Ich bin recht dankbar für das Buch; mich freut's und unter- richtet's. Nur nachzulesen, was Fichte geschrieben hat, ist höchster Gewinn; ein Quell neuer Verehrung der höchsten Bil- dung, der vollendetsten Kritik, die wie beiläufig ihre Sprache bis zu Sternenglanz erleuchtet und verschönt, der wiederum die billigste, gerechteste Seele hell bescheint; in hellem Lichte zeigt. Ein kleiner Abschatten des Elysiums, wo Menschen- söhne sich verehren, verstehen, verehrungswürdig sind, sich freuen, Andere so zu finden, und es herrlich ausdrücken. --
An Auguste Brede, in Stuttgart.
Berlin, Mittwoch Vormittag den 10. September 1823.
Kältester Nordwestwind, bezogner Himmel; manchmal Son- nenblicke. Nach unendlicher Hitze; zum Schaden der Menschen.
Hier, mein theures Augustchen, der verlangte Taufschein! Lange hat die Besorgung gedauert! Mündlich könnte ich mich entschuldigen. Auch hätte ich ihn gewiß früher besorgt, hätte ich irgend gedacht, Sie brauchten ihn wirklich. Verhei- rathen werden Sie sich wohl nicht -- weil ich es nicht leide -- und sollten Sie eine Erbschaft heben, so hätten Sie mir befohlen ich soll ihn schicken. Bei jedem Wagen dacht' ich, Sie müßten es sein: bis Ihr Brief aus Leipzig ankam. Oft ist mir schon unendlich Angenehmes begegnet -- wissen Sie noch, wie wir uns im goldnen Kreuz zu Karlsruhe trafen? -- aber erwarten muß man nichts: weil wir noch immer nicht Einsicht genug haben, um zu sehen, wie die Dinge kommen
Ich bin recht dankbar für das Buch; mich freut’s und unter- richtet’s. Nur nachzuleſen, was Fichte geſchrieben hat, iſt höchſter Gewinn; ein Quell neuer Verehrung der höchſten Bil- dung, der vollendetſten Kritik, die wie beiläufig ihre Sprache bis zu Sternenglanz erleuchtet und verſchönt, der wiederum die billigſte, gerechteſte Seele hell beſcheint; in hellem Lichte zeigt. Ein kleiner Abſchatten des Elyſiums, wo Menſchen- ſöhne ſich verehren, verſtehen, verehrungswürdig ſind, ſich freuen, Andere ſo zu finden, und es herrlich ausdrücken. —
An Auguſte Brede, in Stuttgart.
Berlin, Mittwoch Vormittag den 10. September 1823.
Kälteſter Nordweſtwind, bezogner Himmel; manchmal Son- nenblicke. Nach unendlicher Hitze; zum Schaden der Menſchen.
Hier, mein theures Auguſtchen, der verlangte Taufſchein! Lange hat die Beſorgung gedauert! Mündlich könnte ich mich entſchuldigen. Auch hätte ich ihn gewiß früher beſorgt, hätte ich irgend gedacht, Sie brauchten ihn wirklich. Verhei- rathen werden Sie ſich wohl nicht — weil ich es nicht leide — und ſollten Sie eine Erbſchaft heben, ſo hätten Sie mir befohlen ich ſoll ihn ſchicken. Bei jedem Wagen dacht’ ich, Sie müßten es ſein: bis Ihr Brief aus Leipzig ankam. Oft iſt mir ſchon unendlich Angenehmes begegnet — wiſſen Sie noch, wie wir uns im goldnen Kreuz zu Karlsruhe trafen? — aber erwarten muß man nichts: weil wir noch immer nicht Einſicht genug haben, um zu ſehen, wie die Dinge kommen
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Ich bin recht dankbar für das Buch; mich freut’s und unter-
richtet’s. Nur nachzuleſen, was Fichte geſchrieben hat, iſt
höchſter Gewinn; ein Quell neuer Verehrung der höchſten Bil-
dung, der vollendetſten Kritik, die wie beiläufig ihre Sprache
bis zu Sternenglanz erleuchtet und verſchönt, der wiederum
die billigſte, gerechteſte Seele hell beſcheint; in hellem Lichte
zeigt. Ein kleiner Abſchatten des Elyſiums, wo Menſchen-
ſöhne ſich verehren, verſtehen, verehrungswürdig ſind, ſich
freuen, Andere ſo zu finden, und es herrlich ausdrücken. —
An Auguſte Brede, in Stuttgart.
Berlin, Mittwoch Vormittag den 10. September 1823.
Kälteſter Nordweſtwind, bezogner Himmel; manchmal Son-
nenblicke. Nach unendlicher Hitze; zum Schaden der
Menſchen.
Hier, mein theures Auguſtchen, der verlangte Taufſchein!
Lange hat die Beſorgung gedauert! Mündlich könnte ich
mich entſchuldigen. Auch hätte ich ihn gewiß früher beſorgt,
hätte ich irgend gedacht, Sie brauchten ihn wirklich. Verhei-
rathen werden Sie ſich wohl nicht — weil ich es nicht leide
— und ſollten Sie eine Erbſchaft heben, ſo hätten Sie mir
befohlen ich ſoll ihn ſchicken. Bei jedem Wagen dacht’ ich,
Sie müßten es ſein: bis Ihr Brief aus Leipzig ankam. Oft
iſt mir ſchon unendlich Angenehmes begegnet — wiſſen Sie
noch, wie wir uns im goldnen Kreuz zu Karlsruhe trafen? —
aber erwarten muß man nichts: weil wir noch immer nicht
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/128>, abgerufen am 20.11.2024.
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