missen: und da ließ ich meine laut werden: nehmen Sie al- les, liebe Frau Fürstin, wie es hier steht, dann ist es sehr gut. Den gestrigen Abend brachte ich mit einem Theil meiner Fa- milie sehr heiter zu -- die Andern waren es; und dies war mein Theil davon, -- lustiges Marionettenspiel, gute Zim- mer, gute Leute, die Kinder, bester Wille: ich aber war he- betee von Angegriffenheit; und die Nacht mußte ich heftig leiden: nun komme ich aus einem selbstverordneten Malzbad; und bin wieder in dem Salon, wo ich gewöhnlich die Leiden erwarte. Meine Gedanken sind ernst, aber hoch; meine Stim- mung gut, meine Einsicht über's Leben nicht bestochen: so fang' ich noch gut genug, das Jahr 31. an. Verstehn Ihro Durchlaucht nun meine kurzen Wünsche? Gestern Abend wünschte ich Ihnen auch immer, eine heitere, zerstreuende Un- terhaltung. Der gute Wille ist auch erfreulich von Freun- den: darum unterstehe ich mich hier diese Geschwätzigkeit, Ih- nen meine Ergebenheit hochachtungsvoll versichernd!
Fr. V.
An Frau von Constant, in Paris.
Berlin, im Januar 1831.
Wenn Sie, verehrte Traurende, in der Entfernung mein Schweigen nicht auch anders deuten könnten, als daß Scham mich abhält, unter den großen Reigen Ihrer Freunde zu Ih- nen zu treten, und Sie gewissermaßen zu zwingen, auch auf mich die Entfernte zu blicken, so hätte ich jetzt noch nicht zu Ihnen gesprochen. Aber, auch eben, daß ich nicht in Ihrem
miſſen: und da ließ ich meine laut werden: nehmen Sie al- les, liebe Frau Fürſtin, wie es hier ſteht, dann iſt es ſehr gut. Den geſtrigen Abend brachte ich mit einem Theil meiner Fa- milie ſehr heiter zu — die Andern waren es; und dies war mein Theil davon, — luſtiges Marionettenſpiel, gute Zim- mer, gute Leute, die Kinder, beſter Wille: ich aber war hé- bétée von Angegriffenheit; und die Nacht mußte ich heftig leiden: nun komme ich aus einem ſelbſtverordneten Malzbad; und bin wieder in dem Salon, wo ich gewöhnlich die Leiden erwarte. Meine Gedanken ſind ernſt, aber hoch; meine Stim- mung gut, meine Einſicht über’s Leben nicht beſtochen: ſo fang’ ich noch gut genug, das Jahr 31. an. Verſtehn Ihro Durchlaucht nun meine kurzen Wünſche? Geſtern Abend wünſchte ich Ihnen auch immer, eine heitere, zerſtreuende Un- terhaltung. Der gute Wille iſt auch erfreulich von Freun- den: darum unterſtehe ich mich hier dieſe Geſchwätzigkeit, Ih- nen meine Ergebenheit hochachtungsvoll verſichernd!
Fr. V.
An Frau von Conſtant, in Paris.
Berlin, im Januar 1831.
