Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

An Markus Theodor Robert, in Breslau.


Lieber Markus. Meiner Rechnung nach bist du mir eine
Antwort schuldig; ich hätte dir auch nicht geschrieben, wenn
ich dich nicht um etwas bitten, fragen und beschwören wollte.
Donnerstag sind Papa und Mama hier angekommen. (Bei
diesem Wort bekomme ich deinen Brief. -- Ich bitte dich
noch Einmal, bedenk' uns und die Folgen; sei nur aufmerk-
samer! --) Ich gab Mama gleich einen Brief, den die
Dienstags-Breslauer-Post mitgebracht hat, versteht sich heim-
lich; der Inhalt dieses Briefs ist: etwas von unsren Geschich-
ten: und dann eine Klage über dich (genau was es ist, hat
er nicht geschrieben) und die Bitte, dich zu ermahnen; sonst
müßt' er es Papaen melden. Du kannst dir denken, was das
auf unsre gedrückte Mutter für Eindruck machen muß. Be-
queme dich, ich bitte dich um Gottes willen, nur noch eine
kurze Zeit: soll ich dir schreiben, daß sich Alle bequemen müs-
sen, und alle die Moral und vernünftige Sachen, die du mir
unzähligemal selbst gesagt hast? und die du wirklich fühlst,
denn ich kenne dich, obgleich du der ganzen Welt dunkel bist.
Verstand hast du; und ein gutes Herz auch; an was kann

4 *

An Markus Theodor Robert, in Breslau.


Lieber Markus. Meiner Rechnung nach biſt du mir eine
Antwort ſchuldig; ich hätte dir auch nicht geſchrieben, wenn
ich dich nicht um etwas bitten, fragen und beſchwören wollte.
Donnerstag ſind Papa und Mama hier angekommen. (Bei
dieſem Wort bekomme ich deinen Brief. — Ich bitte dich
noch Einmal, bedenk’ uns und die Folgen; ſei nur aufmerk-
ſamer! —) Ich gab Mama gleich einen Brief, den die
Dienstags-Breslauer-Poſt mitgebracht hat, verſteht ſich heim-
lich; der Inhalt dieſes Briefs iſt: etwas von unſren Geſchich-
ten: und dann eine Klage über dich (genau was es iſt, hat
er nicht geſchrieben) und die Bitte, dich zu ermahnen; ſonſt
müßt’ er es Papaen melden. Du kannſt dir denken, was das
auf unſre gedrückte Mutter für Eindruck machen muß. Be-
queme dich, ich bitte dich um Gottes willen, nur noch eine
kurze Zeit: ſoll ich dir ſchreiben, daß ſich Alle bequemen müſ-
ſen, und alle die Moral und vernünftige Sachen, die du mir
unzähligemal ſelbſt geſagt haſt? und die du wirklich fühlſt,
denn ich kenne dich, obgleich du der ganzen Welt dunkel biſt.
Verſtand haſt du; und ein gutes Herz auch; an was kann

4 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0065" n="51"/>
      <div n="1">
        <head/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>An Markus Theodor Robert, in Breslau.</head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Berlin, den 20. Oktober 1787.</hi> </dateline><lb/>
          <p>Lieber Markus. Meiner Rechnung nach bi&#x017F;t du mir eine<lb/>
Antwort &#x017F;chuldig; ich hätte dir auch nicht ge&#x017F;chrieben, wenn<lb/>
ich dich nicht um etwas bitten, fragen und be&#x017F;chwören wollte.<lb/>
Donnerstag &#x017F;ind Papa und Mama hier angekommen. (Bei<lb/>
die&#x017F;em Wort bekomme ich deinen Brief. &#x2014; Ich bitte dich<lb/>
noch Einmal, bedenk&#x2019; uns und die Folgen; &#x017F;ei nur aufmerk-<lb/>
&#x017F;amer! &#x2014;) Ich gab Mama gleich einen Brief, den die<lb/>
Dienstags-Breslauer-Po&#x017F;t mitgebracht hat, ver&#x017F;teht &#x017F;ich heim-<lb/>
lich; der Inhalt die&#x017F;es Briefs i&#x017F;t: etwas von un&#x017F;ren Ge&#x017F;chich-<lb/>
ten: und dann eine Klage über dich (genau was es i&#x017F;t, hat<lb/>
er nicht ge&#x017F;chrieben) und die Bitte, dich zu ermahnen; &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
müßt&#x2019; er es Papaen melden. Du kann&#x017F;t dir denken, was das<lb/>
auf un&#x017F;re gedrückte Mutter für Eindruck machen muß. Be-<lb/>
queme dich, ich bitte dich um Gottes willen, nur noch eine<lb/>
kurze Zeit: &#x017F;oll ich dir &#x017F;chreiben, daß &#x017F;ich Alle bequemen mü&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, und alle die Moral und vernünftige Sachen, die du mir<lb/>
unzähligemal &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;agt ha&#x017F;t? und die du wirklich fühl&#x017F;t,<lb/>
denn ich kenne dich, obgleich du der ganzen Welt dunkel bi&#x017F;t.<lb/>
Ver&#x017F;tand ha&#x017F;t du; und ein gutes Herz auch; an was kann<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">4 *</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[51/0065] An Markus Theodor Robert, in Breslau. Berlin, den 20. Oktober 1787. Lieber Markus. Meiner Rechnung nach biſt du mir eine Antwort ſchuldig; ich hätte dir auch nicht geſchrieben, wenn ich dich nicht um etwas bitten, fragen und beſchwören wollte. Donnerstag ſind Papa und Mama hier angekommen. (Bei dieſem Wort bekomme ich deinen Brief. — Ich bitte dich noch Einmal, bedenk’ uns und die Folgen; ſei nur aufmerk- ſamer! —) Ich gab Mama gleich einen Brief, den die Dienstags-Breslauer-Poſt mitgebracht hat, verſteht ſich heim- lich; der Inhalt dieſes Briefs iſt: etwas von unſren Geſchich- ten: und dann eine Klage über dich (genau was es iſt, hat er nicht geſchrieben) und die Bitte, dich zu ermahnen; ſonſt müßt’ er es Papaen melden. Du kannſt dir denken, was das auf unſre gedrückte Mutter für Eindruck machen muß. Be- queme dich, ich bitte dich um Gottes willen, nur noch eine kurze Zeit: ſoll ich dir ſchreiben, daß ſich Alle bequemen müſ- ſen, und alle die Moral und vernünftige Sachen, die du mir unzähligemal ſelbſt geſagt haſt? und die du wirklich fühlſt, denn ich kenne dich, obgleich du der ganzen Welt dunkel biſt. Verſtand haſt du; und ein gutes Herz auch; an was kann 4 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/65
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/65>, abgerufen am 20.11.2024.