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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

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Hause gegangen. In dieser Zeit hat der Furchtsame Recht,
das haben Sie gesehen. Der Ausgang kann auch oft für die
Dreisten sprechen, man muß aber den Augenblick, wo der Ent-
schluß genommen werden mußte, nicht aus den Augen verlie-
ren! --

Tausend Grüße an Alle die sich für mich interessiren, die
Schwestern und Mama besonders. Hätte ich doch den lieben
Barnekow gesehen! ist er denn nicht lahm an seinem Fuß?
ich habe ihm seit dem Februar nicht antworten können, oder
gar Oktober. Schreiben Sie mir von Wien. Adieu liebstes
Kind, antworten Sie uns.

R.


An Varnhagen, in Lauenburg.


Lieber August, der vierte Brief von hier! Alles mit Ge-
legenheiten. In der Hoffnung, daß du sie bekommst. Aber
nun bei Gott! kann ich nicht mehr dasselbe schreiben! Und
doch im kurzen! Mittwoch waren es zwei Wochen, daß ich
mit meinem zweiten Bruder hierher kam. Mad. Brede hat
mich aufgenommen; bei der wohne ich. Louis wohnt auch
im selben Hause. Quartier, nichts ist hier zu bezahlen. Die
Stadt voll Landsleute. Ich schrieb deinen Freunden von der
letzten Post hierher. Ihnen verdank' ich Asyl und Leben hier.
Tieck ist hier, und wir sehen ihn täglich; sehr lieb und freund-
lich. Auch er ist sehr zufrieden mit dem Theater, und hat
die Brede in Franziska vortrefflich gefunden, und es ihr heute

Hauſe gegangen. In dieſer Zeit hat der Furchtſame Recht,
das haben Sie geſehen. Der Ausgang kann auch oft für die
Dreiſten ſprechen, man muß aber den Augenblick, wo der Ent-
ſchluß genommen werden mußte, nicht aus den Augen verlie-
ren! —

Tauſend Grüße an Alle die ſich für mich intereſſiren, die
Schweſtern und Mama beſonders. Hätte ich doch den lieben
Barnekow geſehen! iſt er denn nicht lahm an ſeinem Fuß?
ich habe ihm ſeit dem Februar nicht antworten können, oder
gar Oktober. Schreiben Sie mir von Wien. Adieu liebſtes
Kind, antworten Sie uns.

R.


An Varnhagen, in Lauenburg.


Lieber Auguſt, der vierte Brief von hier! Alles mit Ge-
legenheiten. In der Hoffnung, daß du ſie bekommſt. Aber
nun bei Gott! kann ich nicht mehr daſſelbe ſchreiben! Und
doch im kurzen! Mittwoch waren es zwei Wochen, daß ich
mit meinem zweiten Bruder hierher kam. Mad. Brede hat
mich aufgenommen; bei der wohne ich. Louis wohnt auch
im ſelben Hauſe. Quartier, nichts iſt hier zu bezahlen. Die
Stadt voll Landsleute. Ich ſchrieb deinen Freunden von der
letzten Poſt hierher. Ihnen verdank’ ich Aſyl und Leben hier.
Tieck iſt hier, und wir ſehen ihn täglich; ſehr lieb und freund-
lich. Auch er iſt ſehr zufrieden mit dem Theater, und hat
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[100/0108] Hauſe gegangen. In dieſer Zeit hat der Furchtſame Recht, das haben Sie geſehen. Der Ausgang kann auch oft für die Dreiſten ſprechen, man muß aber den Augenblick, wo der Ent- ſchluß genommen werden mußte, nicht aus den Augen verlie- ren! — Tauſend Grüße an Alle die ſich für mich intereſſiren, die Schweſtern und Mama beſonders. Hätte ich doch den lieben Barnekow geſehen! iſt er denn nicht lahm an ſeinem Fuß? ich habe ihm ſeit dem Februar nicht antworten können, oder gar Oktober. Schreiben Sie mir von Wien. Adieu liebſtes Kind, antworten Sie uns. R. An Varnhagen, in Lauenburg. Prag, Sonntag den 19. Juni 1813. Lieber Auguſt, der vierte Brief von hier! Alles mit Ge- legenheiten. In der Hoffnung, daß du ſie bekommſt. Aber nun bei Gott! kann ich nicht mehr daſſelbe ſchreiben! Und doch im kurzen! Mittwoch waren es zwei Wochen, daß ich mit meinem zweiten Bruder hierher kam. Mad. Brede hat mich aufgenommen; bei der wohne ich. Louis wohnt auch im ſelben Hauſe. Quartier, nichts iſt hier zu bezahlen. Die Stadt voll Landsleute. Ich ſchrieb deinen Freunden von der letzten Poſt hierher. Ihnen verdank’ ich Aſyl und Leben hier. Tieck iſt hier, und wir ſehen ihn täglich; ſehr lieb und freund- lich. Auch er iſt ſehr zufrieden mit dem Theater, und hat die Brede in Franziska vortrefflich gefunden, und es ihr heute

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/108>, abgerufen am 21.11.2024.