Wenn Sie, verehrte Traurende, in der Entfernung mein Schweigen nicht auch anders deuten könnten, als daß Scham mich abhält, unter den großen Reigen Ihrer Freunde zu Ih- nen zu treten, und Sie gewiſſermaßen zu zwingen, auch auf mich die Entfernte zu blicken, ſo hätte ich jetzt noch nicht zu Ihnen geſprochen. Aber, auch eben, daß ich nicht in Ihrem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0480"n="472"/>
miſſen: und da ließ ich meine laut werden: nehmen Sie al-<lb/>
les, liebe Frau Fürſtin, wie es hier ſteht, dann iſt es ſehr gut.<lb/>
Den geſtrigen Abend brachte ich mit einem Theil meiner Fa-<lb/>
milie ſehr heiter zu — die Andern waren es; und dies war<lb/><hirendition="#g">mein</hi> Theil davon, — luſtiges Marionettenſpiel, gute Zim-<lb/>
mer, gute Leute, die Kinder, beſter Wille: ich aber war <hirendition="#aq">hé-<lb/>
bétée</hi> von Angegriffenheit; und die Nacht mußte ich heftig<lb/>
leiden: nun komme ich aus einem ſelbſtverordneten Malzbad;<lb/>
und bin wieder in <hirendition="#g">dem</hi> Salon, wo ich gewöhnlich die Leiden<lb/>
erwarte. Meine Gedanken ſind ernſt, aber hoch; meine Stim-<lb/>
mung gut, meine Einſicht über’s Leben nicht beſtochen: ſo<lb/>
fang’ ich noch gut genug, das Jahr 31. an. Verſtehn Ihro<lb/>
Durchlaucht <hirendition="#g">nun</hi> meine kurzen Wünſche? Geſtern Abend<lb/>
wünſchte ich Ihnen auch immer, eine heitere, zerſtreuende Un-<lb/>
terhaltung. Der gute Wille iſt auch erfreulich von Freun-<lb/>
den: darum unterſtehe ich mich hier dieſe Geſchwätzigkeit, Ih-<lb/>
nen meine Ergebenheit hochachtungsvoll verſichernd!</p><closer><salute><hirendition="#et">Fr. V.</hi></salute></closer></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>An Frau von Conſtant, in Paris.</head><lb/><dateline><hirendition="#et">Berlin, im Januar 1831.</hi></dateline><lb/><p>Wenn Sie, verehrte Traurende, in der Entfernung mein<lb/>
Schweigen nicht auch anders deuten könnten, als daß Scham<lb/>
mich abhält, unter den großen Reigen Ihrer Freunde zu Ih-<lb/>
nen zu treten, und Sie gewiſſermaßen zu zwingen, auch auf<lb/>
mich die Entfernte zu blicken, ſo hätte ich jetzt noch nicht <hirendition="#g">zu<lb/>
Ihnen</hi> geſprochen. Aber, auch eben, daß ich nicht in Ihrem<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[472/0480]
miſſen: und da ließ ich meine laut werden: nehmen Sie al-
les, liebe Frau Fürſtin, wie es hier ſteht, dann iſt es ſehr gut.
Den geſtrigen Abend brachte ich mit einem Theil meiner Fa-
milie ſehr heiter zu — die Andern waren es; und dies war
mein Theil davon, — luſtiges Marionettenſpiel, gute Zim-
mer, gute Leute, die Kinder, beſter Wille: ich aber war hé-
bétée von Angegriffenheit; und die Nacht mußte ich heftig
leiden: nun komme ich aus einem ſelbſtverordneten Malzbad;
und bin wieder in dem Salon, wo ich gewöhnlich die Leiden
erwarte. Meine Gedanken ſind ernſt, aber hoch; meine Stim-
mung gut, meine Einſicht über’s Leben nicht beſtochen: ſo
fang’ ich noch gut genug, das Jahr 31. an. Verſtehn Ihro
Durchlaucht nun meine kurzen Wünſche? Geſtern Abend
wünſchte ich Ihnen auch immer, eine heitere, zerſtreuende Un-
terhaltung. Der gute Wille iſt auch erfreulich von Freun-
den: darum unterſtehe ich mich hier dieſe Geſchwätzigkeit, Ih-
nen meine Ergebenheit hochachtungsvoll verſichernd!
Fr. V.
An Frau von Conſtant, in Paris.
Berlin, im Januar 1831.
Wenn Sie, verehrte Traurende, in der Entfernung mein
Schweigen nicht auch anders deuten könnten, als daß Scham
mich abhält, unter den großen Reigen Ihrer Freunde zu Ih-
nen zu treten, und Sie gewiſſermaßen zu zwingen, auch auf
mich die Entfernte zu blicken, ſo hätte ich jetzt noch nicht zu
Ihnen geſprochen. Aber, auch eben, daß ich nicht in Ihrem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/480>, abgerufen am 20.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.