Ich erhielt zu meinem größten Beifall eine solche Tasse, und ruhte nicht, bis ich eine zweite fand. Unmöglich war es, eine Kanne und Topf dazu zu finden. Trinken Sie daraus; Sie sind elegant genug dazu, (von mir verlangte man dasselbe). Nehmen Sie mit meinem Willen vorlieb, Ihnen etwas Zier- liches anbieten zu wollen! Mir war es versagt, es in der Stadt zu suchen. Erlaubt es irgend mein Befinden, so gra- tulire ich Ihnen morgen selbst. Varnhagen, der in keinem Fall aus kann, beauftragt mich, Ihnen seine herzlichsten Glück- wünsche darzubringen!
An Ernestine G., in Paris.
Freitag, den 4. Januar 1833.
Vorvorgestern grade erhielt ich Ihren Brief; ich kann aber nicht antworten, liebe Ernestine! Aus Krankheit. Seit drei Monaten habe ich einen Rückfall. Beklemmungen. Zu Bette; einsam. Empfindlich. Kurz, die ganz alte Frau ist fertig. Im Sommer war ich auf den Tod. Unter andern ein Karbunkel auf dem Rücken. Operirt. Alles! Während dieses Übels mußte ich den Tod meines Bruders Ludwig, und den seiner Frau erfahren. Wie bliebe mir da noch Lust zu Thor- heiten?!! Es wäre eine, wenn ich frankirte Briefe übelneh- men wollte: im Gegentheil: unfrankirte. Koreff fehlt mir: und Gesundheit; sonst nichts. So mürbe hat mich langes Leiden gemacht. Ich bin zufrieden, ganz: wenn ich nur mit der Atmosphäre in Harmonie bin. Längst ehe man das Wort
Ich erhielt zu meinem größten Beifall eine ſolche Taſſe, und ruhte nicht, bis ich eine zweite fand. Unmöglich war es, eine Kanne und Topf dazu zu finden. Trinken Sie daraus; Sie ſind elegant genug dazu, (von mir verlangte man daſſelbe). Nehmen Sie mit meinem Willen vorlieb, Ihnen etwas Zier- liches anbieten zu wollen! Mir war es verſagt, es in der Stadt zu ſuchen. Erlaubt es irgend mein Befinden, ſo gra- tulire ich Ihnen morgen ſelbſt. Varnhagen, der in keinem Fall aus kann, beauftragt mich, Ihnen ſeine herzlichſten Glück- wünſche darzubringen!
An Erneſtine G., in Paris.
Freitag, den 4. Januar 1833.
Vorvorgeſtern grade erhielt ich Ihren Brief; ich kann aber nicht antworten, liebe Erneſtine! Aus Krankheit. Seit drei Monaten habe ich einen Rückfall. Beklemmungen. Zu Bette; einſam. Empfindlich. Kurz, die ganz alte Frau iſt fertig. Im Sommer war ich auf den Tod. Unter andern ein Karbunkel auf dem Rücken. Operirt. Alles! Während dieſes Übels mußte ich den Tod meines Bruders Ludwig, und den ſeiner Frau erfahren. Wie bliebe mir da noch Luſt zu Thor- heiten?!! Es wäre eine, wenn ich frankirte Briefe übelneh- men wollte: im Gegentheil: unfrankirte. Koreff fehlt mir: und Geſundheit; ſonſt nichts. So mürbe hat mich langes Leiden gemacht. Ich bin zufrieden, ganz: wenn ich nur mit der Atmoſphäre in Harmonie bin. Längſt ehe man das Wort
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0600"n="592"/>
Ich erhielt zu meinem größten Beifall eine ſolche Taſſe, und<lb/>
ruhte nicht, bis ich eine zweite fand. Unmöglich war es, eine<lb/>
Kanne und Topf dazu zu finden. Trinken Sie daraus; Sie<lb/>ſind elegant genug dazu, (von mir verlangte man daſſelbe).<lb/>
