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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

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uns finden. Kurz, für's Erste antworten Sie sehr redselig:
und dann kommen Sie! Die letzten vier Beilagen der All-
gemeinen Zeitung aus der Allemannia müssen Sie lesen. Der
spricht grad' und scharf: aber vorerst zu den Schwatzpatronen
der Druckereien. Und er hat auch den Muth die Franzosen
zu vertheidigen.

Adieu. R.


An Troxler, in Beromünster.


Nur ein Wort, lieber Dr. Troxler, um einen so lieben
gütigen Brief, als Ihrer ist, nicht ohne Antwort zu lassen!
Jener Bedienter in der Komödie sagt, mit einer plume d'au-
berge
könne er nicht schreiben. So geht es mir hier noch mit
der ganzen Stadt. Noch leb' ich une vie d'auberge. Näm-
lich umgekehrt; ganz einsam, ganz allein fast: aber eben diese
Stille, die, ich möchte sagen, die ich höre, verwirrt und stört
mich. Noch paßt mir nichts: und ich habe in meinem Leben
so wenig an Karlsruhe gedacht, daß ich mich selbst im Ort
nicht hier glaube. Dazu kommt nun noch hauptsächlich, daß
ich seit vierzehn Tagen umhertrotte mir ein Quartier, und
alles was der Mensch braucht, anzuschaffen. Endlich bin ich
seit gestern in sicherster Ordnung; aber ich gehe wie eine Bauer-
braut darin umher ohne mich finden zu können, und die schöne
Ehre und die neuen Dinge für meine nehmen zu können. Ich
erfahre, daß mein Sinn ein entsetzlicher Pedant ist; oder eine
rechte Person: die alles nach ihrer Weise haben, und gebrau-

uns finden. Kurz, für’s Erſte antworten Sie ſehr redſelig:
und dann kommen Sie! Die letzten vier Beilagen der All-
gemeinen Zeitung aus der Allemannia müſſen Sie leſen. Der
ſpricht grad’ und ſcharf: aber vorerſt zu den Schwatzpatronen
der Druckereien. Und er hat auch den Muth die Franzoſen
zu vertheidigen.

Adieu. R.


An Troxler, in Beromünſter.


Nur ein Wort, lieber Dr. Troxler, um einen ſo lieben
gütigen Brief, als Ihrer iſt, nicht ohne Antwort zu laſſen!
Jener Bedienter in der Komödie ſagt, mit einer plume d’au-
berge
könne er nicht ſchreiben. So geht es mir hier noch mit
der ganzen Stadt. Noch leb’ ich une vie d’auberge. Näm-
lich umgekehrt; ganz einſam, ganz allein faſt: aber eben dieſe
Stille, die, ich möchte ſagen, die ich höre, verwirrt und ſtört
mich. Noch paßt mir nichts: und ich habe in meinem Leben
ſo wenig an Karlsruhe gedacht, daß ich mich ſelbſt im Ort
nicht hier glaube. Dazu kommt nun noch hauptſächlich, daß
ich ſeit vierzehn Tagen umhertrotte mir ein Quartier, und
alles was der Menſch braucht, anzuſchaffen. Endlich bin ich
ſeit geſtern in ſicherſter Ordnung; aber ich gehe wie eine Bauer-
braut darin umher ohne mich finden zu können, und die ſchöne
Ehre und die neuen Dinge für meine nehmen zu können. Ich
erfahre, daß mein Sinn ein entſetzlicher Pedant iſt; oder eine
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[412/0420] uns finden. Kurz, für’s Erſte antworten Sie ſehr redſelig: und dann kommen Sie! Die letzten vier Beilagen der All- gemeinen Zeitung aus der Allemannia müſſen Sie leſen. Der ſpricht grad’ und ſcharf: aber vorerſt zu den Schwatzpatronen der Druckereien. Und er hat auch den Muth die Franzoſen zu vertheidigen. Adieu. R. An Troxler, in Beromünſter. Karlsruhe, den 30. Juli 1816. Nur ein Wort, lieber Dr. Troxler, um einen ſo lieben gütigen Brief, als Ihrer iſt, nicht ohne Antwort zu laſſen! Jener Bedienter in der Komödie ſagt, mit einer plume d’au- berge könne er nicht ſchreiben. So geht es mir hier noch mit der ganzen Stadt. Noch leb’ ich une vie d’auberge. Näm- lich umgekehrt; ganz einſam, ganz allein faſt: aber eben dieſe Stille, die, ich möchte ſagen, die ich höre, verwirrt und ſtört mich. Noch paßt mir nichts: und ich habe in meinem Leben ſo wenig an Karlsruhe gedacht, daß ich mich ſelbſt im Ort nicht hier glaube. Dazu kommt nun noch hauptſächlich, daß ich ſeit vierzehn Tagen umhertrotte mir ein Quartier, und alles was der Menſch braucht, anzuſchaffen. Endlich bin ich ſeit geſtern in ſicherſter Ordnung; aber ich gehe wie eine Bauer- braut darin umher ohne mich finden zu können, und die ſchöne Ehre und die neuen Dinge für meine nehmen zu können. Ich erfahre, daß mein Sinn ein entſetzlicher Pedant iſt; oder eine rechte Perſon: die alles nach ihrer Weiſe haben, und gebrau-

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/420>, abgerufen am 21.12.2024.