vielen Etcetera. Sag ihm, er soll nach dem Tadel von mir nicht hören, und besonders nicht nach dem Lob meiner Freunde; die fassen schlecht. Meine Geschwister könne er anhören; da würd' er finden, wie unbesiegbar brav ich bin, und ce que les Francais appellent egale. Das kontrastirt mit meinen andern Eigenschaften, und es weiß es kein Fremder. Bei Hans kannst du ihn kennen lernen -- das heißt du mußt. Er ist gütig, und ganz für uns. Du kannst auch gradezu ihn bitten las- sen, oder bei ihm vorfahren. Ich bin so liirt mit ihm, daß dich dieser Brief ganz legitimirt.
An Rose, in Berlin.
Paris, Mittwoch, den 25. September 1800. Morgen geht dieser Brief ab.
Deinen Brief hab' ich erhalten: und bin sehr froh, daß du froh bist! Also du hast Glück. (Hättest du all dies, welches mir fehlt; wie ungeheuer!) Freilich Glück. Und wenn es dir auch nur geschienen hätte, als könntest du einen fro- hen Schritt in's Leben thun, so ist auch dies seltener Gewinn, und wenn du ihn zu fassen verstehst, wie jeder Genuß, nicht wieder zu verlieren. Um wie viel glücklicher aber bist du, Rose, wenn es dir möglich wird, im Leben einen Mann zu beglücken -- wie du glaubst -- die Zauberkraft von den Göttern verliehen zu haben, beinah jeden Schmerz -- durch Berührung! -- von einem Wesen, was leiden kann, zu verscheu- chen. So ist's wenn man von einem Manne, der einer ist, geliebt wird, und ihm mit treuer Seele gerne dient -- alles
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vielen Etcetera. Sag ihm, er ſoll nach dem Tadel von mir nicht hören, und beſonders nicht nach dem Lob meiner Freunde; die faſſen ſchlecht. Meine Geſchwiſter könne er anhören; da würd’ er finden, wie unbeſiegbar brav ich bin, und ce que les Français appellent égale. Das kontraſtirt mit meinen andern Eigenſchaften, und es weiß es kein Fremder. Bei Hans kannſt du ihn kennen lernen — das heißt du mußt. Er iſt gütig, und ganz für uns. Du kannſt auch gradezu ihn bitten laſ- ſen, oder bei ihm vorfahren. Ich bin ſo liirt mit ihm, daß dich dieſer Brief ganz legitimirt.
An Roſe, in Berlin.
Paris, Mittwoch, den 25. September 1800. Morgen geht dieſer Brief ab.
Deinen Brief hab’ ich erhalten: und bin ſehr froh, daß du froh biſt! Alſo du haſt Glück. (Hätteſt du all dies, welches mir fehlt; wie ungeheuer!) Freilich Glück. Und wenn es dir auch nur geſchienen hätte, als könnteſt du einen fro- hen Schritt in’s Leben thun, ſo iſt auch dies ſeltener Gewinn, und wenn du ihn zu faſſen verſtehſt, wie jeder Genuß, nicht wieder zu verlieren. Um wie viel glücklicher aber biſt du, Roſe, wenn es dir möglich wird, im Leben einen Mann zu beglücken — wie du glaubſt — die Zauberkraft von den Göttern verliehen zu haben, beinah jeden Schmerz — durch Berührung! — von einem Weſen, was leiden kann, zu verſcheu- chen. So iſt’s wenn man von einem Manne, der einer iſt, geliebt wird, und ihm mit treuer Seele gerne dient — alles
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vielen Etcetera. Sag ihm, er ſoll nach dem Tadel von mir
nicht hören, und beſonders nicht nach dem Lob meiner Freunde;
die faſſen ſchlecht. Meine Geſchwiſter könne er anhören; da
würd’ er finden, wie unbeſiegbar brav ich bin, und ce que les
Français appellent égale. Das kontraſtirt mit meinen andern
Eigenſchaften, und es weiß es kein Fremder. Bei Hans kannſt
du ihn kennen lernen — das heißt du mußt. Er iſt gütig,
und ganz für uns. Du kannſt auch gradezu ihn bitten laſ-
ſen, oder bei ihm vorfahren. Ich bin ſo liirt mit ihm, daß
dich dieſer Brief ganz legitimirt.
An Roſe, in Berlin.
Paris, Mittwoch, den 25. September 1800.
Morgen geht dieſer Brief ab.
Deinen Brief hab’ ich erhalten: und bin ſehr froh, daß
du froh biſt! Alſo du haſt Glück. (Hätteſt du all dies,
welches mir fehlt; wie ungeheuer!) Freilich Glück. Und wenn
es dir auch nur geſchienen hätte, als könnteſt du einen fro-
hen Schritt in’s Leben thun, ſo iſt auch dies ſeltener Gewinn,
und wenn du ihn zu faſſen verſtehſt, wie jeder Genuß, nicht
wieder zu verlieren. Um wie viel glücklicher aber biſt du,
Roſe, wenn es dir möglich wird, im Leben einen Mann zu
beglücken — wie du glaubſt — die Zauberkraft von den
Göttern verliehen zu haben, beinah jeden Schmerz — durch
Berührung! — von einem Weſen, was leiden kann, zu verſcheu-
chen. So iſt’s wenn man von einem Manne, der einer iſt,
geliebt wird, und ihm mit treuer Seele gerne dient — alles
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/225>, abgerufen am 20.11.2024.
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