rath, diesen Abend bei uns zuzubringen! Punkto 7 soll Thee kommen, und alles was folgt will ich so beschleunigen, daß Sie um halb 11 Uhr schon mit allen Sorten von Geist, und stillen Geistern bei sich sollen konversiren können.
Führen Sie den Zauberstreich aus, aus Fasanen Tauben zu machen: zum Lohn soll Ihnen der umgekehrte Schlag zu Gebote stehn! Ergebenst
Fr. V.
(Mündlich.)
"Der junge Graf X. ist ganz unzufrieden gegen die Welt gestellt. Er fühlt überall höchst unbequem das Bornirte, und daß es in ihm liegt, weiß er noch nicht."
Januar 1824.
9. Januar 1824.
Die Seele ersetzt gleich wieder, wie an Wurzeln; sobald sie aus ihren Tiefen das Geheimste an's Tageslicht gesagt hat, so bilden sich gleich wieder in ihrem Grund neue Geheim- nisse. Der Vergleich ist ganz richtig, und läßt sich weiter führen. Daher hat man wohl mit Unrecht die Scheu Lang- verschwiegenes, erst spät und heimlich Fertiggewordenes mit- zutheilen; fühlt man nur Boden und Sonne; behalten wir nur Herz und Geist!
Berlin, den 16. Januar 1824.
Sehr schwer ist es über einen Irrthum zu sprechen; bei- nah gar nicht! Jeder Irrthum setzt viele andere voraus, und hat Nachkommenschaft; und allermeist geräth man auch im
9 *
rath, dieſen Abend bei uns zuzubringen! Punkto 7 ſoll Thee kommen, und alles was folgt will ich ſo beſchleunigen, daß Sie um halb 11 Uhr ſchon mit allen Sorten von Geiſt, und ſtillen Geiſtern bei ſich ſollen konverſiren können.
Führen Sie den Zauberſtreich aus, aus Faſanen Tauben zu machen: zum Lohn ſoll Ihnen der umgekehrte Schlag zu Gebote ſtehn! Ergebenſt
Fr. V.
(Mündlich.)
„Der junge Graf X. iſt ganz unzufrieden gegen die Welt geſtellt. Er fühlt überall höchſt unbequem das Bornirte, und daß es in ihm liegt, weiß er noch nicht.“
Januar 1824.
9. Januar 1824.
Die Seele erſetzt gleich wieder, wie an Wurzeln; ſobald ſie aus ihren Tiefen das Geheimſte an’s Tageslicht geſagt hat, ſo bilden ſich gleich wieder in ihrem Grund neue Geheim- niſſe. Der Vergleich iſt ganz richtig, und läßt ſich weiter führen. Daher hat man wohl mit Unrecht die Scheu Lang- verſchwiegenes, erſt ſpät und heimlich Fertiggewordenes mit- zutheilen; fühlt man nur Boden und Sonne; behalten wir nur Herz und Geiſt!
Berlin, den 16. Januar 1824.
Sehr ſchwer iſt es über einen Irrthum zu ſprechen; bei- nah gar nicht! Jeder Irrthum ſetzt viele andere voraus, und hat Nachkommenſchaft; und allermeiſt geräth man auch im
9 *
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0139"n="131"/>
rath, dieſen Abend bei uns zuzubringen! Punkto 7 ſoll Thee<lb/>
kommen, und alles was folgt will ich ſo beſchleunigen, daß<lb/>
Sie um halb 11 Uhr ſchon mit allen Sorten von Geiſt, und<lb/>ſtillen Geiſtern bei ſich ſollen konverſiren können.</p><lb/><p>Führen Sie den Zauberſtreich aus, aus Faſanen Tauben<lb/>
zu machen: zum Lohn ſoll Ihnen der umgekehrte Schlag zu<lb/>
Gebote ſtehn! Ergebenſt</p><closer><salute><hirendition="#et">Fr. V.</hi></salute></closer></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><p><hirendition="#c"><hirendition="#g">(Mündlich.)</hi></hi></p><lb/><p>„Der junge Graf X. iſt ganz unzufrieden gegen die Welt<lb/>
geſtellt. Er fühlt überall höchſt unbequem das Bornirte, und<lb/>
daß es in ihm liegt, weiß er noch nicht.“</p><lb/><dateline><hirendition="#et">Januar 1824.</hi></dateline></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><dateline><hirendition="#et">9. Januar 1824.</hi></dateline><lb/><p>Die Seele erſetzt gleich wieder, wie an Wurzeln; ſobald<lb/>ſie aus ihren Tiefen das Geheimſte an’s Tageslicht geſagt<lb/>
hat, ſo bilden ſich gleich wieder in ihrem Grund neue Geheim-<lb/>
niſſe. Der Vergleich iſt ganz richtig, und läßt ſich weiter<lb/>
führen. Daher hat man wohl mit Unrecht die Scheu Lang-<lb/>
verſchwiegenes, erſt ſpät und heimlich Fertiggewordenes mit-<lb/>
zutheilen; fühlt man nur Boden und Sonne; behalten wir<lb/>
nur Herz und Geiſt!</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><dateline><hirendition="#et">Berlin, den 16. Januar 1824.</hi></dateline><lb/><p>Sehr ſchwer iſt es über einen Irrthum zu ſprechen; bei-<lb/>
nah gar nicht! Jeder Irrthum ſetzt viele andere voraus, und<lb/>
hat Nachkommenſchaft; und allermeiſt geräth man auch im<lb/><fwplace="bottom"type="sig">9 *</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[131/0139]
rath, dieſen Abend bei uns zuzubringen! Punkto 7 ſoll Thee
kommen, und alles was folgt will ich ſo beſchleunigen, daß
Sie um halb 11 Uhr ſchon mit allen Sorten von Geiſt, und
ſtillen Geiſtern bei ſich ſollen konverſiren können.
Führen Sie den Zauberſtreich aus, aus Faſanen Tauben
zu machen: zum Lohn ſoll Ihnen der umgekehrte Schlag zu
Gebote ſtehn! Ergebenſt
Fr. V.
(Mündlich.)
„Der junge Graf X. iſt ganz unzufrieden gegen die Welt
geſtellt. Er fühlt überall höchſt unbequem das Bornirte, und
daß es in ihm liegt, weiß er noch nicht.“
Januar 1824.
9. Januar 1824.
Die Seele erſetzt gleich wieder, wie an Wurzeln; ſobald
ſie aus ihren Tiefen das Geheimſte an’s Tageslicht geſagt
hat, ſo bilden ſich gleich wieder in ihrem Grund neue Geheim-
niſſe. Der Vergleich iſt ganz richtig, und läßt ſich weiter
führen. Daher hat man wohl mit Unrecht die Scheu Lang-
verſchwiegenes, erſt ſpät und heimlich Fertiggewordenes mit-
zutheilen; fühlt man nur Boden und Sonne; behalten wir
nur Herz und Geiſt!
Berlin, den 16. Januar 1824.
Sehr ſchwer iſt es über einen Irrthum zu ſprechen; bei-
nah gar nicht! Jeder Irrthum ſetzt viele andere voraus, und
hat Nachkommenſchaft; und allermeiſt geräth man auch im
9 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/139>, abgerufen am 20.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.