Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

erzählte uns so davon -- und wie Griechen und Römer sie
die glücklichen genannt haben --, daß ich in einem wilden
Rattenloch zu sitzen glaubte. -- Ich weiß aber auch, daß
Deutschland sein Liebes für Deutsche behält. --




Daß in Europa Männer und Weiber zwei verschiedene
Nationen sind, ist hart. Die einen sittlich, die andern nicht;
das geht nimmermehr! -- ohne Verstellung. Und das war die
Chevalerie. Diese wenigen Worte sind sehr wahr: enthalten
viel Unglück und viel Schlechtes. Es schreibt einmal Einer
solch Buch. --



An Frau von F., in Berlin.


Es ist mir nicht zuwider, es rührte mich selbst bis in's
Tiefste des Herzens, was Sie mir schrieben. Ich war auch
sanft, meine edle, sanfte Liebe, als ich Ihnen gestern schrieb;
und mit Glorie seh' ich's ein, daß edle Herzen andern edeln
zum Trost und Glück zu sprechen vermögen. Schließen Sie
das für ewig in Ihre Seele. Das ist Trost, das ist Beute,
die die Himmelskraft der Reinheit uns auf Erden vergönnt
-- ja der Erde raubt, möcht' ich sagen. Folgen Sie dem
schönen Herzen; tauchen Sie sich in sein reines Element recht
unter; thun Sie sich wohl! Des Geistes Klarheit wird fol-
gen, und wie eine reine Gegend, in Morgensonne, werden
Sie Ihr Inneres zur Lust erblicken; freudig, jung und kräf-

erzählte uns ſo davon — und wie Griechen und Römer ſie
die glücklichen genannt haben —, daß ich in einem wilden
Rattenloch zu ſitzen glaubte. — Ich weiß aber auch, daß
Deutſchland ſein Liebes für Deutſche behält. —




Daß in Europa Männer und Weiber zwei verſchiedene
Nationen ſind, iſt hart. Die einen ſittlich, die andern nicht;
das geht nimmermehr! — ohne Verſtellung. Und das war die
Chevalerie. Dieſe wenigen Worte ſind ſehr wahr: enthalten
viel Unglück und viel Schlechtes. Es ſchreibt einmal Einer
ſolch Buch. —



An Frau von F., in Berlin.


