Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Sänger und Mozart und die gute Musik dort waren, und
Luxus und Diplomatie, die mir damals gefielen, und als
Gentz mich unaufhörlich lud. Gott behüte mich für Italien! --
Ich freue mich auf gar nichts, als wie ich mich mit dem Kopf
an deine Brust lehnen werde und dich ansehen werde, und die
Reise werde überstanden haben; und vielleicht geht auch die
besser als ich denke; bis Aachen gewiß! -- Ich traue deinen
Berichten; das siehst du, denn ich komme: in beiden Kriegen
waren deine Nachrichten und Ansichten immer die richtig ein-
treffenden. Halte dir nur Remi zur Hand, daß ich ihn finde:
ein deutscher Klumpen hilft mir dort wenig. Du siehst, ich
schreibe mir das Herz leichter. Kannst du mich auch leiden?
Spare dir nur nicht alles ab! Ich danke dir für deine Sorg-
falt. Das Meiste wird der Wagen kosten; ich kenne Faubourg
St. Germain,
am Ende der Erde, von allem weit. Wird man
denn lange da sitzen? Und mitten im Winter reisen? In
den kurzen Tagen, Schnee, Glatteis, Kälte? Alles nun wie
Gott will! --


Nicht wahr, lieber August? es ist unangenehm, einen Brief
so lange vor sich zu haben, ehe er abgeht. Aber ein früheres
Abschicken hätte nicht viel genützt, vielleicht hättest du da-
durch den Brief um einen Tag früher erhalten, aber nicht so
Spätgeschriebenes. Darum geb' ich ihn auch morgen nicht
der Mad. N. mit, die hier durchreist, und zu der ich gestern
gleich ging, um zu hören, ob es ginge, mit ihr zusammen zu
reisen. Sie geht aber des Nachts, läßt hier den Wagen flik-

Sänger und Mozart und die gute Muſik dort waren, und
Luxus und Diplomatie, die mir damals gefielen, und als
Gentz mich unaufhörlich lud. Gott behüte mich für Italien! —
Ich freue mich auf gar nichts, als wie ich mich mit dem Kopf
an deine Bruſt lehnen werde und dich anſehen werde, und die
Reiſe werde überſtanden haben; und vielleicht geht auch die
beſſer als ich denke; bis Aachen gewiß! — Ich traue deinen
Berichten; das ſiehſt du, denn ich komme: in beiden Kriegen
waren deine Nachrichten und Anſichten immer die richtig ein-
treffenden. Halte dir nur Remi zur Hand, daß ich ihn finde:
ein deutſcher Klumpen hilft mir dort wenig. Du ſiehſt, ich
ſchreibe mir das Herz leichter. Kannſt du mich auch leiden?
Spare dir nur nicht alles ab! Ich danke dir für deine Sorg-
falt. Das Meiſte wird der Wagen koſten; ich kenne Faubourg
St. Germain,
am Ende der Erde, von allem weit. Wird man
denn lange da ſitzen? Und mitten im Winter reiſen? In
den kurzen Tagen, Schnee, Glatteis, Kälte? Alles nun wie
Gott will! —


