unter der Bedingung das erſte Moment im Komiſchen oder das Erhabene ſeyn, welches dem Lachen verfällt, daß ihm ausdrücklich Gefühl, Abſicht unter- geſchoben wird, wie wenn z. B. ein Windſtoß, der mir den Hut abwirft, als ein Grobian aufgefaßt wird u. dergl.; wohl aber kann blos mechaniſche Bewegung das Gegenglied bilden, worein das Erhabene ſtürzt, wie ſich zeigen wird. — Sogleich hier kann hinzugeſetzt werden, daß auch aus der Sphäre der organiſchen Kraft die vegetabiliſche zunächſt wegfällt. Das Leben der Pflanze entwickelt zwar bereits ſo viele Momente der ſich ſelbſt erzeugenden Thätigkeit, daß ihr auf unvermerktere, nicht nothwendig ausdrückliche Weiſe Seele geliehen werden zu können ſcheint; allein es fehlt ihr das Lebensgefühl, welches im Gegenſtande doch immer erforderlich iſt zu einer ſolchen Leichtigkeit des Leihens. Wohl aber kann das Pflanzenhafte das Gegenglied bilden, wie das Mechaniſche, wenn z. B. Auswüchſe an dem menſchlichen Organismus wie ein Entarten des- ſelben in das Vegetabiliſche behandelt werden: Warzen, ein wachſender Bauch, der mit dem ſeine Ringe vermehrenden Baume verglichen wird u. ſ. w.
Viſcher’s Aeſthetik. 1. Bd. 23
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Raums und der Zeit als herabgeſetztes Moment an anderem Erhabenen
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älter, als er iſt, ſo wird nicht eine bloſe Erhabenheit des Raums oder
der Zeit komiſch, ſondern die Anmaßung des Subjects.
§. 158.
Dagegen eröffnet ſich dem Komiſchen als erſte Sphäre das Erhabene
der Kraft. Nur die blos maſſenhafte Kraft des Stoßes (§. 97) fällt ebenſo
weg wie die in §. 157 genannten Formen. Dagegen die Kraft, die ihrem
Organe ſelbſt inwohnt, verfällt dem Komiſchen theils überhaupt als die das
Organ durch eine innere Zweckthätigkeit bauende, wenn dieſer Bau durch einen
das Ganze entſtellenden Uebergriff eines untergeordneten Glieds als mißlungen
erſcheint, theils als Bewegung, wenn ſie ihren Zweck verfehlt und dadurch in
eine ungleich tiefere Stufe geſtaltender Kraft oder gar zu der blos maſſenhaften
herabzuſinken ſcheint. In beiden Fällen erſcheint die Häßlichkeit als Zweck-
widrigkeit, obwohl jene bauende und bewegende Kraft nur unbewußt thätig iſt;
der Anknüpfungspunkt, ſie als bewußte zu faſſen, iſt gegeben, wenn ſie nur
Gefühl von ſich hat. Das ganze Gebiet der Bewegung aber iſt im Komiſchen,
wie aus §. 156 folgt, weiter als im Erhabenen.
1. Mechanismus kann wie das blos quantitativ Erhabene nur unter
der Bedingung das erſte Moment im Komiſchen oder das Erhabene ſeyn,
welches dem Lachen verfällt, daß ihm ausdrücklich Gefühl, Abſicht unter-
geſchoben wird, wie wenn z. B. ein Windſtoß, der mir den Hut abwirft,
als ein Grobian aufgefaßt wird u. dergl.; wohl aber kann blos mechaniſche
Bewegung das Gegenglied bilden, worein das Erhabene ſtürzt, wie ſich
zeigen wird. — Sogleich hier kann hinzugeſetzt werden, daß auch aus
der Sphäre der organiſchen Kraft die vegetabiliſche zunächſt wegfällt.
Das Leben der Pflanze entwickelt zwar bereits ſo viele Momente
der ſich ſelbſt erzeugenden Thätigkeit, daß ihr auf unvermerktere, nicht
nothwendig ausdrückliche Weiſe Seele geliehen werden zu können ſcheint;
allein es fehlt ihr das Lebensgefühl, welches im Gegenſtande doch immer
erforderlich iſt zu einer ſolchen Leichtigkeit des Leihens. Wohl aber kann
das Pflanzenhafte das Gegenglied bilden, wie das Mechaniſche, wenn
z. B. Auswüchſe an dem menſchlichen Organismus wie ein Entarten des-
ſelben in das Vegetabiliſche behandelt werden: Warzen, ein wachſender Bauch,
der mit dem ſeine Ringe vermehrenden Baume verglichen wird u. ſ. w.
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Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 1. Reutlingen u. a., 1846, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_aesthetik01_1846/367>, abgerufen am 21.12.2024.
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