vermögen! Sonst wär' ich ja auch wohl, in Gottes Gnade, schon todt hingeschlagen. Gute Nacht!
Sonntag, den 8. März, 12 Uhr Mittags.
Ich habe eine schlechte Nacht gehabt, nicht möglich ein- zuschlafen: -- am Morgen, wo ich denn immer einschlafe, stellten sich Hähne vor mein Fenster, und wetteiferten in ihrem abominablen Geschrei auf's genauste. -- Am Ende ließ ich sie wegjagen. So ist's auf den Straßen unserer edlen Stadt. Hühnerhorden! Dann schlief ich noch ein wenig. Ich sehe sehr deteriorirt aus. Natürlich! Krank, keine Luft, keine Zerstreuung keiner Art. -- Sonst, wie ich die Behülfliche -- mit meinen ewig geringen Mittlen -- sein konnte, ging alles: aber an wen kann, soll ich mich wenden! Auch ist meine ganze Gesellschaft zerstört, zerstreut, todt, arm. Dabei, bei diesem Knappen, bin ich Dankbarkeit schuldig, und zur Last; denen, die ich meiden möchte unter den besten Bedingungen; was ich am meisten fürchtete, wogegen ich fünfzehn Jahre rang, muß ich bis auf den Boden leeren. -- -- Es sind nun sechs Wochen, daß ich ganz zu Hause bin -- wie oft und lang vorher! -- und nichts geht bei mir vor, als kleine unange- nehme Häuslichkeiten: und ich habe keine andere Sensation von außen, als die ich mir selbst gebe! Entschuldige also mein endliches Zusammenbrechen. Du hast ganz außerordent- lich das reine, unbefangene, kraftvolle Zuhören und Auffassen von Josephine in deinem Briefe ausdrücken können! Diese Schönheit der Seele, die nur ein Zeichen von andern Schön- heiten ist, gewann ihr meine ehrende Liebe mit zuerst. Ach!
vermögen! Sonſt wär’ ich ja auch wohl, in Gottes Gnade, ſchon todt hingeſchlagen. Gute Nacht!
Sonntag, den 8. März, 12 Uhr Mittags.
Ich habe eine ſchlechte Nacht gehabt, nicht möglich ein- zuſchlafen: — am Morgen, wo ich denn immer einſchlafe, ſtellten ſich Hähne vor mein Fenſter, und wetteiferten in ihrem abominablen Geſchrei auf’s genauſte. — Am Ende ließ ich ſie wegjagen. So iſt’s auf den Straßen unſerer edlen Stadt. Hühnerhorden! Dann ſchlief ich noch ein wenig. Ich ſehe ſehr deteriorirt aus. Natürlich! Krank, keine Luft, keine Zerſtreuung keiner Art. — Sonſt, wie ich die Behülfliche — mit meinen ewig geringen Mittlen — ſein konnte, ging alles: aber an wen kann, ſoll ich mich wenden! Auch iſt meine ganze Geſellſchaft zerſtört, zerſtreut, todt, arm. Dabei, bei dieſem Knappen, bin ich Dankbarkeit ſchuldig, und zur Laſt; denen, die ich meiden möchte unter den beſten Bedingungen; was ich am meiſten fürchtete, wogegen ich fünfzehn Jahre rang, muß ich bis auf den Boden leeren. — — Es ſind nun ſechs Wochen, daß ich ganz zu Hauſe bin — wie oft und lang vorher! — und nichts geht bei mir vor, als kleine unange- nehme Häuslichkeiten: und ich habe keine andere Senſation von außen, als die ich mir ſelbſt gebe! Entſchuldige alſo mein endliches Zuſammenbrechen. Du haſt ganz außerordent- lich das reine, unbefangene, kraftvolle Zuhören und Auffaſſen von Joſephine in deinem Briefe ausdrücken können! Dieſe Schönheit der Seele, die nur ein Zeichen von andern Schön- heiten iſt, gewann ihr meine ehrende Liebe mit zuerſt. Ach!
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vermögen! Sonſt wär’ ich ja auch wohl, in Gottes Gnade,
ſchon todt hingeſchlagen. Gute Nacht!
Sonntag, den 8. März, 12 Uhr Mittags.
Ich habe eine ſchlechte Nacht gehabt, nicht möglich ein-
zuſchlafen: — am Morgen, wo ich denn immer einſchlafe,
ſtellten ſich Hähne vor mein Fenſter, und wetteiferten in ihrem
abominablen Geſchrei auf’s genauſte. — Am Ende ließ ich ſie
wegjagen. So iſt’s auf den Straßen unſerer edlen Stadt.
Hühnerhorden! Dann ſchlief ich noch ein wenig. Ich ſehe
ſehr deteriorirt aus. Natürlich! Krank, keine Luft, keine
Zerſtreuung keiner Art. — Sonſt, wie ich die Behülfliche —
mit meinen ewig geringen Mittlen — ſein konnte, ging alles:
aber an wen kann, ſoll ich mich wenden! Auch iſt meine
ganze Geſellſchaft zerſtört, zerſtreut, todt, arm. Dabei, bei
dieſem Knappen, bin ich Dankbarkeit ſchuldig, und zur Laſt;
denen, die ich meiden möchte unter den beſten Bedingungen;
was ich am meiſten fürchtete, wogegen ich fünfzehn Jahre
rang, muß ich bis auf den Boden leeren. — — Es ſind nun
ſechs Wochen, daß ich ganz zu Hauſe bin — wie oft und lang
vorher! — und nichts geht bei mir vor, als kleine unange-
nehme Häuslichkeiten: und ich habe keine andere Senſation
von außen, als die ich mir ſelbſt gebe! Entſchuldige alſo
mein endliches Zuſammenbrechen. Du haſt ganz außerordent-
lich das reine, unbefangene, kraftvolle Zuhören und Auffaſſen
von Joſephine in deinem Briefe ausdrücken können! Dieſe
Schönheit der Seele, die nur ein Zeichen von andern Schön-
heiten iſt, gewann ihr meine ehrende Liebe mit zuerſt. Ach!
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/31>, abgerufen am 21.11.2024.
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