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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

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An Auguste Brede, in Stuttgart.

Dienstag Mittag, Gewitterschwüle.

Also solche Ehre muß ich von Ihnen erleben! Clairon
läßt Voltaire's Wageschale steigen; schon trägt die Schröder
Grillparzer mit auf ihrem Fittig, und Auguste unsern Uhland
auf dem ihrigen zum Parnassus! Dies freut meine Seele aus
hundert Ursachen! Athmet doch unser Land -- wir müssen
noch immer dabei sagen: Deutschland -- auf allen Le-
benspunkten auf. Wird doch der Willen stark und flott!
Bekömmt doch Deutschlands Prasser, Wien, einen Dichter, und
hat eine begabte, eine erkannte Künstlerin, die sich einander
heben, halten und steigern, die sich lieben, und für einander
wirken. Hat doch Stuttgart einen Berliner Ableger, der dort
mehr, als in seiner Heimath, wirken kann, aber als Stutt-
garter es nicht gekonnt hätte; sind Sie doch in der sich der
Stockung und Trauer überlassenden Mittel-Kapitale der Vor-
stand und Ermunterer der Bühne und des Dichters! Sehr
schön war, was Sie bei Eröffnung des Theaters nach der
Trauer um die Königin vollführten; vortrefflich sollen Sie
das Gedicht gesprochen haben, mit schöner Stimme, und das
Ganze ausgeführt. So erzählte Lindner. Ein Glaubenbeizu-
messender. Schöne Sappho gegeben haben; hört' ich auch
schon von Küsters! -- so wetzen Sie das Interesse für's Thea-
ter; darin ist alle Kunst, aller Sinn dafür mit einbegriffen;
ja auch das Nachdenken überhaupt geweckt; bei einem großen
Theil zuerst, und auf die einzig mögliche Weise. -- Gestern

An Auguſte Brede, in Stuttgart.

Dienstag Mittag, Gewitterſchwüle.

Alſo ſolche Ehre muß ich von Ihnen erleben! Clairon
läßt Voltaire’s Wageſchale ſteigen; ſchon trägt die Schröder
Grillparzer mit auf ihrem Fittig, und Auguſte unſern Uhland
auf dem ihrigen zum Parnaſſus! Dies freut meine Seele aus
hundert Urſachen! Athmet doch unſer Land — wir müſſen
noch immer dabei ſagen: Deutſchland — auf allen Le-
benspunkten auf. Wird doch der Willen ſtark und flott!
Bekömmt doch Deutſchlands Praſſer, Wien, einen Dichter, und
hat eine begabte, eine erkannte Künſtlerin, die ſich einander
heben, halten und ſteigern, die ſich lieben, und für einander
wirken. Hat doch Stuttgart einen Berliner Ableger, der dort
mehr, als in ſeiner Heimath, wirken kann, aber als Stutt-
garter es nicht gekonnt hätte; ſind Sie doch in der ſich der
Stockung und Trauer überlaſſenden Mittel-Kapitale der Vor-
ſtand und Ermunterer der Bühne und des Dichters! Sehr
ſchön war, was Sie bei Eröffnung des Theaters nach der
Trauer um die Königin vollführten; vortrefflich ſollen Sie
das Gedicht geſprochen haben, mit ſchöner Stimme, und das
Ganze ausgeführt. So erzählte Lindner. Ein Glaubenbeizu-
meſſender. Schöne Sappho gegeben haben; hört’ ich auch
ſchon von Küſters! — ſo wetzen Sie das Intereſſe für’s Thea-
ter; darin iſt alle Kunſt, aller Sinn dafür mit einbegriffen;
ja auch das Nachdenken überhaupt geweckt; bei einem großen
Theil zuerſt, und auf die einzig mögliche Weiſe. — Geſtern

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[574/0582] An Auguſte Brede, in Stuttgart. Karlsruhe, den 18. Mai 1819. Dienstag Mittag, Gewitterſchwüle. Alſo ſolche Ehre muß ich von Ihnen erleben! Clairon läßt Voltaire’s Wageſchale ſteigen; ſchon trägt die Schröder Grillparzer mit auf ihrem Fittig, und Auguſte unſern Uhland auf dem ihrigen zum Parnaſſus! Dies freut meine Seele aus hundert Urſachen! Athmet doch unſer Land — wir müſſen noch immer dabei ſagen: Deutſchland — auf allen Le- benspunkten auf. Wird doch der Willen ſtark und flott! Bekömmt doch Deutſchlands Praſſer, Wien, einen Dichter, und hat eine begabte, eine erkannte Künſtlerin, die ſich einander heben, halten und ſteigern, die ſich lieben, und für einander wirken. Hat doch Stuttgart einen Berliner Ableger, der dort mehr, als in ſeiner Heimath, wirken kann, aber als Stutt- garter es nicht gekonnt hätte; ſind Sie doch in der ſich der Stockung und Trauer überlaſſenden Mittel-Kapitale der Vor- ſtand und Ermunterer der Bühne und des Dichters! Sehr ſchön war, was Sie bei Eröffnung des Theaters nach der Trauer um die Königin vollführten; vortrefflich ſollen Sie das Gedicht geſprochen haben, mit ſchöner Stimme, und das Ganze ausgeführt. So erzählte Lindner. Ein Glaubenbeizu- meſſender. Schöne Sappho gegeben haben; hört’ ich auch ſchon von Küſters! — ſo wetzen Sie das Intereſſe für’s Thea- ter; darin iſt alle Kunſt, aller Sinn dafür mit einbegriffen; ja auch das Nachdenken überhaupt geweckt; bei einem großen Theil zuerſt, und auf die einzig mögliche Weiſe. — Geſtern

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 574. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/582>, abgerufen am 21.11.2024.