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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834.

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der Himmel; sonst nichts; ich war so krank, als die dampfende
feuchte Erde. Und lebte vor Ohrensausen und vor Betrübniß
nicht. Todt ging R. neben mir: endlich wurde ihr unwohl:
bei mir lag sie: dann sprach sie: dann ging sie. Ich las ein
wenig: das Sausen aber litt es nicht: ich aß, und ging zu
Bette.

Heute den 16. war ich noch nicht aus: im Zimmer ist's
kühl und feuchtlich: mir angst genug. Ich schrieb diesen Bo-
gen: und will Harschern schreiben, denn morgen geht die Post.
Welche Tage! wie unwürdig! --


Freitag schrieb ich bis gegen 2 Uhr, da kamen die Be-
suche: ich mußte nur noch Harschers Brief zumachen; und ging
mit ihnen in ziemlichem Wetter nach dem Kuchenladen; und
mit einem Umweg nach Hause. Das Fräulein sprach unsicher
und nichtig: vernichtigte mir Wolken, Wasser und Umrisse.
Ich mußte lange meine gestörten Nerven erholen. In der
Seele war mir weh; und fremd all diese zu bekannte Umge-
bung: ich wollte aus Unwillen am Unwürdigen mir nichts
wiederholen, und so wiederholte ich bruchstückweise alles! Wir
gingen um 6 zu den Damen; wüst wurde vor der Thüre, der
Kälte wegen, umhergegangen. Ich hielt's nicht aus, und ging
mit N. Dieser Gang war gut: das Wetter vermildert; der
Weg hübsch; die Sonne da! Aber ich elend: mir nichts an-
eignen könnend: nur disgustirt mein ewig von neuem zerrisse-
nes, nicht zu heilendes Leben in der Seele fühlend, vor dem
Geiste habend. Schwer war mir der Körper; die Feuchtigkeit

der Himmel; ſonſt nichts; ich war ſo krank, als die dampfende
feuchte Erde. Und lebte vor Ohrenſauſen und vor Betrübniß
nicht. Todt ging R. neben mir: endlich wurde ihr unwohl:
bei mir lag ſie: dann ſprach ſie: dann ging ſie. Ich las ein
wenig: das Sauſen aber litt es nicht: ich aß, und ging zu
Bette.

Heute den 16. war ich noch nicht aus: im Zimmer iſt’s
kühl und feuchtlich: mir angſt genug. Ich ſchrieb dieſen Bo-
gen: und will Harſchern ſchreiben, denn morgen geht die Poſt.
Welche Tage! wie unwürdig! —


Freitag ſchrieb ich bis gegen 2 Uhr, da kamen die Be-
ſuche: ich mußte nur noch Harſchers Brief zumachen; und ging
mit ihnen in ziemlichem Wetter nach dem Kuchenladen; und
mit einem Umweg nach Hauſe. Das Fräulein ſprach unſicher
und nichtig: vernichtigte mir Wolken, Waſſer und Umriſſe.
Ich mußte lange meine geſtörten Nerven erholen. In der
Seele war mir weh; und fremd all dieſe zu bekannte Umge-
bung: ich wollte aus Unwillen am Unwürdigen mir nichts
wiederholen, und ſo wiederholte ich bruchſtückweiſe alles! Wir
gingen um 6 zu den Damen; wüſt wurde vor der Thüre, der
Kälte wegen, umhergegangen. Ich hielt’s nicht aus, und ging
mit N. Dieſer Gang war gut: das Wetter vermildert; der
Weg hübſch; die Sonne da! Aber ich elend: mir nichts an-
eignen könnend: nur disguſtirt mein ewig von neuem zerriſſe-
nes, nicht zu heilendes Leben in der Seele fühlend, vor dem
Geiſte habend. Schwer war mir der Körper; die Feuchtigkeit

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[422/0436] der Himmel; ſonſt nichts; ich war ſo krank, als die dampfende feuchte Erde. Und lebte vor Ohrenſauſen und vor Betrübniß nicht. Todt ging R. neben mir: endlich wurde ihr unwohl: bei mir lag ſie: dann ſprach ſie: dann ging ſie. Ich las ein wenig: das Sauſen aber litt es nicht: ich aß, und ging zu Bette. Heute den 16. war ich noch nicht aus: im Zimmer iſt’s kühl und feuchtlich: mir angſt genug. Ich ſchrieb dieſen Bo- gen: und will Harſchern ſchreiben, denn morgen geht die Poſt. Welche Tage! wie unwürdig! — Montag früh in Berlin, den 19. Juni. Freitag ſchrieb ich bis gegen 2 Uhr, da kamen die Be- ſuche: ich mußte nur noch Harſchers Brief zumachen; und ging mit ihnen in ziemlichem Wetter nach dem Kuchenladen; und mit einem Umweg nach Hauſe. Das Fräulein ſprach unſicher und nichtig: vernichtigte mir Wolken, Waſſer und Umriſſe. Ich mußte lange meine geſtörten Nerven erholen. In der Seele war mir weh; und fremd all dieſe zu bekannte Umge- bung: ich wollte aus Unwillen am Unwürdigen mir nichts wiederholen, und ſo wiederholte ich bruchſtückweiſe alles! Wir gingen um 6 zu den Damen; wüſt wurde vor der Thüre, der Kälte wegen, umhergegangen. Ich hielt’s nicht aus, und ging mit N. Dieſer Gang war gut: das Wetter vermildert; der Weg hübſch; die Sonne da! Aber ich elend: mir nichts an- eignen könnend: nur disguſtirt mein ewig von neuem zerriſſe- nes, nicht zu heilendes Leben in der Seele fühlend, vor dem Geiſte habend. Schwer war mir der Körper; die Feuchtigkeit

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/436>, abgerufen am 20.11.2024.