Es iſt mir nicht zuwider, es rührte mich ſelbſt bis in’s
Tiefſte des Herzens, was Sie mir ſchrieben. Ich war auch
ſanft, meine edle, ſanfte Liebe, als ich Ihnen geſtern ſchrieb;
und mit Glorie ſeh’ ich’s ein, daß edle Herzen andern edeln
zum Troſt und Glück zu ſprechen vermögen. Schließen Sie
das für ewig in Ihre Seele. Das iſt Troſt, das iſt Beute,
die die Himmelskraft der Reinheit uns auf Erden vergönnt
— ja der Erde raubt, möcht’ ich ſagen. Folgen Sie dem
ſchönen Herzen; tauchen Sie ſich in ſein reines Element recht
unter; thun Sie ſich wohl! Des Geiſtes Klarheit wird fol-
gen, und wie eine reine Gegend, in Morgenſonne, werden
Sie Ihr Inneres zur Luſt erblicken; freudig, jung und kräf-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0326" n="312"/>
erzählte uns &#x017F;o davon &#x2014; und wie Griechen und Römer &#x017F;ie<lb/>
die glücklichen genannt haben &#x2014;, daß ich in einem wilden<lb/>
Rattenloch zu &#x017F;itzen glaubte. &#x2014; Ich weiß aber auch, daß<lb/>
Deut&#x017F;chland &#x017F;ein Liebes für Deut&#x017F;che behält. &#x2014;</p>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <dateline> <hi rendition="#et">Den 15. Februar 1807.</hi> </dateline><lb/>
            <p>Daß in Europa Männer und Weiber zwei ver&#x017F;chiedene<lb/>
Nationen &#x017F;ind, i&#x017F;t hart. Die einen &#x017F;ittlich, die andern nicht;<lb/>
das geht nimmermehr! &#x2014; ohne Ver&#x017F;tellung. Und das war die<lb/>
Chevalerie. Die&#x017F;e wenigen Worte &#x017F;ind &#x017F;ehr wahr: enthalten<lb/>
viel Unglück und viel Schlechtes. Es &#x017F;chreibt einmal Einer<lb/>
&#x017F;olch Buch. &#x2014;</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>An Frau von F., in Berlin.</head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Berlin, den 22. Februar 1807.</hi> </dateline><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t mir nicht zuwider, es rührte mich &#x017F;elb&#x017F;t bis in&#x2019;s<lb/>
Tief&#x017F;te des Herzens, was Sie mir &#x017F;chrieben. Ich war auch<lb/>
&#x017F;anft, meine edle, &#x017F;anfte Liebe, als ich Ihnen ge&#x017F;tern &#x017F;chrieb;<lb/>
und mit Glorie &#x017F;eh&#x2019; ich&#x2019;s ein, daß edle Herzen andern edeln<lb/>
zum Tro&#x017F;t und Glück zu &#x017F;prechen vermögen. Schließen Sie<lb/>
das für ewig in Ihre Seele. Das <hi rendition="#g">i&#x017F;t</hi> Tro&#x017F;t, das i&#x017F;t Beute,<lb/>
die die Himmelskraft der Reinheit uns auf Erden vergönnt<lb/>
&#x2014; ja der Erde raubt, möcht&#x2019; ich &#x017F;agen. Folgen Sie dem<lb/>
&#x017F;chönen Herzen; tauchen Sie &#x017F;ich in &#x017F;ein reines Element recht<lb/>
unter; thun Sie &#x017F;ich wohl! Des Gei&#x017F;tes Klarheit wird fol-<lb/>
gen, und wie eine reine Gegend, in Morgen&#x017F;onne, werden<lb/>
Sie Ihr Inneres zur Lu&#x017F;t erblicken; freudig, jung und kräf-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[312/0326] erzählte uns ſo davon — und wie Griechen und Römer ſie die glücklichen genannt haben —, daß ich in einem wilden Rattenloch zu ſitzen glaubte. — Ich weiß aber auch, daß Deutſchland ſein Liebes für Deutſche behält. — Den 15. Februar 1807. Daß in Europa Männer und Weiber zwei verſchiedene Nationen ſind, iſt hart. Die einen ſittlich, die andern nicht; das geht nimmermehr! — ohne Verſtellung. Und das war die Chevalerie. Dieſe wenigen Worte ſind ſehr wahr: enthalten viel Unglück und viel Schlechtes. Es ſchreibt einmal Einer ſolch Buch. — An Frau von F., in Berlin. Berlin, den 22. Februar 1807. Es iſt mir nicht zuwider, es rührte mich ſelbſt bis in’s Tiefſte des Herzens, was Sie mir ſchrieben. Ich war auch ſanft, meine edle, ſanfte Liebe, als ich Ihnen geſtern ſchrieb; und mit Glorie ſeh’ ich’s ein, daß edle Herzen andern edeln zum Troſt und Glück zu ſprechen vermögen. Schließen Sie das für ewig in Ihre Seele. Das iſt Troſt, das iſt Beute, die die Himmelskraft der Reinheit uns auf Erden vergönnt — ja der Erde raubt, möcht’ ich ſagen. Folgen Sie dem ſchönen Herzen; tauchen Sie ſich in ſein reines Element recht unter; thun Sie ſich wohl! Des Geiſtes Klarheit wird fol- gen, und wie eine reine Gegend, in Morgenſonne, werden Sie Ihr Inneres zur Luſt erblicken; freudig, jung und kräf-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/326
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/326>, abgerufen am 21.11.2024.