Nicht wahr, lieber Auguſt? es iſt unangenehm, einen Brief
ſo lange vor ſich zu haben, ehe er abgeht. Aber ein früheres
Abſchicken hätte nicht viel genützt, vielleicht hätteſt du da-
durch den Brief um einen Tag früher erhalten, aber nicht ſo
Spätgeſchriebenes. Darum geb’ ich ihn auch morgen nicht
der Mad. N. mit, die hier durchreiſt, und zu der ich geſtern
gleich ging, um zu hören, ob es ginge, mit ihr zuſammen zu
reiſen. Sie geht aber des Nachts, läßt hier den Wagen flik-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0330" n="322"/>
Sänger und Mozart und die gute Mu&#x017F;ik dort waren, und<lb/>
Luxus und Diplomatie, die mir damals gefielen, und als<lb/>
Gentz mich unaufhörlich lud. Gott behüte mich für Italien! &#x2014;<lb/>
Ich freue mich auf gar nichts, als wie ich mich mit dem Kopf<lb/>
an deine Bru&#x017F;t lehnen werde und dich an&#x017F;ehen werde, und die<lb/>
Rei&#x017F;e werde über&#x017F;tanden haben; und vielleicht geht auch die<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er als ich denke; bis Aachen gewiß! &#x2014; Ich traue deinen<lb/>
Berichten; das &#x017F;ieh&#x017F;t du, denn ich komme: in beiden Kriegen<lb/>
waren deine Nachrichten und An&#x017F;ichten immer die richtig ein-<lb/>
treffenden. Halte dir nur Remi zur Hand, daß ich ihn finde:<lb/>
ein deut&#x017F;cher Klumpen hilft mir dort wenig. Du &#x017F;ieh&#x017F;t, ich<lb/>
&#x017F;chreibe mir das Herz leichter. Kann&#x017F;t du mich auch leiden?<lb/>
Spare dir nur nicht alles ab! Ich danke dir für deine Sorg-<lb/>
falt. Das Mei&#x017F;te wird der Wagen ko&#x017F;ten; ich kenne <hi rendition="#aq">Faubourg<lb/>
St. Germain,</hi> am Ende der Erde, von allem weit. Wird man<lb/>
denn lange da &#x017F;itzen? Und mitten im Winter rei&#x017F;en? In<lb/>
den kurzen Tagen, Schnee, Glatteis, Kälte? Alles nun wie<lb/>
Gott will! &#x2014;</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <dateline> <hi rendition="#et">Sonnabend früh, den 2. September 10 Morgens.</hi> </dateline><lb/>
            <p>Nicht wahr, lieber Augu&#x017F;t? es i&#x017F;t unangenehm, einen Brief<lb/>
&#x017F;o lange vor &#x017F;ich zu haben, ehe er abgeht. Aber ein früheres<lb/>
Ab&#x017F;chicken hätte nicht viel genützt, <hi rendition="#g">vielleicht</hi> hätte&#x017F;t du da-<lb/>
durch den Brief um einen Tag früher erhalten, aber nicht &#x017F;o<lb/>
Spätge&#x017F;chriebenes. Darum geb&#x2019; ich ihn auch morgen nicht<lb/>
der Mad. N. mit, die hier durchrei&#x017F;t, und zu der ich ge&#x017F;tern<lb/>
gleich ging, um zu hören, ob es ginge, mit ihr zu&#x017F;ammen zu<lb/>
rei&#x017F;en. Sie geht aber des Nachts, läßt hier den Wagen flik-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[322/0330] Sänger und Mozart und die gute Muſik dort waren, und Luxus und Diplomatie, die mir damals gefielen, und als Gentz mich unaufhörlich lud. Gott behüte mich für Italien! — Ich freue mich auf gar nichts, als wie ich mich mit dem Kopf an deine Bruſt lehnen werde und dich anſehen werde, und die Reiſe werde überſtanden haben; und vielleicht geht auch die beſſer als ich denke; bis Aachen gewiß! — Ich traue deinen Berichten; das ſiehſt du, denn ich komme: in beiden Kriegen waren deine Nachrichten und Anſichten immer die richtig ein- treffenden. Halte dir nur Remi zur Hand, daß ich ihn finde: ein deutſcher Klumpen hilft mir dort wenig. Du ſiehſt, ich ſchreibe mir das Herz leichter. Kannſt du mich auch leiden? Spare dir nur nicht alles ab! Ich danke dir für deine Sorg- falt. Das Meiſte wird der Wagen koſten; ich kenne Faubourg St. Germain, am Ende der Erde, von allem weit. Wird man denn lange da ſitzen? Und mitten im Winter reiſen? In den kurzen Tagen, Schnee, Glatteis, Kälte? Alles nun wie Gott will! — Sonnabend früh, den 2. September 10 Morgens. Nicht wahr, lieber Auguſt? es iſt unangenehm, einen Brief ſo lange vor ſich zu haben, ehe er abgeht. Aber ein früheres Abſchicken hätte nicht viel genützt, vielleicht hätteſt du da- durch den Brief um einen Tag früher erhalten, aber nicht ſo Spätgeſchriebenes. Darum geb’ ich ihn auch morgen nicht der Mad. N. mit, die hier durchreiſt, und zu der ich geſtern gleich ging, um zu hören, ob es ginge, mit ihr zuſammen zu reiſen. Sie geht aber des Nachts, läßt hier den Wagen flik-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/330
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/330>, abgerufen am 21.11.2024.