Nehmen Sie mit meinem Willen vorlieb, Ihnen etwas Zier-<lb/>
liches anbieten zu wollen! Mir war es verſagt, es in der<lb/>
Stadt zu ſuchen. Erlaubt es irgend mein Befinden, ſo gra-<lb/>
tulire ich Ihnen morgen ſelbſt. Varnhagen, der in keinem<lb/>
Fall aus kann, beauftragt mich, Ihnen ſeine herzlichſten Glück-<lb/>
wünſche darzubringen!</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>An Erneſtine G., in Paris.</head><lb/><dateline><hirendition="#et">Freitag, den 4. Januar 1833.</hi></dateline><lb/><p>Vorvorgeſtern grade erhielt ich Ihren Brief; ich kann<lb/>
aber <hirendition="#g">nicht</hi> antworten, liebe Erneſtine! Aus Krankheit. Seit<lb/><hirendition="#g">drei</hi> Monaten habe ich einen Rückfall. Beklemmungen. Zu<lb/>
Bette; einſam. Empfindlich. Kurz, die ganz alte Frau iſt<lb/>
fertig. Im Sommer war ich auf den Tod. Unter andern ein<lb/>
Karbunkel auf dem Rücken. Operirt. Alles! Während dieſes<lb/>
Übels mußte ich den Tod meines Bruders Ludwig, und den<lb/>ſeiner Frau erfahren. Wie bliebe mir da noch Luſt zu <hirendition="#g">Thor-<lb/>
heiten</hi>?!! Es wäre eine, wenn ich frankirte Briefe übelneh-<lb/>
men wollte: im Gegentheil: unfrankirte. Koreff fehlt mir:<lb/>
und Geſundheit; ſonſt nichts. So mürbe hat mich langes<lb/>
Leiden gemacht. Ich bin zufrieden, ganz: wenn ich nur mit<lb/>
der Atmoſphäre in Harmonie bin. Längſt ehe man das Wort<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[592/0600]
Ich erhielt zu meinem größten Beifall eine ſolche Taſſe, und
ruhte nicht, bis ich eine zweite fand. Unmöglich war es, eine
Kanne und Topf dazu zu finden. Trinken Sie daraus; Sie
ſind elegant genug dazu, (von mir verlangte man daſſelbe).
Nehmen Sie mit meinem Willen vorlieb, Ihnen etwas Zier-
liches anbieten zu wollen! Mir war es verſagt, es in der
Stadt zu ſuchen. Erlaubt es irgend mein Befinden, ſo gra-
tulire ich Ihnen morgen ſelbſt. Varnhagen, der in keinem
Fall aus kann, beauftragt mich, Ihnen ſeine herzlichſten Glück-
wünſche darzubringen!
An Erneſtine G., in Paris.
Freitag, den 4. Januar 1833.
Vorvorgeſtern grade erhielt ich Ihren Brief; ich kann
aber nicht antworten, liebe Erneſtine! Aus Krankheit. Seit
drei Monaten habe ich einen Rückfall. Beklemmungen. Zu
Bette; einſam. Empfindlich. Kurz, die ganz alte Frau iſt
fertig. Im Sommer war ich auf den Tod. Unter andern ein
Karbunkel auf dem Rücken. Operirt. Alles! Während dieſes
Übels mußte ich den Tod meines Bruders Ludwig, und den
ſeiner Frau erfahren. Wie bliebe mir da noch Luſt zu Thor-
heiten?!! Es wäre eine, wenn ich frankirte Briefe übelneh-
men wollte: im Gegentheil: unfrankirte. Koreff fehlt mir:
und Geſundheit; ſonſt nichts. So mürbe hat mich langes
Leiden gemacht. Ich bin zufrieden, ganz: wenn ich nur mit
der Atmoſphäre in Harmonie bin. Längſt ehe man das Wort
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 592. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/600>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.