Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

liegt er unversehrt für Sie da! Machen Sie, theures Ernst-
chen! daß ich ihn Ihnen den Sommer selbst gebe. General
Tettenborn schickte mir eine Schachtel Bänder; und zum Com-
ble brachte mir Varnhagen einen Schal, welchen alle Men-
schen für türkisch halten; welches ich nicht ambitionire. Als
ich von den Feten in Posen las, dacht' ich gleich an euch.
Es freut mich, daß Sie dort waren. Ach Gott! ach Gott!
äßen Sie nur Eierkuchen und Besinge zum Frühstück bei mir.
O! wären wir nur zusammen in Berlin! Ernestine, ich halte
es nicht aus! Sie haben doch noch Eltern und alles! Also
Ferdinand als Kosake? Was sagen Sie zu diesem eselhaften
Brief, nach Ihrem, der mir so viel Freude machte! Ich kann
heute nicht anders. Lassen Sie sich nur nicht abschrecken. Adieu,
Theure, Liebe, ich bin heute von allem Schreiben zu finger-
lahm. Pappenheims und Herzens sehe ich oft, auch Frau von
Custine, des Generals Sohn's Frau. Ihre R. Bald Antwort! --



An Wilhelm Neumann, in Koblenz.


Da Sie mir's zutrauen, lieber Neumann, daß ich Ihre
Lage, Ihre Entschlüsse, Wünsche und Ihr Schreiben darüber
beurtheilen kann, so thue ich es um so zuversichtlicher, weil
ich es doch gethan hätte, und mir selbst zutraue, es zu können.
Bis jetzt traute ich Ihnen zu, wenn Sie nur wollten, die schön-
sten Mährchen, die naivsten Geschichten und Karaktere erfin-
den zu können, und Ihre Feder einen jeden beliebigen anneh-

liegt er unverſehrt für Sie da! Machen Sie, theures Ernſt-
chen! daß ich ihn Ihnen den Sommer ſelbſt gebe. General
Tettenborn ſchickte mir eine Schachtel Bänder; und zum Com-
ble brachte mir Varnhagen einen Schal, welchen alle Men-
ſchen für türkiſch halten; welches ich nicht ambitionire. Als
ich von den Fêten in Poſen las, dacht’ ich gleich an euch.
Es freut mich, daß Sie dort waren. Ach Gott! ach Gott!
äßen Sie nur Eierkuchen und Beſinge zum Frühſtück bei mir.
O! wären wir nur zuſammen in Berlin! Erneſtine, ich halte
es nicht aus! Sie haben doch noch Eltern und alles! Alſo
Ferdinand als Koſake? Was ſagen Sie zu dieſem eſelhaften
Brief, nach Ihrem, der mir ſo viel Freude machte! Ich kann
heute nicht anders. Laſſen Sie ſich nur nicht abſchrecken. Adieu,
Theure, Liebe, ich bin heute von allem Schreiben zu finger-
lahm. Pappenheims und Herzens ſehe ich oft, auch Frau von
Cuſtine, des Generals Sohn’s Frau. Ihre R. Bald Antwort! —



An Wilhelm Neumann, in Koblenz.


