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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Zehnte Vorlesung.
des Blutstromes fort, wächst in Form eines dicken Cylinders
weiter und wird immer grösser und grösser. Bald steht dieser
fortgesetzte Thrombus in gar keinem Verhältniss mehr zu
dem ursprünglichen (autochthonen) Thrombus, von dem er aus-
gegangen ist. Der fortgesetzte Thrombus kann die Dicke eines
Daumens haben, der ursprüngliche die einer Stricknadel. Aus
einer Vena lumbalis kann z. B. ein Pfropf so dick, wie die
letzte Phalanx des Daumens sich in die Cava fortsetzen.

[Abbildung] Fig. 71.

Diese fortgesetzten Pfröpfe bringen die eigentliche Gefahr
mit sich; an ihnen erfolgt die Abbröckelung, welche zu secun-
dären Verschliessungen entfernter Gefässe führt. Hier ist der
Ort, wo durch das vorüberströmende Blut grössere und kleinere
Partikeln abgerissen werden. Durch das ursprünglich ver-
stopfte Gefäss strömt überhaupt kein Blut, da ist die Circu-
lation gänzlich unterbrochen; aber in dem grösseren Stamme,
durch welchen das Blut immer noch fortgeht, und in welchen
nur von Strecke zu Strecke Thrombuszapfen hineinragen, kann
der Blutstrom kleinere Partikelchen lostrennen, mitschleppen
und in das nächste Arterien- oder Capillarsystem festkeilen.

So sehen wir, das in der Regel alle Thromben aus der
Peripherie des Körpers secundäre Verstopfungen und Metasta-
sen in der Lunge erzeugen. Ich habe lange Zweifel getragen,
die metastatischen Entzündungen der Lunge sämmtlich als
embolische zu betrachten, weil es sehr schwer ist, die Gefässe

[Abbildung] Fig. 71.

Autochthone und fortgesetzte Thromben. c, c' kleinere,
varicöse Seitenäste (Venae circumflexae femoris), mit autochthonen Throm-
ben erfüllt, welche über die Ostien hinaus in den Stamm der Cruralvene
reichen. t, fortgesetzter Thrombus, durch concentrische Apposition aus
dem Blute entstanden. t' Aussehen eines fortgesetzten Thrombus, nach-
dem eine Ablösung von Stücken (Embolie) erfolgt ist.

Zehnte Vorlesung.
des Blutstromes fort, wächst in Form eines dicken Cylinders
weiter und wird immer grösser und grösser. Bald steht dieser
fortgesetzte Thrombus in gar keinem Verhältniss mehr zu
dem ursprünglichen (autochthonen) Thrombus, von dem er aus-
gegangen ist. Der fortgesetzte Thrombus kann die Dicke eines
Daumens haben, der ursprüngliche die einer Stricknadel. Aus
einer Vena lumbalis kann z. B. ein Pfropf so dick, wie die
letzte Phalanx des Daumens sich in die Cava fortsetzen.

[Abbildung] Fig. 71.

Diese fortgesetzten Pfröpfe bringen die eigentliche Gefahr
mit sich; an ihnen erfolgt die Abbröckelung, welche zu secun-
dären Verschliessungen entfernter Gefässe führt. Hier ist der
Ort, wo durch das vorüberströmende Blut grössere und kleinere
Partikeln abgerissen werden. Durch das ursprünglich ver-
stopfte Gefäss strömt überhaupt kein Blut, da ist die Circu-
lation gänzlich unterbrochen; aber in dem grösseren Stamme,
durch welchen das Blut immer noch fortgeht, und in welchen
nur von Strecke zu Strecke Thrombuszapfen hineinragen, kann
der Blutstrom kleinere Partikelchen lostrennen, mitschleppen
und in das nächste Arterien- oder Capillarsystem festkeilen.

So sehen wir, das in der Regel alle Thromben aus der
Peripherie des Körpers secundäre Verstopfungen und Metasta-
sen in der Lunge erzeugen. Ich habe lange Zweifel getragen,
die metastatischen Entzündungen der Lunge sämmtlich als
embolische zu betrachten, weil es sehr schwer ist, die Gefässe

[Abbildung] Fig. 71.

Autochthone und fortgesetzte Thromben. c, c' kleinere,
varicöse Seitenäste (Venae circumflexae femoris), mit autochthonen Throm-
ben erfüllt, welche über die Ostien hinaus in den Stamm der Cruralvene
reichen. t, fortgesetzter Thrombus, durch concentrische Apposition aus
dem Blute entstanden. t' Aussehen eines fortgesetzten Thrombus, nach-
dem eine Ablösung von Stücken (Embolie) erfolgt ist.

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[184/0206] Zehnte Vorlesung. des Blutstromes fort, wächst in Form eines dicken Cylinders weiter und wird immer grösser und grösser. Bald steht dieser fortgesetzte Thrombus in gar keinem Verhältniss mehr zu dem ursprünglichen (autochthonen) Thrombus, von dem er aus- gegangen ist. Der fortgesetzte Thrombus kann die Dicke eines Daumens haben, der ursprüngliche die einer Stricknadel. Aus einer Vena lumbalis kann z. B. ein Pfropf so dick, wie die letzte Phalanx des Daumens sich in die Cava fortsetzen. [Abbildung Fig. 71. ] Diese fortgesetzten Pfröpfe bringen die eigentliche Gefahr mit sich; an ihnen erfolgt die Abbröckelung, welche zu secun- dären Verschliessungen entfernter Gefässe führt. Hier ist der Ort, wo durch das vorüberströmende Blut grössere und kleinere Partikeln abgerissen werden. Durch das ursprünglich ver- stopfte Gefäss strömt überhaupt kein Blut, da ist die Circu- lation gänzlich unterbrochen; aber in dem grösseren Stamme, durch welchen das Blut immer noch fortgeht, und in welchen nur von Strecke zu Strecke Thrombuszapfen hineinragen, kann der Blutstrom kleinere Partikelchen lostrennen, mitschleppen und in das nächste Arterien- oder Capillarsystem festkeilen. So sehen wir, das in der Regel alle Thromben aus der Peripherie des Körpers secundäre Verstopfungen und Metasta- sen in der Lunge erzeugen. Ich habe lange Zweifel getragen, die metastatischen Entzündungen der Lunge sämmtlich als embolische zu betrachten, weil es sehr schwer ist, die Gefässe [Abbildung Fig. 71. Autochthone und fortgesetzte Thromben. c, c' kleinere, varicöse Seitenäste (Venae circumflexae femoris), mit autochthonen Throm- ben erfüllt, welche über die Ostien hinaus in den Stamm der Cruralvene reichen. t, fortgesetzter Thrombus, durch concentrische Apposition aus dem Blute entstanden. t' Aussehen eines fortgesetzten Thrombus, nach- dem eine Ablösung von Stücken (Embolie) erfolgt ist.]

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/206>, abgerufen am 26.04.2024.