logischen Wörter waren mir deutlich; so wissen Sie auch nie, wann ich zu Hause bin, kommen hundertmal, wenn ich aus bin, und nicht Einmal, bin ich zu Hause, das gilt von gestern; wenn Sie nicht engagirt waren, da saß ich zu Haus, und hoffte ordentlich Sie zu sehen. Sie können einen mit den abscheulichsten Wörtern aussöhnen, mit Und, was verbindet dieses Wort nicht manchmal! nur zu nehmen: Mad. die und die und ihr Mann, und tausend Etcetera. Und glauben Sie denn, daß ich ganz dumm bin, mir dabei zu schreiben, die Beiden in den Gedichten wären nicht Eine Person, ich wäre also dumm genug zu glauben, es könne eine und die- selbe sein -- so schöne Gedichte und so schlechte Vermuthun- gen, so beleidigt -- und sich noch bedanken zu müssen -- wie ich muß.
An Gustav von Brinckmann.
Den 25. Oktober 1793.
Ich hab' es wohl gedacht, daß Sie krank sind, und war auch mehr als Einmal im Begriff, Sie zu fragen, dann kam's mir wieder so anmaßend vor, Sie zu fragen, ich glaubte es mal wieder nicht, und wurde auch gar verhindert. Sie sind in einem abscheulichen Zustand! nicht essen, lesen, schla- fen können, und mir hilft all Ihre gute Laune und Witz nicht, ich weiß, daß Sie doch ausstehen. Müssen denn solche Menschen auch Zahnweh haben? ich denke, die wissen doch genug von ihrer Existenz. Ich weiß, das Ärgerniß wird Ih- nen von dem, was ich Ihnen sage, nicht bleiben; Sie werden
logiſchen Wörter waren mir deutlich; ſo wiſſen Sie auch nie, wann ich zu Hauſe bin, kommen hundertmal, wenn ich aus bin, und nicht Einmal, bin ich zu Hauſe, das gilt von geſtern; wenn Sie nicht engagirt waren, da ſaß ich zu Haus, und hoffte ordentlich Sie zu ſehen. Sie können einen mit den abſcheulichſten Wörtern ausſöhnen, mit Und, was verbindet dieſes Wort nicht manchmal! nur zu nehmen: Mad. die und die und ihr Mann, und tauſend Etcetera. Und glauben Sie denn, daß ich ganz dumm bin, mir dabei zu ſchreiben, die Beiden in den Gedichten wären nicht Eine Perſon, ich wäre alſo dumm genug zu glauben, es könne eine und die- ſelbe ſein — ſo ſchöne Gedichte und ſo ſchlechte Vermuthun- gen, ſo beleidigt — und ſich noch bedanken zu müſſen — wie ich muß.
An Guſtav von Brinckmann.
Den 25. Oktober 1793.
Ich hab’ es wohl gedacht, daß Sie krank ſind, und war auch mehr als Einmal im Begriff, Sie zu fragen, dann kam’s mir wieder ſo anmaßend vor, Sie zu fragen, ich glaubte es mal wieder nicht, und wurde auch gar verhindert. Sie ſind in einem abſcheulichen Zuſtand! nicht eſſen, leſen, ſchla- fen können, und mir hilft all Ihre gute Laune und Witz nicht, ich weiß, daß Sie doch ausſtehen. Müſſen denn ſolche Menſchen auch Zahnweh haben? ich denke, die wiſſen doch genug von ihrer Exiſtenz. Ich weiß, das Ärgerniß wird Ih- nen von dem, was ich Ihnen ſage, nicht bleiben; Sie werden
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logiſchen Wörter waren mir deutlich; ſo wiſſen Sie auch nie,
wann ich zu Hauſe bin, kommen hundertmal, wenn ich aus
bin, und nicht Einmal, bin ich zu Hauſe, das gilt von geſtern;
wenn Sie nicht engagirt waren, da ſaß ich zu Haus, und
hoffte ordentlich Sie zu ſehen. Sie können einen mit den
abſcheulichſten Wörtern ausſöhnen, mit Und, was verbindet
dieſes Wort nicht manchmal! nur zu nehmen: Mad. die und
die und ihr Mann, und tauſend Etcetera. Und glauben
Sie denn, daß ich ganz dumm bin, mir dabei zu ſchreiben,
die Beiden in den Gedichten wären nicht Eine Perſon, ich
wäre alſo dumm genug zu glauben, es könne eine und die-
ſelbe ſein — ſo ſchöne Gedichte und ſo ſchlechte Vermuthun-
gen, ſo beleidigt — und ſich noch bedanken zu müſſen —
wie ich muß.
An Guſtav von Brinckmann.
Den 25. Oktober 1793.
Ich hab’ es wohl gedacht, daß Sie krank ſind, und war
auch mehr als Einmal im Begriff, Sie zu fragen, dann
kam’s mir wieder ſo anmaßend vor, Sie zu fragen, ich glaubte
es mal wieder nicht, und wurde auch gar verhindert. Sie
ſind in einem abſcheulichen Zuſtand! nicht eſſen, leſen, ſchla-
fen können, und mir hilft all Ihre gute Laune und Witz
nicht, ich weiß, daß Sie doch ausſtehen. Müſſen denn ſolche
Menſchen auch Zahnweh haben? ich denke, die wiſſen doch
genug von ihrer Exiſtenz. Ich weiß, das Ärgerniß wird Ih-
nen von dem, was ich Ihnen ſage, nicht bleiben; Sie werden
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/75>, abgerufen am 20.11.2024.
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