Da Sie mir’s zutrauen, lieber Neumann, daß ich Ihre
Lage, Ihre Entſchlüſſe, Wünſche und Ihr Schreiben darüber
beurtheilen kann, ſo thue ich es um ſo zuverſichtlicher, weil
ich es doch gethan hätte, und mir ſelbſt zutraue, es zu können.
Bis jetzt traute ich Ihnen zu, wenn Sie nur wollten, die ſchön-
ſten Mährchen, die naivſten Geſchichten und Karaktere erfin-
den zu können, und Ihre Feder einen jeden beliebigen anneh-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0385" n="377"/>
liegt er unver&#x017F;ehrt für Sie da! Machen Sie, theures Ern&#x017F;t-<lb/>
chen! daß ich ihn Ihnen den Sommer &#x017F;elb&#x017F;t gebe. General<lb/>
Tettenborn &#x017F;chickte mir eine Schachtel Bänder; und zum Com-<lb/>
ble brachte mir Varnhagen einen Schal, welchen alle Men-<lb/>
&#x017F;chen für türki&#x017F;ch halten; welches ich nicht ambitionire. Als<lb/>
ich von den F<hi rendition="#aq">ê</hi>ten in Po&#x017F;en las, dacht&#x2019; ich gleich an euch.<lb/>
Es freut mich, daß Sie dort waren. Ach Gott! ach Gott!<lb/>
äßen Sie nur Eierkuchen und Be&#x017F;inge zum Früh&#x017F;tück bei mir.<lb/>
O! wären wir nur zu&#x017F;ammen in Berlin! Erne&#x017F;tine, ich halte<lb/>
es nicht aus! Sie haben doch noch Eltern und alles! Al&#x017F;o<lb/>
Ferdinand als <hi rendition="#g">Ko&#x017F;ake</hi>? Was &#x017F;agen Sie zu die&#x017F;em e&#x017F;elhaften<lb/>
Brief, nach Ihrem, der mir &#x017F;o viel Freude machte! Ich kann<lb/>
heute nicht anders. La&#x017F;&#x017F;en Sie &#x017F;ich nur nicht ab&#x017F;chrecken. Adieu,<lb/>
Theure, Liebe, ich bin heute von allem Schreiben zu finger-<lb/>
lahm. Pappenheims und Herzens &#x017F;ehe ich oft, auch Frau von<lb/>
Cu&#x017F;tine, des Generals Sohn&#x2019;s Frau. Ihre R. Bald Antwort! &#x2014;</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>An Wilhelm Neumann, in Koblenz.</head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Frankfurt a. M. Freitag den 3. Februar 1816.</hi> </dateline><lb/>
          <p>Da Sie mir&#x2019;s zutrauen, lieber Neumann, daß ich Ihre<lb/>
Lage, Ihre Ent&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;e, Wün&#x017F;che und Ihr Schreiben darüber<lb/>
beurtheilen kann, &#x017F;o thue ich es um &#x017F;o zuver&#x017F;ichtlicher, weil<lb/>
ich es doch gethan hätte, und mir &#x017F;elb&#x017F;t zutraue, es zu können.<lb/>
Bis jetzt traute ich Ihnen zu, wenn Sie nur wollten, die &#x017F;chön-<lb/>
&#x017F;ten Mährchen, die naiv&#x017F;ten Ge&#x017F;chichten und Karaktere erfin-<lb/>
den zu können, und Ihre Feder einen jeden beliebigen anneh-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[377/0385] liegt er unverſehrt für Sie da! Machen Sie, theures Ernſt- chen! daß ich ihn Ihnen den Sommer ſelbſt gebe. General Tettenborn ſchickte mir eine Schachtel Bänder; und zum Com- ble brachte mir Varnhagen einen Schal, welchen alle Men- ſchen für türkiſch halten; welches ich nicht ambitionire. Als ich von den Fêten in Poſen las, dacht’ ich gleich an euch. Es freut mich, daß Sie dort waren. Ach Gott! ach Gott! äßen Sie nur Eierkuchen und Beſinge zum Frühſtück bei mir. O! wären wir nur zuſammen in Berlin! Erneſtine, ich halte es nicht aus! Sie haben doch noch Eltern und alles! Alſo Ferdinand als Koſake? Was ſagen Sie zu dieſem eſelhaften Brief, nach Ihrem, der mir ſo viel Freude machte! Ich kann heute nicht anders. Laſſen Sie ſich nur nicht abſchrecken. Adieu, Theure, Liebe, ich bin heute von allem Schreiben zu finger- lahm. Pappenheims und Herzens ſehe ich oft, auch Frau von Cuſtine, des Generals Sohn’s Frau. Ihre R. Bald Antwort! — An Wilhelm Neumann, in Koblenz. Frankfurt a. M. Freitag den 3. Februar 1816. Da Sie mir’s zutrauen, lieber Neumann, daß ich Ihre Lage, Ihre Entſchlüſſe, Wünſche und Ihr Schreiben darüber beurtheilen kann, ſo thue ich es um ſo zuverſichtlicher, weil ich es doch gethan hätte, und mir ſelbſt zutraue, es zu können. Bis jetzt traute ich Ihnen zu, wenn Sie nur wollten, die ſchön- ſten Mährchen, die naivſten Geſchichten und Karaktere erfin- den zu können, und Ihre Feder einen jeden beliebigen anneh-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/385
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/385>, abgerufen am 21.11.2024.