er nur wahr ist; wahr bleibt! Il n'y a rien tel; croyez le, si vous ne le savez pas encore! Halten Sie sich grade; und unserer elterlichen, brüderlichen Freundschaft gewiß! Schrei- ben Sie! Ende des Monats sind wir zu Hause. Mille bonnes et belles choses a M. Oelsner! --
An Henrich Steffens, in Breslau.
Berlin, den 6. September 1825.
Kühles Regenwetter nach schmachvoller Verdor- rung. Vormittag 12 Uhr.
Liebes Kind! So sollte man Sie nennen, wenn Sie Ex- rellenz werden, und Ihren wahren Titel bekommen. Wie schön, wie frei, wie aus dem wahrsten Steffens haben Sie über das Thema "Briefschreiben" phantasirt! In welche lieb- liche Seele ließen Sie schauen! Welche ehrliche Wanderung nahmen Sie in sich vor! Auf solcher würde jeder Gesell Mei- ster. Bei ehrlichen Menschen bringt ein bischen Qual immer etwas Gutes zu Tage; ich kenne die Leiden, die mir den Brief erschufen: Sie hatten welche, bevor Sie ihn beginnen konn- ten. Da er geboren ist, vergöttre ich ihn, wie jedes Geschaffene: und bilde mir noch obenein ein, ich würdige ihn: denn, da ich aus allen meinen Kräften liebe, so kann ich mir über diese Liebe, und diese Kräfte nur nichts denken: und dennoch bitte ich Sie, schreiben Sie mir nie nur deßwegen, weil Sie glau- ben, Sie hätten mir schreiben müssen. Ich weiß, es kommt, da Sie mich kennen, ein Moment, wo Sie mich wirklich zu sehen verlangen, und da werden Sie schon sprechen; machen
er nur wahr iſt; wahr bleibt! Il n’y a rien tel; croyez le, si vous ne le savez pas encore! Halten Sie ſich grade; und unſerer elterlichen, brüderlichen Freundſchaft gewiß! Schrei- ben Sie! Ende des Monats ſind wir zu Hauſe. Mille bonnes et belles choses à M. Oelsner! —
An Henrich Steffens, in Breslau.
Berlin, den 6. September 1825.
Kühles Regenwetter nach ſchmachvoller Verdor- rung. Vormittag 12 Uhr.
Liebes Kind! So ſollte man Sie nennen, wenn Sie Ex- rellenz werden, und Ihren wahren Titel bekommen. Wie ſchön, wie frei, wie aus dem wahrſten Steffens haben Sie über das Thema „Briefſchreiben“ phantaſirt! In welche lieb- liche Seele ließen Sie ſchauen! Welche ehrliche Wanderung nahmen Sie in ſich vor! Auf ſolcher würde jeder Geſell Mei- ſter. Bei ehrlichen Menſchen bringt ein bischen Qual immer etwas Gutes zu Tage; ich kenne die Leiden, die mir den Brief erſchufen: Sie hatten welche, bevor Sie ihn beginnen konn- ten. Da er geboren iſt, vergöttre ich ihn, wie jedes Geſchaffene: und bilde mir noch obenein ein, ich würdige ihn: denn, da ich aus allen meinen Kräften liebe, ſo kann ich mir über dieſe Liebe, und dieſe Kräfte nur nichts denken: und dennoch bitte ich Sie, ſchreiben Sie mir nie nur deßwegen, weil Sie glau- ben, Sie hätten mir ſchreiben müſſen. Ich weiß, es kommt, da Sie mich kennen, ein Moment, wo Sie mich wirklich zu ſehen verlangen, und da werden Sie ſchon ſprechen; machen
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[214/0222]
er nur wahr iſt; wahr bleibt! Il n’y a rien tel; croyez
le, si vous ne le savez pas encore! Halten Sie ſich grade;
und unſerer elterlichen, brüderlichen Freundſchaft gewiß! Schrei-
ben Sie! Ende des Monats ſind wir zu Hauſe. Mille bonnes
et belles choses à M. Oelsner! —
An Henrich Steffens, in Breslau.
Berlin, den 6. September 1825.
Kühles Regenwetter nach ſchmachvoller Verdor-
rung. Vormittag 12 Uhr.
Liebes Kind! So ſollte man Sie nennen, wenn Sie Ex-
rellenz werden, und Ihren wahren Titel bekommen. Wie
ſchön, wie frei, wie aus dem wahrſten Steffens haben Sie
über das Thema „Briefſchreiben“ phantaſirt! In welche lieb-
liche Seele ließen Sie ſchauen! Welche ehrliche Wanderung
nahmen Sie in ſich vor! Auf ſolcher würde jeder Geſell Mei-
ſter. Bei ehrlichen Menſchen bringt ein bischen Qual immer
etwas Gutes zu Tage; ich kenne die Leiden, die mir den Brief
erſchufen: Sie hatten welche, bevor Sie ihn beginnen konn-
ten. Da er geboren iſt, vergöttre ich ihn, wie jedes Geſchaffene:
und bilde mir noch obenein ein, ich würdige ihn: denn, da ich
aus allen meinen Kräften liebe, ſo kann ich mir über dieſe
Liebe, und dieſe Kräfte nur nichts denken: und dennoch bitte
ich Sie, ſchreiben Sie mir nie nur deßwegen, weil Sie glau-
ben, Sie hätten mir ſchreiben müſſen. Ich weiß, es kommt,
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/222>, abgerufen am 20.11.2024.
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